Vor der Präsidentenwahl
Boliviens linker Ex-Präsident Morales warnt im Interview mit der ARD vor Volksaufstand

Boliviens umstrittener linksgerichteter Ex-Präsident Morales hat nach seinem Ausschluss von der Präsidentschaftswahl in zwei Monaten vor einem Aufstand seiner Anhänger gewarnt. Es gebe kein rechtliches Argument, ihn von der Abstimmung fernzuhalten, sagte er dem ARD-Hörfunk. Gegner werfen ihm Eigensucht vor. Morales hatte bereits drei Amtszeiten.

    Evo Morales am 20. November im mexikanischen Exil. Ein Mann sitzt an einem Tische und sagt etwas.
    Evo Morales. (Archivbild) (dpa/picture alliance/ZUMA Press/El Universal)
    Morales sagte im Interview mit dem ARD-Hörfunk Südamerika, er habe Angst, dass sich das Volk erhebe. Einst habe man einen bewaffneten Klassenkampf vermeiden können, weil man dem Volk mit Wahlen ein politisches Instrument gegeben habe. Jetzt aber zwängen sie das Volk zum Aufstand, erklärte er mit Blick auf die Regierung seines Gegenspielers, des amtierenden Präsidenten Arce, der einst sein Wirtschaftsminister war. Morales meinte, sein Ausschluss von der Wahl habe der Mehrheit im Land den Kandidaten genommen. Die Mehrheit werde damit an den Rand gedrängt.

    Morales hat sich in einem Dorf in der Provinz Cochabamba verschanzt

    Es gebe kein rechtliches Argument, ihn von der Abstimmung fernzuhalten, behauptete Morales, der sich derzeit in Lauca Eñe verschanzt, einem zur Festung umgebauten Dorf im Zentrum Boliviens, das Fremde nur mit seiner Zustimmung betreten dürfen. Es sei bereits gegen ihn ermittelt worden. Dabei habe man nichts gefunden. Das Verfahren sei abgeschlossen, so der von 2006 bis 2019 regierende erste indigene Präsident des Landes. Folglich könnten sie einzig und allein versuchen, ihm das Leben zu nehmen, betonte er. Im vergangenen Herbst hatte Morales angegeben, es seien Schüsse auf sein Fahrzeug abgefeuert worden.
    Morales versucht mit aller Macht, zurück an die Regierung zu kommen. Die Lage in dem Andenstaat ist angespannt. Bei Protesten seiner Anhänger wurden Ende vergangener Woche sechs Menschen getötet, darunter vier Polizisten. Sicherheitskräfte hatten versucht, Straßenblockaden der Morales-Unterstützer aufzulösen. Heute wurden die seit rund zwei Wochen andauernden Aktionen vorerst ausgesetzt. Man habe sich aus humanitären Gründen zu diesem Schritt entschlossen, um die wirtschaftliche Lage nicht weiter zu verschärfen und eine weitere Eskalation der Gewalt zu verhindern, hieß es.

    Haftbefehl wegen sexuellen Missbrauchs

    Am 17. August soll in Bolivien die Präsidentenwahl stattfinden. Das Verfassungsgericht hatte zuletzt eine Regelung bestätigt, wonach Präsidenten maximal zwei Amtszeiten haben dürfen. Morales, der bereits drei hatte, wurde damit faktisch ausgeschlossen. Darüber hinaus liegt gegen ihn ein Haftbefehl wegen sexuellen Missbrauchs einer Minderjährigen vor. Seit Monaten hält er sich deshalb in seiner Hochburg im Department Cochabamba auf, wo er von seinen Anhängern beschützt wird.
    Gegner von Morales werfen ihm Eigensucht vor. Präsident Arce sagte, seine Regierung werde es nicht zulassen, dass persönliche Interessen der Wirtschaft und dem Wohl des bolivianischen Volkes schadeten. Die katholische Kirche rief zur Deeskalation auf. Kein politisches Ziel rechtfertige den Verlust von Menschenleben, teilte die Bolivianische Bischofskonferenz gestern mit. Auch internationale Organisationen wie die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte forderten ein Ende der Gewalt.
    Diese Nachricht wurde am 16.06.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.