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Bologna-Prozess
Die Schwächen des Bachelor-Abschlusses

Das Studium europaweit vereinheitlichen - das war das Ziel des Bologna-Prozesses. Doch das Bachelor-Master-System hat sich nicht überall durchgesetzt. Die innereuropäische Mobilität der Studierenden hat aber zugenommen, etwa durch das Austauschprogramm Erasmus.

Von Karl Hoffmann | 28.06.2019
Globus mit Doktorhut
2020 soll der Bologna-Prozess neuen Schwung bekommen (imago / Blickwinkel)
Schon ein Jahrzehnt vor Beginn des Bologna Prozesses hatte sich die älteste Universität Europas zum Vorreiter einer globalen Hochschulreform erkoren, wie Rektor Francesco Ubertini bei der 20-Jahr-Feier nicht ohne Stolz erinnerte:
"Zum 900-jährigen Bestehen der Uni Bologna im Jahr 1988 kamen mehr als 400 Hochschulrektoren aus Europa und darüber hinaus um in der Magna Charta Universitatum die universellen Werte der Hochschulen festzuschreiben."
Vereinheitlichung nicht bindend
Der Bologna Prozess, das heißt die europaweite Vereinheitlichung von Studium und Hochschulabschluss, kam zehn Jahre später, seine Umsetzung dauert jedoch länger als es den Bologneser Gründervätern lieb ist. Die angestrebte Vereinheitlichung ist nämlich nicht bindend und deshalb fehlt es vielerorts noch am wichtigsten verbindenden Element, so Rektor Francesco Ubertini.
"Wir müssen dringend die automatische Anerkennung der Hochschulabschlüsse, das heißt die unbegrenzte Mobilität der Studierenden innerhalb Europas vorantreiben. Das müssen aber die einzelnen Staaten beschließen, denn der Bologna-Prozess ist ja eine freiwillige Sache."
In Sachen Mobilität hat Bologna eine führende Rolle. Barish Demirbag kommt aus der Türkei und studiert Geschichte, sein Ziel ist ein Doktorat und ein Lehrstuhl an der Uni:
"Ich werde auf jeden Fall bis nächstes Jahr hierbleiben und dann meinen Master gleich dranhängen. Und dann will ich meinen Doktortitel machen und am liebsten an der Uni lehren. Da ist die Konkurrenz allerdings ziemlich groß."
Die Meisten streben einen Masterabschluss an
Barish hat keine Eile, Nicola aus Neapel dagegen umso mehr. Die immer noch fehlende Vereinheitlichung des Bologna Prozesses ist für italienische Studenten von Nachteil, sagt er:
"Das System drei Jahre Bachelor und dann noch zwei Jahre Master ist für uns eine Zeitverschwendung, weil wir schon nach dem Bachelor eine Abschlussarbeit schreiben müssen, obwohl man praktisch zwangsläufig weiterstudieren muss."
Ein Ziel, das der Bologna-Prozess verfehlt hat, das gibt auch die Prorektorin der Uni Bologna, Alessandra Scaglione, zu:
"Drei Jahre Studium und dann fit zu sein für den Arbeitsmarkt, das hat der Bologna Prozess nicht geschafft. Nach unseren Daten hören die wenigsten nach drei Jahren Studium auf, die meisten streben dann den Master an."
Wenn man dann endlich seinen Abschluss hat, ist die Konkurrenz mit jüngeren Bewerbung aus anderen Ländern groß, sagt Wirtschaftsstudent Nicola:
"Wenn man sich bei Arbeitgebern vorstellt, dann wird man nach Berufserfahrung gefragt. Ein Dreißigjähriger aus Italien, der die nicht hat, ist natürlich benachteiligt gegenüber einem deutschen oder englischen Kollegen, der schon ein anständiges Curriculum vorweisen kann."
Mobilität durch Erasmus
Nicola ist trotzdem stolz darauf, an der Uni in Bologna zu studieren und natürlich war auch er dank Erasmus im Ausland. Gerade beim Erasmus-Programm vermeldet Bologna beachtliche Erfolge. Immerhin zehn Prozent der Studenten nehmen an Austauschprogrammen teil, und es sollen noch viel mehr werden, so Rektor Ubertini:
"Was wir in den nächsten Jahren erreichen wollen ist eine Mobilität von 50 Prozent der Studenten. Der europäische Student sollte mindestens zwei Fremdsprachen lernen und in mindestens einem anderen Land als seinem eigenen eine Zeit lang studiert haben."
Seit Beginn des Bologna-Prozesses habe sich die Welt erheblich verändert. Neue Aufgaben kämen auf die Universitäten zu. Und neue Gefahren, denen man begegnen will, ausgehend von Bologna: Im nächsten Jahr soll die neue Magna Carta Universitatum in der mittelalterlichen Stadt feierlich verabschiedet werden. Und damit auch der Bologna Prozess neuen Schwung bekommen.