
"Wir wollten ein Album machen, das Spaß macht und zu dem man tanzen kann. Ich habe auch damit angefangen, tanzen zu gehen. Ich fand diese Art von Musik einfach großartig."
Ein wenig führt das Statement von Jack Steadman in die Irre: Auch auf ihrem Vorgängeralbum schlugen "Bombay Bicycle Club" bereits schüchtern tanzbare Töne an. Diesen Funken haben sie nun auf "So Long, See You Tomorrow" übertragen. Es glänzt und blitzt nur so voller Ohrwürmer und Rhythmen. Kein Wunder, Steadman hat auf seinen ausgedehnten Reisen nicht nur die holländische Elektromusik und den japanischen Lolli-Pop lieben gelernt, sondern auch den Kitsch von Bollywood. Er verbrachte viel Zeit in Mumbai.
"Ich erinnere mich daran, wie ich in Mumbai jeden Tag den kleinen Zug von meinem Studio zu meinem Haus nehmen musste. Das war die Zeit, in der ich alles Produzierte noch einmal hören konnte. Es hat einfach im wahrsten Sinne Türen geöffnet. Man kann alles vorbeirauschen sehen. Das war eine fantastische Szenerie, um sich noch mal die Tagesarbeit anzuhören."
Angefangen haben "Bombay Bicycle Club" mit Rockmusik, mit dem rein akustischen Nachfolgeralbum zogen sie sich klanglich wieder zurück und fuhren dann bei Nummer drei plötzlich unaufhaltsam in die Pop-Richtung. In Mumbai fanden sie jetzt den perfekten Nährboden für den nächsten Schritt.
"Die Energie war fantastisch. Alles läuft so unglaublich schnell ab. Ich konnte nicht einfach so aufwachen, ohne nichts mit dem Tag anzufangen. Mein gemietetes Studio war wahrscheinlich der einzige Ort in Mumbai, der total still war. Wenn die Schallschutztür wieder geöffnet wird, erdrückt einen der Straßenlärm plötzlich und all das Verrückte kommt wieder zum Vorschein."
Mit Hilfe eines professionellen Mischers hat Jack Steadman in seinem eigenen Studio in London dann aus den einzelnen Elementen ein Album geformt.
Es gibt sie reichlich, diese kleinen Momente, die das Große formen. So wie zum Beispiel ein Bollywood-Sample oder den besonderen indischen Rhythmus, den Schlagzeuger Suren de Saram extra auf der Tabla gelernt hat. Dass in der westlichen Welt diese Art von Musik immer auch mit Kitsch verbunden wird, versteht Steadman nicht.
"Ja, es gibt immer das Risiko, dass die Leute das hören und belächeln, was eine Schande ist. Die Leute nehmen Bollywood-Musik wohl nicht sehr ernst. Dies liegt wohl daran, dass es nicht immer ernste Musik ist. Manches davon finde ich aber unglaublich emotional und schön. Für mich ist das eine großartige Kunstform. Es ist nicht nur etwas Lustiges, das man im Fernsehen bei einem indischen Essen in einem Vorort von London sieht."
"Bombay Bicycle Club" gelingt es, all das gekonnt zu einem bunten Quilt zu verweben. Das ist schlau, gleichzeitig immer noch neugierig und sehr reif für die Anfang Zwanziger. So sollten "perfekte Popsongs" im 21. Jahrhundert klingen.
"Die Definition von Pop ist wohl total vage. Das kann man nicht wirklich definieren und ich mag das auch so. Deshalb nenne ich unsere Musik immer wieder Popmusik. Vielleicht haben ein paar Leute ein klares Bild davon, was Pop ist. Für sie sind das vielleicht Leute wie Lady Gaga. Für mich ist es aber alles, das Melodie besitzt. Eine Melodie, die einfach, aber gleichzeitig sehr komplex ist."