Archiv


Bonzen, Banken und Betrüger?

Sie können sich diesen Beitrag auch als Real Audio Datei anhören.

Ulrich Bueker |
    Luxemburg - wohl kein europäisches Land ist den Finanzministern anderer EU-Partner als steuerlicher Fluchtpunkt ein solcher Dorn im Auge. Ob als Schauplatz internationaler Geldentscheidungen und Geldbewegungen, Bankenskandale oder strafrechtlicher Ermittlungen: Das Großherzogtum liefert regelmäßig Schlagzeilen. Welche Risiken, welche Chancen bietet das Land und sein internationaler Finanzplatz ? für seine eigene Zukunft und im europäischen Kontext? Und wie steht man in Luxemburg zu seiner überwiegend ausländischen Klientel ? bei Banken, Behörden, Justiz?

    Im Vergleich internationaler Wirtschaftsdaten schneidet das kleine Großherzogtum sehr gut ab. Dazu Robert Garcia, Abgeordneter im Luxemburger Parlament:

    Der Arbeitsmarkt explodiert! Also, hier in Luxemburg werden ja jedes Jahr zwischen 12.000 und 14.000 neue Arbeitsplätze geschaffen! Wachstum zwischen 6,5 und 7 Prozent. Das findet man außer in China in wenigen Regionen. Das zieht nicht nur die Banken an.

    Die Konsequenz aus diesen und anderen Positivfaktoren: Mit dem höchsten Bruttosozialprodukt pro Kopf gilt Luxemburg seit einigen Jahren als das mit Abstand reichste Land der Erde.

    Seit den 60er Jahren waren die Banken Motor dieser rasanten Entwicklung - 200 sind derzeit im Land registriert! Dazu weist der Finanzplatz mehr als 800 Investmentfonds aus, die dazugehörigen Investmentgesellschaften und fast 14.000 steuerbegünstigte Holdings. Dies alles konzentriert sich auf rund 2.500 km2 Staatsfläche und vornehmlich in der Hauptstadt. Der Finanzplatz Luxemburg ist bei den Investment-Fonds inzwischen die Nummer zwei in der Welt hinter den USA. Bei Rückversicherungen die Nummer Vier. Und: Das Großherzogtum legt auch als Sitz für Pensionsfonds kräftig zu!

    Die Investmentfonds sind - neben den Banken - eine der zwei großen Säulen, auf denen der Finanzplatz steht! Die Zahl der Fonds stieg von 34 im Jahre 1980 auf derzeit über 800, das Fondsvolumen im gleichen Zeitraum von umgerechnet 363 Millionen DM auf derzeit mehr als 800 Milliarden DM an! Selbst unter europäischen Gesichtspunkten bietet Luxemburg für die Finanzbranche offenbar einen idealen Rahmen. Christoph Cramer, geschäftsführender Direktor von Union Investment, einem der Marktführer in Luxemburg, erklärt, warum:

    Der Vorteil am Standort Luxemburg liegt darin begründet, hier innovative Investmentfond-Produkte aufzulegen. Darüber hinaus haben wir die Möglichkeit hier in Luxemburg Investmentfonds mit verschiedenen Anteilsschein-Klassen aufzulegen. Ein Vorteil, der sich daraus zum Schluss in der Vermarktung der Investmentfond-Produkte ergibt. Die Investmentfonds der Union-Investmentfond sind Investmentfonds, die der europäischen Fondrichtlinie 85/611 folgen. Es gibt hier in Luxemburg eine Basisbesteuerung für Investmentfonds. Im luxemburgischen Wort Taxe d?Abonnement, eine Art Stempelsteuer, die auf das Fondvermögen erhoben wird. Das ist ein Besteuerungselement für Investmentfonds, das hier in Luxemburg immer wieder in der Diskussion ist. Die Interessen der Investmentfond-Branche in Luxemburg gehen dahin, diese Taxe d?Abonnement weiter zu reduzieren, die letztendlich Performance, Erfolg des Investmentfond-Produktes im Portemonnaie des Anlegers wegnimmt.

    Dass der Finanzplatz Luxemburg jedoch in hartem internationalen Wettbewerb steht, das macht kaum jemand Sorge. Cristoph Cramer gibt sich da ganz selbstbewusst:

    Auch in einer Zukunftsperspektive auf fünf, sechs, sieben Jahre schätze ich, dass die Standortbedingungen in Luxemburg ideal sind, weil der luxemburgische Gesetzgeber europäische Richtlinien, Regelungen der Europäischen Kommission sehr viel zügiger umsetzt. Zum anderen ist in Luxemburg die entsprechende Infrastruktur vorhanden.

    Die Beziehung zwischen Staat und Wirtschaft ist also - wie überall - wechselseitig: Der Staat stattet den Finanzplatz Luxemburg gut aus und profitiert dann vom reibungslosen Fondsgeschäft im Lande.

    Die Luxemburger Investmentfonds sind in der Vergangenheit nie negativ aufgefallen - weder bei den staatlichen Aufsichtsbehörden noch in der Öffentlichkeit. Sie stellen einen unbestrittenen Positivfaktor dar. Christoph Cramer:

    Das würde ich an dieser Stelle für das Produkt Investmentfond so unterstreichen. Wenn es knallt in Luxemburg, knallt es in vielerlei Skandälchen, vielleicht auch auf der politischen Ebene, aber ein Knallen in der Investmentfond-Branche sehe ich nicht.

    Die 800 im Land registrierten Fonds, mehrheitlich zusammengeschlossen in der Branchenvereinigung ALFI, treten bei der Durchsetzung ihrer Interessen gegenüber dem Luxemburger Staat meist als Einheit auf. Schließlich ist ihr Steueraufkommen, so Cramer, wichtig für das Land:

    Ja, das ist ein wesentlicher Bestandteil des luxemburgischen Budgets! Heute ist ja der luxemburgische Staatshaushalt, und das ist eine Novität in Europa, ein eigenfinanzierter Haushalt, nicht auf Fremdfinanzierungsmechanismen angewiesen.

    Hinter vielen Fonds stehen oftmals reine Bankeninteressen, vor allem ausländische.

    Die Banken ? das zweite, international bekanntere "Standbein" des Finanzplatzes Luxemburg! Sie haben das Bild des Großherzogtums im In- und Ausland entscheidend geprägt. Ruhe bei den Fonds - doch die Banken, sie stehen für Probleme!

    Vor allem die Schaffung des luxemburgischen Holdinggesetzes 1929 hatte dazu geführt, das Großherzogtum für ausländische Klientel und deren Kapital attraktiv zu machen. 0,2 Prozent Jahressteuer für Holdings sind ein bis heute unverändert großer Anreiz für strategisch denkende Unternehmer. Die hohe Zahl der derzeit registrierten Holdings spricht für sich. In diesen Holdings ist der Großteil der Finanzkraft und der Macht im Lande "versteckt".

    Mit der in den letzten Jahrzehnten stark gestiegenen Zahl von Banken wuchsen aber auch die Risiken. Unsaubere Geschäfte und Geschäftemacher stellen den Ruf Luxemburgs immer wieder in Frage. Auch der Politiker Garcia ist skeptisch:

    Ich denke schon, dass Zweifel daran angemeldet werden können, weil da jetzt Skandale aufgetreten sind ? obwohl es auch nur die Spitze des Eisberges zu sehen gibt. Bei Clearstream oder so, da kann ich mir vorstellen, dass da noch sehr viele Leichen im Keller liegen.

    Clearstream International, PanEuroLife und zum wiederholten Male die Kredietbank Luxembourg ? das sind nur drei der aktuellen Skandale, die in diesen Tagen die Luxemburger Justiz beschäftigen, die Medien und die öffentliche Diskussion.

    Besonders die Affäre Clearstream, seit Wochen Ermittlungsziel der Staatsanwaltschaft, schlägt hohe Wellen.

    Clearstream International entstand erst Anfang des Jahres 2000 aus der Fusion des vormals Luxemburger Clearinghauses Cedel und der Deutschen Börse Clearing - beide mit jeweils 50 Prozent vertreten. Und als Aktionäre jeweils die namhaften Banken aus beiden Ländern. Die Aufgabe der neu gegründeten Firma: grenzüberschreitende Transaktionen mit Anleihen und Aktien über mehr als 15 000 Verrechnungskonten. Derzeit 150 Millionen Buchungen dieser Art im Jahr!

    Clearstream führt damit im Kleinstaat Luxemburg zu einer gigantischen Machtkonzentration. Ein Beispiel: Im Jahr 2000 betrug die Jahrestransfersumme 10 Trillionen Euro ? das ist das 47-fache des französischen Staatshaushaltes! Derartige Bewegungen können Missbrauch Tür und Tor öffnen. Ernest Backes war 13 Jahre lang Manager im Hause Cedel und ist Autor des Buches "Revelation$", zu deutsch: "Enthüllungen". Mit seinem Buch hat er den Clearstream-Skandal ins Rollen gebracht. Ernest Backes über die speziellen Verhältnisse am Finanzplatz Luxemburg:

    Dann muss man doch feststellen, dass die Spitzenpolitiker all dieser Parteien heute sehr stark eingebunden sind in das Handelsregister. Vor 20 Jahren hat es nicht diese Verflechtungen der Politik gegeben, die darin gipfelt, dass Leute wie Santer und Poos heute in dieser berühmten Nadhmi Auchi-Geschichte, die uns in die Elf-Affäre und andere Sachen hineinführt, fest eingebunden sind. Die Kirche ist für meine Begriffe in Luxemburg seit der Ambrosiano-Affäre sehr stark impliziert in das, was sich am Finanzplatz abspielt. Man kann sich bei diesem Bermuda-Dreieck der Eurofinanz doch fragen, wieso diese Bistümer in den Rang von Erzbistümern erhoben wurden: Es handelt sich um Liechtenstein, Luxemburg und Monaco!

    Mit der Verflechtung von Geld und Politik beschäftigt sich inzwischen auch die Staatsanwaltschaft . Jean-Paul Frising weiß um das permanente Problem der Geldwäsche im Lande. Er sieht die Banken in einer besonderen Sorgfaltspflicht, der leider nicht immer nachgekommen wird. Nach seiner Erfahrung wird Kriminalität vor allem durch Ausländer importiert, die die Möglichkeiten des Finanzplatzes Luxemburg oftmals illegal ausnutzen.

    Rechtshilfeverfahren vom und zum Großherzogtum Luxemburg kommen deshalb laut Staatsanwalt Frising zu 95 Prozent aus Schengen-Ländern und beziehen sich fast immer auf Steuerhinterziehung. Solche Anträge greifen, schränkt Frising ein, aber nur...

    ... wenn, und das ist die Voraussetzung, wenn es sich um das Delikt des Steuerbetrugs handelt. Das heißt, das was wir als einfache Steuerhinterziehung bezeichnen, das kann nicht Anlass zur Rechtshilfe geben, weil das ein Delikt ist, das hier in Luxemburg nur mit einer Geldstrafe belegt ist.

    Jean-Paul Frising weiß Luxemburg diesbezüglich im Dissens mit vielen EU-Partnern, er sieht mittelfristig aber auch Chancen zur Entspannung:

    Ich weiß nicht, unter welchen Druck Luxemburg gerät, wenn alle Länder die gleichen Basisregeln zur Besteuerung anwenden ? ist das dann noch attraktiv, um in ein bestimmtes Land sein Geld zu bringen? Wahrscheinlich nicht!

    Christoph Cramer, geschäftsführender Direktor von Union Investment, geht sogar noch weiter:

    Zum einen wird dieses Konfliktpotential vom Tisch kommen mit der Einführung der Quellensteuer. Das ist ganz klar. Luxemburg wird sich den europäischen Standardisierungswünschen anderer, stärkerer Mitgliedsstaaten im europäischen Kontext auf lange Sicht nicht wirklich verschließen können.

    Für Ex-Manager und Buchautor Ernest Backes steht auch die Luxemburger Justiz selbst auf dem Prüfstand. So könnte man z.B. auch in Sachen Elf-Leuna in Luxemburg fündig werden:

    Die Luxemburger Justiz müsste es fertig bringen, dass man die Hand auf diese 10 letzten Jahren Microfiche legen müsste und die unter juristische Kontrolle bringen müsste. Eine Recherche, wie in der Elf-Leuna-Affäre, da sehen Sie mindestens 60 Prozent der Summen, die da gelaufen sind, sind über Luxemburg gelaufen. Auch die, die Luxemburg noch nicht mal berührt haben, können auch in Clearstream wiedergefunden werden. Diese hinterlassen im internationalen Clearing ihre Spur. Allerdings ? ab einem Jahr ist sie nur mehr in den Microfichen dieser Systeme zu finden. Die findet man materiell in der Westdeutschen Landesbank in Luxemburg.

    Auch Lucien Thiel, Direktor der Luxemburger Bankenvereinigung ABBL, sieht alle Vorwürfe des Auslandes ausschließlich an einer einzigen Frage aufgehängt: der der Steuerhinterziehung! Zwar gibt er öffentlich in den Luxemburger Medien zu, dass der Bankenplatz nicht nur "einen Ruf, sondern auch ein Geschäft zu verlieren hat" - dennoch sucht er die Schuld für Miss-Stände und Skandale bei anderen. Die Einführung der Zinsabschlagsteuer 1992 in Deutschland, Steuerfahndungen auch in Frankreich oder Belgien ? die vermeintlichen Ursachen liegen für ihn näher als ein selbstkritischer Blick in den Spiegel. Schuld sind, wenn man diesem Ansatz folgt, in keinem Fall die Luxemburger Gesetze oder die Banken mit ihren "Lockrufen", Schuld sind ausschließlich die Steuerpflichtigen anderer Länder, die diesen Verlockungen erliegen.

    Ernest Backes sieht Thiel als Bugfigur des Bankenverbandes auch aus anderem Grund als nicht länger haltbar:

    Herr Thiel war auf jeden Fall in Luxemburg seit mehr als einem Jahr von mir selbst in Kenntnis gesetzt über das Erscheinen des Buches. Aber er wäre zumindest verpflichtet gewesen, seine Arbeitgeber zu informieren.

    Mit dem Erscheinen von Backes? Buch ist der Skandal jetzt da. Das Image des Finanzplatzes leidet ? einmal mehr - erheblich. Christoph Cramer bringt die schlechten Schlagzeilen für das Land auf einen einfachen Nenner:

    Das negative Image von Luxemburg, das hat einfach zu tun mit Luxemburg und Schwarzgeld.

    Und mit den Banken im Lande! Vorsicht erscheint in jedem Fall geboten: Beim Handling ausländischer Privat- und Firmenkunden nehmen es eine Reihe von Luxemburger Banken mit dem "Know-Your-Client" Grundsatz nicht so genau. Auch wenn es darum geht, Geldwäsche zu erschweren: Über die Kundschaft will man gar nicht so genau informiert sein, und: Es sind Fälle bekannt, in denen Luxemburger Bänker, teils mit Absicht, teils grob fahrlässig, gegen Kundeninteressen und Gesetze handeln.

    Aber auch der Luxemburger Staat nimmt in Kauf, dass Nachbarstaaten seit langem durch sehr spezifische luxemburgische Gesetze erhebliche Steuerausfälle haben.

    Ernst Moutschen, Belgier, im Management bei der EU- Kommission im Luxemburg tätig, über die gelben Luxemburger Auto-Kennzeichen:

    In europäischen Statistiken ist Luxemburg führend, was der PKW-Anteil pro 1000 Einwohner ausmacht. Dabei muss man aber bedenken, dass all diese Fahrzeuge nicht in Luxemburg zirkulieren, sondern einfach nur immatrikuliert sind. Wenn ich am Wochenende zurück nach St. Vith fahre, sehe ich vor jeder Kneipe praktisch eins von zwei Nummernschildern, das gelb ist.

    Dieser Fall hat die Beziehungen zwischen beiden Ländern in den letzten Monaten erheblich belastet, umso mehr, als selbst die Hälfte der belgischen Parlamentarier mit Luxemburger Nummernschildern und Pseudo-Steuersitz für ihren Pkw im Großherzogtum dieses " Angebot" nutzen.

    Gegenmaßnahmen sind erst jetzt, nach massiver Intervention aus Brüssel, eingeleitet worden. In Luxemburg indes sieht man ungeachtet aller Probleme mit den Nachbarn der eigenen Zukunft eher optimistisch entgegen. Robert Garcia umreißt die vorherrschende Meinung im Lande:

    Luxemburg sagt sich einfach, die EU, egal wie groß sie ist, braucht immer irgendein Steuerparadies. Sie braucht immer irgendeinen Bankenplatz, der spezielle Dinge macht und die Luxemburger sagen dann, wenn die Luxemburger das nicht machen, dann machen die Inseln das, oder die Kanalinseln machen das, oder die Schweiz macht das. Deshalb kann Luxemburg sich da schon in einer gewissen Sicherheit wiegen - aber Luxemburg kann nicht jetzt von heute auf morgen auf Bankgeheimnis und anderes verzichten.

    Apropos " Geheimnis": Trotz der regelmäßigen Pannen am Finanzplatz versteht man es im Lande meisterhaft, Skandale, insbesondere auf internationalem Parkett, zu vertuschen. Christoph Cramer umschreibt diplomatisch, warum:

    Das gesellschaftliche Umfeld ist eines, das sehr stark darauf ausgerichtet ist, Konflikte, innere Konflikte auf dem inneren Wege innerhalb der inneren Abstimmungskreise in Luxemburg zu lösen.

    Ernest Backes, selbst Luxemburger, formuliert es in seinem Buch noch pointierter: "In Luxemburg ist das Schweigen eine Tugend. Das freundliche Lächeln ebenfalls. In Luxemburg haben die seit Kriegsende regierenden Parteien immer enge Verbindungen zu den Banken gehabt. Ihre Repräsentanten sitzen zahlreich in Aufsichtsräten. In Luxemburg sind die Richter diskret. Sehr diskret. Und die Finanzpolizei zahlenmäßig klein. In Luxemburg sind die Bankiers Freunde, die man schützen will vor denen, die zu viele Fragen stellen. Und die katholische Kirche wacht über diese kleine, friedliche und glückliche Welt.


    Schadensbegrenzung am Finanzplatz Luxemburg ist vor diesem Hintergrund das erklärte Ziel! Schließlich profitieren Staat und Gesellschaft von den steuerlichen Einnahmen aus dem Finanzsektor und die Luxemburger selbst vorwiegend von begleitenden Dienstleistungen, von Handels- oder Immobiliengeschäften.

    Ob in Justiz, Amtsstuben, Kauf- oder Mietverträgen, der Ur-Luxemburger ist stets darauf bedacht, seinen Heimvorteil zu nutzen, oftmals mit Unterstützung des eigenen "Amtsschimmels" - mit einem Übermaß an Bürokratie.

    Doch trotz aller Kritik zeichnen sich auch neue, positive Perspektiven ab.

    Die Weichenstellung in Richtung "Pensionsfonds" ist ein erfolgversprechender Schritt in ein neues Marktsegment, die Verstärkung des Internet-Banking ein anderer. Mit den Pensionsfonds bieten die Luxemburger Finanzexperten eine europäische Alternative zur US-amerikanischen Übermacht auf diesem Gebiet - und mit dem elektronischen Banking modernisiert sich der Finanzplatz Luxemburg wie von selbst. Der technische Fortschritt wird so gerade in einem stark traditionell geprägten Umfeld zu einer Art "Erneuerungsfaktor.


    Hocine Naamoune, Vertreter der jungen Bankergeneration bei einer französischen Großbank:

    Ich sehe das nur positiv! Man hat hier im Land den gesetzlichen Rahmen für Zahlungssysteme, Wertpapiere, Zertifikationen, Internet. Luxemburg und seine Gesetze reagieren sehr schnell auf die sich rapide verändernden Anforderungen. Man hat keine Probleme, sich an die weitere Geldmarktentwicklung anzupassen.

    Vor diesem Hintergrund hat der luxemburgische Ministerrat am 11. Mai des Jahres ein neues Gesetz verabschiedet, mit dem das elektronische Banking forciert werden soll.

    Dennoch: Nur mit einem dauerhaft guten Image hat der Finanzplatz eine Chance. Ob sich aber ein positives Bild abzeichnet, erscheint fraglich.

    Angesichts der jüngsten Vorkommnisse bei der deutschen West-LB und bei Clearstream war es verständlich, wenn in diesen Tagen keine deutsche Bank in Luxemburg bereit war, sich über die Zukunft des Finanzplatzes zu äußern. Ernest Backes hat für diese Zurückhaltung eine plausible Erklärung. Für ihn tickt am Finanzplatz Luxemburg und darüber hinaus bereits die nächste Zeitbombe:

    Ich bin der Meinung, dass eine Geschichte demnächst doch für einigen Wirbel sorgen wird und das ist die Tatsache, dass in diesem dunklen Winkel der Weltwirtschaft, diese Unpublished-Konten der Clearstream, dass sich in diesem etwas abspielt, was für meine Begriffe viel schlimmer ist als Weißwaschgeschäfte. Weshalb sind da alle Großbanken auch mit vertreten? Was ist die Ursache, dass über diese Konten Steuerbetrug aller Banken ihren eigenen Finanzministern gegenüber betrieben wird, dass besonders die Kanalinseln attraktiv sind. Da in den Kanalinseln die Jahresabschlüsse traditionell zum 31.3. getätigt werden, bringen die Banken vor Jahresende die Summen rüber und bringen sie vor dem 31.3. wieder zurück. Dann sind hier die Jahresabschlüsse getätigt, die Summen erscheinen hier nicht, erscheinen aber auch nicht in den Bilanzen der Filialen. Da läuft heute bei jeder Großbank über solche Konten ein Parallel-Versteckspiel von Riesensummen, die permanent den Finanzministern vorenthalten werden.