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Boom oder Blase

Palo Alto, Mountain View und Menlo Park gehören zu Silicon Valley, dem Herz der amerikanischen Hochtechnologie. 2010 stiegen die US-Gehälter hier am höchsten. Mit ihnen aber auch Immobilienpreise und Unternehmensbewertungen. Nun wächst die Angst vor einer erneuten Spekulationsblase.

Von Anne Raith | 13.10.2011
    Im Silicon Valley ist Steve Blank so etwas wie eine Startup-Legende. Im Publikum wird mitgeschrieben, getwittert und fotografiert. Niemand will auch nur ein Wort verpassen, wenn der ehemalige Unternehmer über seine Erfahrungen spricht, niemand die Chance verstreichen lassen, ihm von dem eigenen Projekt zu erzählen. In der Hoffnung, dass Blank die Idee brillant findet - und prophezeit, dass genau dieses Startup den Durchbruch schaffen wird. Bald in einer Liga spielt mit LinkedIn, dem weltweit größten Online-Netzwerk für Geschäftskontakte, das im Frühsommer einen der spektakulärsten Börsengänge des Jahres hingelegt hat, oder mit dem sozialen Netzwerk Facebook, dessen Wert inzwischen auf bis zu 100 Milliarden Dollar geschätzt wird, oder gar mit Apple, das unter seinem kürzlich verstorbenen Gründer Steve Jobs zum derzeit wertvollsten Unternehmen der Welt wurde. Wo sollte so etwas noch einmal gelingen, wenn nicht hier.

    "So wie die Menschen während der Renaissance nach Paris, Athen oder Florenz geströmt sind, führt heute kein Weg an Silicon Valley vorbei. Die Leute haben ihre Heimat, ihre Familien verlassen, um hierher zu kommen. Um etwas zum Leben zu erwecken, was niemand anderes hat, was sie nur hier tun können. Damit haben wir etwas Wunderbares geschaffen, nicht nur für die Region, sondern für die Welt!"

    Mit dieser bescheidenen Vision ist auch Steve Blank vor über 30 Jahren nach Kalifornien gekommen, hat mehr Startups mitgegründet als er an einer Hand abzählen kann - "Rocket Science Games" etwa, eine Firma, die Videospiele entwickelt, oder die Softwarefirma "E.piphany". Und er hat mehr als eine Pleite miterleben müssen. Heute hält Blank Vorträge über erfolgreiche Existenzgründungen und lehrt an den Universitäten in Stanford und Berkeley.

    "Weißt Du wie wir hier im Silicon Valley gescheiterte Unternehmer nennen? Wir nennen sie erfahren! Überall in der Welt müsstest du deinen Namen ändern, umziehen, Deine Eltern würden sich für dich schämen. Ich denke, das ist ein einzigartiges, amerikanisches Phänomen: Dass Du so oft scheitern, und trotzdem zig Millionen Dollar zusammenbekommen kannst. Denk doch mal darüber nach! Das ist eine fantastische Geschichte!"

    Und es sind genau diese fantastischen Geschichten, die die jungen Unternehmer in San Francisco hören wollen. Und nicht nur dort - auch in Palo Alto, Mountain View und Menlo Park. Von Überbewertungen und sinkenden Wachstumsprognosen, von der Angst vor einer erneuten Rezession und drohenden Kurseinbrüchen ist an diesem Abend erst einmal keine Rede:

    "Allen Widrigkeiten zum Trotz glauben wir an uns. Ein Unternehmen zu gründen ist Glaubenssache! Wenn wir alle Fakten kennen würden, würde keiner ein Unternehmen gründen! Das ist ein irrationales Business! Du musst verrückt sein."

    Dabei waren schon einmal alle verrückt. Verrückt nach jungen Internet-Firmen, die mit ihren virtuellen Ideen die reale Welt verändern wollten. An die Investoren und Anleger enorm hohe Gewinnerwartungen hatten, deren Kurse in schwindelerregende Höhen schnellten. Alles schien möglich - bis die Spekulationsblase im Frühjahr 2000 platzte. Binnen zwei Jahren verloren die NASDAQ-notierten Unternehmen fünf Billionen Dollar ihres Börsen-Wertes. Eine fünf, zwölf Nullen. Erinnerungen werden wach, Parallelen gezogen:

    Sehen Sie eine Spekulationsblase?" fragt dieser Radiomoderator die Gäste und Zuhörer seiner Diskussionssendung. Und das Wirtschaftsmagazin "Fortune" lässt die rosafarbene Kaugummiblase, die Facebook-Gründer Mark Zuckerberg auf dem Titelbild aufbläst, schon einmal zerplatzen. Entsteht im Silicon Valley die nächste Spekulationsblase, weil Unternehmen wie das Karriere-Netzwerk LinkedIn die hohen Erwartungen auf Dauer nicht erfüllen können? Oder geht der Blase vorher die Luft aus, weil einige der viel versprechendsten Internetfirmen gerade ihren Börsengang verschoben haben sollen - das soziale Netzwerk Facebook etwa, der Onlinespiele-Entwickler Zynga, das Rabattportal Groupon?

    "Ich meine, wer weiß das schon, oder? Wer weiß, was nächstes Jahr passiert? Ich werde nicht versuchen, eine Vorhersage zu machen. Aber gerade läuft es gut. Man muss sich eben der Lage des Marktes bewusst und dementsprechend vorsichtig sein."

    Andrew Hsu sitzt in orangekariertem Hemd und ausgetretenen Turnschuhen in einem gläsernen Konferenzraum. Anfang des Jahres hat er sein Studium an der Eliteuniversität Stanford abgebrochen. Die Wirtschaftskurse dort hätten ihn auf dem Weg zum eigenen Startup auch nicht weitergebracht, sagt der 20-Jährige, ein wenig großspurig. Aber vielleicht ist das tatsächlich so, für jemanden, der bereits drei College-Abschlüsse hat - und ehrgeizige Pläne. Denn im Silicon Valley, einer der reichsten Regionen der Welt, kommt kaum ein Unternehmen ohne ein klein bisschen Größenwahn aus. Es gilt: "Think big".

    "Ich möchte ein riesiges Unternehmen schaffen, das die Welt fundamental beeinflussen und das Lernverhalten der kommenden Generation verändern wird. Und ich hoffe, dass wir auch finanziell sehr erfolgreich sein werden."

    Zumindest sein Büro in Palo Alto, Mitten im Silicon Valley, hat schon viel von dem der großen Unternehmen, in deren Fußstapfen er treten will. Statt in einer unbeheizten Garage - wie Apple-Gründer Steve Jobs - tüftelt Andrew Hsu in einer unterkühlten Loftetage an seinem Startup "Airylabs".

    Tischfußball, Dartscheibe und Schlagzeug inklusive. Vor Kurzem ist sein erstes Online-Lernspiel für Schüler als sogenannte App für Smartphones auf den Markt gekommen. "Ein historischer Moment, der Beginn einer langen Geschichte fantastischer Lernspiele", bloggt Andrew Hsu an diesem Tag. Think even bigger. Auch wenn der 20-Jährige besonders begabt sein mag - er ist einer von vielen, die im Silicon Valley ihr Glück versuchen. Die Universitäten in San Francisco, Berkeley und Santa Clara sind stolz auf diesen Unternehmergeist und fördern ihn gezielt. Die Eliteuniversität Stanford wirbt nicht nur mit ihren wissenschaftlichen Meriten, sondern auch mit ihren Milliardären. Viele Absolventen gründen gleich nach dem Abschluss ihr erstes Startup. Andere warten gar nicht erst so lange, legen noch während des Studiums los, wie die Google-Gründer, oder brechen die Ausbildung vorher ab. Sogar Schüler lernen in Sommerakademien, wie sie ihre Computerpuzzeleien in ein erfolgreiches Jungunternehmen verwandeln. Da den Überblick zu behalten, sei unmöglich, sagt Amir Efrati, Journalist beim Wall Street Journal in San Francisco:
    "Tausende ziehen gerade los, besorgen sich Risikokapital und gründen Unternehmen - für soziale Netzwerke, Smartphone-Apps, Onlinespiele. Wir bekommen so viele Emails von neuen Startupunternehmen, dass wir sie überhaupt nicht alle lesen können, wenn wir noch arbeiten wollen."

    Auch ausländische Unternehmer zieht es nach Kalifornien. Torsten Reil ist mit seiner Online-Spielefirma "Natural Motion Games" schon seit gut zwei Jahren im Geschäft. Neun Millionen mal sind seine ersten fünf Spiele bisher als App heruntergeladen worden. Gerade ist mit "My Horse" das sechste auf den Markt gekommen. In San Francisco ist der Deutsche jedoch erst seit ein paar Wochen. Weil sich hier alles ballt: Ideen, Idealismus, Investment. Von allem ein bisschen mehr als an anderen Orten der Welt.

    "Der Grund warum die Stimmung gut ist hier, ist, dass viele Sachen zusammengekommen sind in den letzten ein, zwei Jahren. Auf der einen Seite sind das Geschäftsmodelle, die funktionieren - Onlinespiele, die sehr gut funktionieren. Und auf der anderen Seite kommt der Trend hinzu, dass die Menschen das Internet nicht nur auf ihrem Computer nutzen, sondern auch auf ihren Mobiltelefonen, sogenannten Smartphones. Und das eröffnet einfach ganz neue Möglichkeiten, einfach Geld zu machen und neue Geschäftsmodelle herzustellen."

    Und das Marktforschungsunternehmen IDC geht davon aus, dass dieser Markt rasant wachsen wird, und schon in vier Jahren mehr Menschen mit dem Smartphone als mit dem Computer online gehen werden. Für viele liegt deshalb hier, im Silicon Valley die Zukunft. Die Zukunft der amerikanischen Wirtschaft.

    Für US-Präsident Barack Obama gab es vermutlich kaum einen besseren Ort, um über neue Impulse für den US-Arbeitsmarkt zu sprechen als Silicon Valley. Eine Region, die im Gegensatz zum Rest des Landes floriert. An der sich Amerika noch berauschen kann, in der der Amerikanische Traum noch gelebt wird.

    "Keine Region dieses Landes steht besser für das, was Amerika auszeichnet. Für Unternehmertum, Dynamik, Optimismus, für den Glauben, dass wenn man eine gute Idee hat und bereit ist, Blut, Schweiß und Tränen zu investieren, nicht nur selbst Erfolg hat, sondern auch für alle anderen die Wirtschaft ankurbelt."

    Die Arbeitslosenquote mag in Kalifornien mit 11,7 Prozent höher sein als in fast jedem anderen amerikanischen Bundesstaat - im Silicon Valley sind in den vergangenen zwölf Monaten über 30.000 neue Jobs entstanden. "We hire" - "Wir stellen ein" ist derzeit auf fast jeder Webseite zu lesen. Vom Boom der Branche profitieren allerdings fast ausschließlich Fachkräfte: 30 Prozent aller offenen Stellen in der Region sind laut der Jobbörse "Simply Hired" für Computer-Ingenieure ausgeschrieben. Um die reißen sich derzeit alle. Unternehmen locken mit Einstiegsgehältern im sechsstelligen Bereich. Mit Aktienoptionen. Mit Volleyballfeld, Fußballplatz und Fitnessraum; Waschsalon, Friseur und Postservice; und natürlich drei kostenlosen Mahlzeiten am Tag. Wer beim Internetriesen "Google" arbeitet, muss sich dafür nicht einmal mehr als 50 Meter fortbewegen. Dank der "150-Feet-Regel” sind Kaffee und Sandwichs immer griffbereit. Auch die Unternehmer Torsten Reil und Andrew Hsu suchen verzweifelt:

    "Die meisten Firmen wachsen stark, das heißt, die brauchen nicht eine Person im Monat, sondern fünf Personen pro Woche. Das geht uns auch so und das ist sehr, sehr schwer zu füllen."

    Andrew Hsu:

    "Es ist inzwischen wirklich hart, Leute zu finden, weil jeder gerade sein eigenes Startup gründet. Gerade wenn es um gute Computer-Ingenieure geht, ist die Konkurrenz brutal. Es gibt hier so viele Firmen und viele bieten ein wirklich gutes Gehalt."

    Im vergangenen Jahr stiegen die Gehälter in keiner Metropolregion schneller als im Silicon Valley. Bei Facebook etwa verdient ein Software-Ingenieur rund 120.000 Dollar im Jahr. Dementsprechend explodieren auch die Immobilienpreise in der Gegend. Mit 500.000 bis 600.000 Dollar ist ein Haus im Silicon Valley durchschnittlich dreimal so teuer wie im Rest des Landes. Büroraum wird knapp, Apple und Facebook expandieren, planen gigantische Firmenlandschaften. Stephen Levy ist Direktor des Center for Continuing Study of the California Economy. Der Wirtschaftswissenschaftler beobachtet diese Entwicklungen auch mit Sorge.

    "Es geht es uns im Moment besser als fast allen anderen Regionen. Uns wird es auch gut gehen, selbst wenn die Wirtschaft im Rest des Landes stagniert, weil wir in die ganze Welt verkaufen. Aber wenn sich die Wirtschaft in Europa und Asien abkühlt, spätestens dann sind auch wir betroffen."

    Noch aber boomt das Geschäft. Andrew Hsu sucht fast zwei Dutzend neue Mitarbeiter. Wirbt mit zehn "fantastischen" Gründen bei Airylabs zu arbeiten. Einer davon: Die gesicherte Finanzierung seines Startups - dank eines Startkapitals von 1,5 Millionen Dollar. Auch wenn diese Summe vergleichsweise gering ausfällt, die Namen, die dahinter stehen, sind beeindruckend: Google hat mit seinem Ableger "Google Ventures" in die Lernspiele investiert. Außerdem ist der 20-jährige Thiel-Fellow. Und hat damit einen der Investoren der Branche hinter sich. Risikokapitalgeber Peter Thiel. Der Amerikaner deutscher Herkunft ist Mitbegründer des Internet-Bezahldienstes PayPal und nach Gründer Mark Zuckerberg zweitgrößter Anteilseigner bei Facebook, dem Marktführer unter den sozialen Netzwerken. Thiel hält nichts von Vorsicht, von Zurückhaltung - und hat neben Andrew Hsu gut zwanzig weitere Studenten überredet, die Uni zu schmeißen und sich mit seiner Hilfe selbstständig zu machen.

    "Wenn man am weltweiten Durchbruch arbeitet, bedarf das einer Intensität und Anstrengung, die man nicht halbtags verfolgen kann. Wären die Facebook-Gründer an der Universität in Harvard geblieben, hätten sie das Netzwerk nicht gründen können. Und nach ihrem Abschluss wäre es möglicherweise schon zu spät gewesen."

    Zu spät zu kommen ist auch die Sorge der unzähligen Investoren im Silicon Valley. In den ersten drei Monaten dieses Jahres haben Risikokapitalanleger dreimal soviel Geld in Technologien für private Nutzer - also soziale Netzwerke oder Spielefirmen - investiert wie im Vorjahr, über 870 Millionen Dollar. Nährt dieses Geld, das so reichlich fließt, nicht doch eine dot.com-Blase? Nein, die gibt es nicht, kann es gar nicht geben, sagt Peter Thiel - weil viele der Firmen nicht oder noch nicht an der Börse sind, es kein allgemeines Börsenfieber gibt.

    Risikokapitalanlegerin Nancy Pfund nickt. Es sei zu früh, von einer Blase zu sprechen. Pfund ist eine der wenigen Frauen in der Branche, verwaltet mit ihrer Investmentfirma DBL zwei Millionenschwere Fonds. War Analystin bei der amerikanischen Investmentbank JP Morgan, hat die Regierungen Bush und Clinton in Technologie- und Internetfragen beraten. Ihr Unternehmen setzt nicht nur auf größtmöglichen Gewinn, sondern animiert die Startups auch, sich sozial oder umweltpolitisch zu engagieren. Es zählen Idee, unternehmerische Vorgeschichte, Marktchancen.

    "Alle Beteiligten haben heute eine sehr viel realistischere Vorstellung davon, was es heißt, ein Unternehmen zu gründen. Wenn man in den 90ern nicht innerhalb von zwei Jahren an die Börse gegangen ist, haben sich alle gefragt, was falsch läuft. Heute ist man vernünftiger, gibt den Firmen drei, vier, fünf, sogar sechs Jahre Zeit, bis sie groß und erfahren genug sind, um an die Börse zu gehen."

    Allerdings ist auch ausgerechnet eines der Unternehmen, in die Pfund investiert hat, dafür verantwortlich, dass über eine neue Blase spekuliert wird: Das personalisierte Internetradio "Pandora". Im Sommer an die Börse gegangen, war der defizitäre Radiosender zeitweise über zweieinhalb Milliarden Dollar wert - dann stürzten die Aktien wieder ab, es kamen Zweifel auf am Geschäftsmodell des Senders. Früher oder später wird "Pandora" die hohen Erwartungen erfüllen, entgegnet Nancy Pfund. Gewinne und Hörerzahlen würden bereits wachsen. Und dann könnte Pandora von einem großen Unternehmen aufgekauft werden - damit wäre ihre Mission erfüllt.

    Steve Blank ist am Ende seines Vortrags angelangt. Fragen wurden gestellt, Projekte angerissen. Schließlich hebt eine junge Frau in der ersten Reihe zögerlich die Hand, fragt, was er von der ganzen Diskussion um die dot.com-Blase halte.

    "Es gibt viele Vorzeichen für eine Apokalypse. Irrationale Bewertungen von Firmen, sowohl im Frühstadium, wenn die Unternehmer nur ein paar Ideen haben, als auch in späteren Stadien, wenn sie an die Börse gehen. An beiden Enden der Skala werden die Unternehmen überbewertet und gehyped."

    Sagt Steve Blank. Auch mit Blick auf Facebook. Das soziale Netzwerk soll mittlerweile 750 Millionen Mitglieder haben, der Wert wird auf bis zu 100 Milliarden Dollar geschätzt - Umsatz und Gewinn betragen nur einen Bruchteil dessen. Überbewertungen wie diese seien ein sicheres Zeichen für eine Blase, sagt Steve Blank. Und lacht trotzdem - denn diesmal sei es anders als 2000. Diese Meinung teilt auch Stephen Levy, Direktor des Center for Continuing Study of the California Economy:

    "2000 kosteten die Aktien der Unternehmen viel Geld, aber sie hatten kein Geschäft. Doch Facebook, Google, Apple und LinkedIn haben ein Geschäft. Sie haben Abermillionen Nutzer und werden deshalb weiter wachsen. Das ist keine Spekulationsblase, in dem Sinne, dass Anleger in Unternehmen investieren, die weder Kunden noch Produkte haben."

    Als die Spekulationsblase im Frühjahr 2000 platzte, waren die Verluste enorm. Die der Firmen, aber vor allem die der zahlreichen Kleinanleger. Dadurch, dass viele der Internetunternehmen nicht oder noch nicht an der Börse sind, würde es dieses mal vor allem die Investoren treffen, die dieses Risiko einkalkulieren. Und natürlich die Unternehmen, aber lange nicht so hart, vermutet Torsten Reil von "Natural Motion Games".

    "Damals war die Konsequenz, dass die Firmen pleite gegangen sind, sie haben kein Geld gemacht. Dieses Mal wird es anders sein, weil die meisten Firmen zumindest Geld machen, dass heißt, auch ohne Investment wird es möglich sein, weiter zu bestehen und zu wachsen. Wir werden diesen katastrophalen Zusammenbruch nicht erleben, wie es letztes Mal der Fall war."

    Außerdem sei das Internet inzwischen schlichtweg erwachsen geworden, sagt Reil. Tatsächlich gehen heute sieben Mal so viele Menschen online wie noch vor zehn Jahren - und die sind inzwischen auch bereit, ihre Geschäfte im Internet zu tätigen. Das Online-Werbevolumen hat sich mittlerweile verzehnfacht. Der Enthusiasmus im Silicon Valley für neue Unternehmen sei groß, sagt Nancy Pfund. Sie investiert vor allem in Clean Tech, also in Technologien, die Produktionsverfahren effizienter und vor allem umweltfreundlicher machen sollen.

    "Was jetzt allerdings anders ist, sind die äußeren Umstände, ist die unsichere Lage auf den Märkten. Das macht einen Börsengang schwieriger, man muss ihn einfach zeitlich besser planen. Aber ich gehe davon aus, dass wir in den kommenden 12 bis 24 Monaten noch einige erfolgreiche Börsengänge erleben werden."

    Steve Blank ist skeptischer. Zwei bis vier Jahre hält der Boom noch an, prophezeit er. Und wendet sich wieder den jungen Firmengründern zu, die nach seinem Vortrag noch immer Schlange stehen und nach Ratschlägen fragen. Einen hat der achtfache Unternehmer für alle. Dass kein Boom ewig währt:

    "Wenn wir eins gelernt haben, dann das: Es kommt darauf an, zu wissen, wann man aussteigen sollte. Ich glaube, nicht mal der dümmste Investor glaubt, dass es für immer so weiter geht. "