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Botanik
Wie Schnittblumen länger überleben

Am Valentinstag ist der Umsatz in den Blumenläden besonders hoch. Und das, obwohl Schnittblumen ein sehr vergängliches Geschenk sind. Zum Glück gibt es Wissenschaftler, die daran arbeiten, dies zu ändern. An der Universität Düsseldorf hat man jetzt einen vielversprechenden Ansatz gefunden.

Von Volker Mrasek | 14.02.2019
    Ein Bund rosafarbener Rosen.
    Wohlriechende, farbenfrohe Schnittblumen erfreuen auch Forscherherzen. (Deutschlandradio / Ellen Wilke)
    (Claudia Hoppen, Georg Groth im Wechsel)
    "Absolut schön, wenn man ins Labor kommt und hat da mit Blumen zu tun!" - "Auch dann der schöne Geruch." - "Es roch genau wie in einem Blumenladen." - "Dieser Duft!" - "Wir hatten auch ein paar Blumen übrig. Die haben wir ins Büro gestellt. Oder unser Chef hat sie seiner Frau mit nach Hause genommen."
    Wohlriechende, farbenfrohe Schnittblumen - da geht auch Forscherinnen und Forschern das Herz auf! Erst recht am Valentinstag. Doch übermäßig lange wird die Freude über die ganze Blütenpracht auch diesmal wieder nicht währen. Drei, vier Tage in der Vase, dann lassen Schnittblumen meist schon die Köpfe hängen.
    Doch vielleicht überleben sie den Valentinstag demnächst viel länger. Denn bei Laborversuchen an der Universität Düsseldorf ist es jetzt gelungen, das Welken von Nelken und Rosen deutlich hinauszuzögern. Die Arbeitsgruppe des Biochemikers Georg Groth griff dafür in jene Zellprozesse ein, die Pflanzen für gewöhnlich altern und verblühen lassen. Eine Schlüsselrolle spielt dabei Ethylen oder Ethen, ein wichtiges Pflanzenhormon.
    Maßgeschneidertes Peptid unterbricht Signalkette
    "Wir haben vor einigen Jahren herausgefunden, dass in dieser Ethylen-Signalkette, die für Reifungsprozesse, Alterungsprozesse verantwortlich ist, dass in dieser Kette zwei Proteine miteinander wechselwirken. Und haben im Rahmen unserer Forschung herausgefunden, welcher Bereich in den Proteinen für diese Wechselwirkung wichtig ist."
    Die beiden Proteine brauchen einen Rezeptor, an den sie binden können, um zu interagieren - eine Andockstelle in der Pflanzenzelle. Grothes Team entschlüsselte ihren Aufbau und hatte dann die Idee, diese molekulare Kupplung gezielt zu blockieren: durch ein maßgeschneidertes Peptid, ein kleines Eiweißmolekül, das genau auf den Rezeptor passt und die Proteine daraus verdrängt. Auf diese Weise wird die Signalkette unterbrochen, und Ethylen kann keine Alterungsprozesse mehr anstoßen. Ob das Konzept auch in der Praxis funktioniert, testete die Biochemikerin und Doktorandin Claudia Hoppen im Labor an Rosen und Nelken.
    "Die Ergebnisse haben eindeutig gezeigt, dass wir mit der Behandlung mit dem Peptid das Verwelken der Pflanze hinauszögern konnten. Man will ja, dass die Blumen schön offen stehen. Das hat auch länger gehalten. Also, es waren sowohl bei den Nelken als auch bei den Rosen circa drei bis sechs Tage, um die man das Verwelken hinauszögern konnte."
    Weniger Nachteile
    Die Düsseldorfer Forscher sind keineswegs die Ersten, die versuchen, Blumen länger frisch zu halten. Es gebe auch andere wirkungsvolle Alterungshemmer, sagt Georg Groth. Nur hätten die alle große Nachteile: "Das setzt man klassisch bislang Silbersalze ein, die sehr umweltschädlich sind als Schwermetall."
    Ein anderer Stoff heißt Methylcyclopropen, ist aber gasförmig und daher nichts für den Hausgebrauch: "Dieses Peptid, das wir jetzt verwenden, ist ein wasserlöslicher Stoff, den man einfach ins Gießwasser geben kann. Wir haben jetzt pro Schnittblume ungefähr zehn Milligramm dazugegeben."
    Das ist sicher nicht viel, wäre aber trotzdem nicht ganz billig: "Es würde im Moment einige Euro kosten - eine Behandlung, sage ich jetzt mal."
    Weg in den Blumenladen dauert noch
    Bisher haben die Biochemiker ihr Peptid auch nur in Labormengen synthetisieren lassen. Nötig wäre eine Produktion in viel größerem Maßstab, etwa in Bioreaktoren. Und natürlich auch das Interesse von Industriepartnern im Geschäft mit Rosen und Nelken.

    "Wir sind derzeit dabei zu versuchen, das biotechnologisch in Bakterien herzustellen. Wir müssen halt schauen, dass wir einen Weg finden, wie wir das Ganze in einem wirtschaftlich vernünftigen Rahmen produzieren können. Und sicher auch noch weitere Schnittblumen testen. Aber das Wirkprinzip, das ist definitiv nachgewiesen."
    Noch muss der Düsseldorfer Professor Blumenliebhaber also vertrösten. Noch ist das Blüte-verlängernde Bio-Peptid nicht käuflich. Und bis es soweit sein könnte, werden wohl noch zwei oder drei Valentinstage vergehen, wie Groth vermutet. Er sei "relativ zuversichtlich, dass Sie's wirklich eines Tages kaufen können. Oder geschenkt bekommen im Blumenhandel."