Die schnelle Übertragung elektrischer Signale – wie im menschlichen Nervensystem – ist typisch tierisch. Kaum jemand weiß, dass es in Pflanzen etwas ähnliches gibt.
"Elektrische Vorgänge sind eine grundlegende Eigenschaft des Lebens. Ohne Elektrik geht gar nichts."
Hubert Felle vom Botanischen Institut der Universität Gießen benutzt eine spezielle Messapparatur in einem Faradayschen Käfig, um elektrische Reaktionen von Pflanzen zu messen. Der Käfig verhindert, dass Einflüsse von außen die empfindlichen Messungen stören. Felle:
"Hinter dem Schirm sehen Sie ein Blatt eingespannt. Und was hier jetzt passiert, ist folgendes: Hier versucht man in das Blatt einzudringen, ohne die Zellen zu verletzen."
Mit einer Feinglas-Mikroelektrode misst Hubert Felle elektrische Vorgänge im Innern von Blättern. Die Spitze der Elektrode ist wenige Tausendstel Millimeter dick. Unter dem Mikroskop führt er die Mess-Elektrode in die kleinen Zwischenräume zwischen den Blattzellen einer Ackerbohne. Felle:
"Ich will jetzt wissen: Existiert hier eine systemische Verbindung von einem Blatt zu anderen. Systemisch heißt: keine Reaktion im selben Blatt, sondern im Nebenblatt zum Beispiel, oder am nächsten Ast. Das heißt: Ich gebe an einem Blatt einen Reiz, und am anderen Blatt muss dann eine Reaktion erfolgen. Und das haben wir versucht, und das haben wir gefunden."
Ein Reiz, das ist in diesem Fall eine Verletzung. Der Wissenschaftler rupft mit einer Pinzette am Blatt und tröpfelt noch etwas Salzlösung auf die gleiche Stelle. Dann, nach einigen Sekunden, misst die Elektrode an einem anderen Blatt eine so genannte Hyper-Polarisierung. Der Ladungsunterschied zwischen Zellinnerem und Zelläußerem steigt. Das ist ein aktiver Prozess. Um diese Hyper-Polarisierung zu erreicht, braucht die Pflanze Energie. Damit ist klar: Hier wurde ein elektrisches Signal übertragen, wenn auch deutlich langsamer als im Nervensystem von Mensch und Tier. Felle:
"Das liegt im Bereich von einem halben bis zu einem Zentimeter pro Sekunde. Beim Menschen sind es 100 Meter pro Sekunde."
Oder anders ausgedrückt: Um ein eine Informationen einen Meter weit zu übertragen, braucht das Nervensystem des Menschen eine Hundertstel Sekunde. In der Pflanze braucht das elektrische Signal für die gleiche Strecke zwei bis drei Minuten. Das reicht, meint Hubert Felle. Denn in einer Pflanze haben die Signale ganz andere Aufgaben als laufen, springen oder wegducken. Zum Beispiel dienen sie dem Schutz vor gefräßigen Raupen. Felle:
"Die Pflanze kann nicht wegrennen. Sie hat keine Muskeln, sie hat keine Beine. Sie ist darauf angewiesen, dass sie irgendetwas macht gegen einen Angreifer. Nun sie kann dem Angreifer die Chose vermasseln. Das macht sie, indem sie innerhalb kurzer Zeit, nach einer halben Stunde oder einer Stunde, Stoffe produziert, die dem Angreifer nicht mehr schmecken oder die ihn sogar vergiften."
Es geht beim pflanzlichen Abwehrverhalten also nicht um Sekunden, wie bei beweglichen Tieren, sondern allenfalls um Minuten. Wenn es schnell gehen soll, ist die Pflanze überfordert. Felle:
"Wenn man zum Beispiel hergeht und ganz brutal eine Flamme an ein Blatt hält, dann reagiert die Pflanze sehr stark, ganz panikartig. Wenn dann aber keine zusätzliche Reaktion nachkommt, was das nun tatsächlich war, dann versickert diese Information wieder."
Ob Pflanzen Schmerzen fühlen, können die Gießener Wissenschaftler nicht sagen. Aber sie wissen, dass die Botanik auch elektrisch auf äußere Reize reagiert, wie unser Nervensystem. Das Gras auf der Weide, die Bäume im Wald, die Zimmerpflanzen auf der Fensterbank sind Lebewesen mit einem eigenen Informationssystem, das wir noch nicht annähernd verstanden haben.
"Elektrische Vorgänge sind eine grundlegende Eigenschaft des Lebens. Ohne Elektrik geht gar nichts."
Hubert Felle vom Botanischen Institut der Universität Gießen benutzt eine spezielle Messapparatur in einem Faradayschen Käfig, um elektrische Reaktionen von Pflanzen zu messen. Der Käfig verhindert, dass Einflüsse von außen die empfindlichen Messungen stören. Felle:
"Hinter dem Schirm sehen Sie ein Blatt eingespannt. Und was hier jetzt passiert, ist folgendes: Hier versucht man in das Blatt einzudringen, ohne die Zellen zu verletzen."
Mit einer Feinglas-Mikroelektrode misst Hubert Felle elektrische Vorgänge im Innern von Blättern. Die Spitze der Elektrode ist wenige Tausendstel Millimeter dick. Unter dem Mikroskop führt er die Mess-Elektrode in die kleinen Zwischenräume zwischen den Blattzellen einer Ackerbohne. Felle:
"Ich will jetzt wissen: Existiert hier eine systemische Verbindung von einem Blatt zu anderen. Systemisch heißt: keine Reaktion im selben Blatt, sondern im Nebenblatt zum Beispiel, oder am nächsten Ast. Das heißt: Ich gebe an einem Blatt einen Reiz, und am anderen Blatt muss dann eine Reaktion erfolgen. Und das haben wir versucht, und das haben wir gefunden."
Ein Reiz, das ist in diesem Fall eine Verletzung. Der Wissenschaftler rupft mit einer Pinzette am Blatt und tröpfelt noch etwas Salzlösung auf die gleiche Stelle. Dann, nach einigen Sekunden, misst die Elektrode an einem anderen Blatt eine so genannte Hyper-Polarisierung. Der Ladungsunterschied zwischen Zellinnerem und Zelläußerem steigt. Das ist ein aktiver Prozess. Um diese Hyper-Polarisierung zu erreicht, braucht die Pflanze Energie. Damit ist klar: Hier wurde ein elektrisches Signal übertragen, wenn auch deutlich langsamer als im Nervensystem von Mensch und Tier. Felle:
"Das liegt im Bereich von einem halben bis zu einem Zentimeter pro Sekunde. Beim Menschen sind es 100 Meter pro Sekunde."
Oder anders ausgedrückt: Um ein eine Informationen einen Meter weit zu übertragen, braucht das Nervensystem des Menschen eine Hundertstel Sekunde. In der Pflanze braucht das elektrische Signal für die gleiche Strecke zwei bis drei Minuten. Das reicht, meint Hubert Felle. Denn in einer Pflanze haben die Signale ganz andere Aufgaben als laufen, springen oder wegducken. Zum Beispiel dienen sie dem Schutz vor gefräßigen Raupen. Felle:
"Die Pflanze kann nicht wegrennen. Sie hat keine Muskeln, sie hat keine Beine. Sie ist darauf angewiesen, dass sie irgendetwas macht gegen einen Angreifer. Nun sie kann dem Angreifer die Chose vermasseln. Das macht sie, indem sie innerhalb kurzer Zeit, nach einer halben Stunde oder einer Stunde, Stoffe produziert, die dem Angreifer nicht mehr schmecken oder die ihn sogar vergiften."
Es geht beim pflanzlichen Abwehrverhalten also nicht um Sekunden, wie bei beweglichen Tieren, sondern allenfalls um Minuten. Wenn es schnell gehen soll, ist die Pflanze überfordert. Felle:
"Wenn man zum Beispiel hergeht und ganz brutal eine Flamme an ein Blatt hält, dann reagiert die Pflanze sehr stark, ganz panikartig. Wenn dann aber keine zusätzliche Reaktion nachkommt, was das nun tatsächlich war, dann versickert diese Information wieder."
Ob Pflanzen Schmerzen fühlen, können die Gießener Wissenschaftler nicht sagen. Aber sie wissen, dass die Botanik auch elektrisch auf äußere Reize reagiert, wie unser Nervensystem. Das Gras auf der Weide, die Bäume im Wald, die Zimmerpflanzen auf der Fensterbank sind Lebewesen mit einem eigenen Informationssystem, das wir noch nicht annähernd verstanden haben.