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Botschafter von weit her

Astronomie. – Am 6. April 2002, gegen 22.10 Uhr, ging ein Meteorit über Südbayern nieder. Er landete bei Schloss Neuschwanstein im Allgäu, doch geborgen wurde der Gesteinsbrocken erst rund ein halbes Jahr später. Jetzt wird er im Museum "Reich der Kristalle" in München der Öffentlichkeit präsentiert.

    Ein Feuerball, der den oberbayrischen Abendhimmel taghell erleuchtete und von einem 25 Sekunden dauernden Donnergrollen begleitet wurde, so bleibt der Meteorit "Neuschwanstein" den Augenzeugen in Erinnerung. Was von ihm übrig blieb, ist verglichen mit dem Schauspiel seines Sturzes bescheiden, dennoch war der Meteorit beim Eintritt in die Erdatmosphäre ein gehöriger Brocken. Dr. Rupert Hochleitner, Kustos der Mineralogischen Staatssammlung Bayerns. "Er hat den Berechnungen nach beim Eintritt in die Atmosphäre etwa 300 Kilo gewogen. Durchgekommen sind vielleicht zehn, gefunden hat man 1,7 Kilo, also ein bisschen liegt wahrscheinlich noch dort." Pro Jahr regnen gut 50.000 Tonnen Material aus dem Weltraum auf die Erde herab, doch das meiste ist winzig klein, nur selten findet man Brocken wie "Neuschwanstein".

    Aufgrund der intensiven Strahlung, die noch vom Stein ausgeht, gehen die Wissenschaftler davon aus, dass der gezeigte Brocken auch tatsächlich der gesuchte Meteorit ist. "Neuschwanstein" ist überdies einer von nur 4 Meteoriten auf der ganzen Welt, von dem man detaillierte Informationen über die Flugbahn besitzt. In Europa verfolgen Kameras des europäischen Feuerkugelnetzes die ganze Nacht über den Himmel und auf ihren Aufnahmen lässt sich die Bahn des Meteoriten hervorragend verfolgen. Hochleitner: "Er ist zu der Zeit, als man ihn sah, mit etwa 17 Kilometern pro Sekunde geflogen, dann aber durch die Atmosphäre weiter abgebremst worden und letztendlich nur mit etwa 200 Stundenkilometern auf die Erde gefallen." Wegen der guten Informationslage gilt auch als sehr wahrscheinlich, dass "Neuschwanstein" aus dem Asteroidengürtel stammt. Aus dieser Gegend zwischen Mars und Jupiter stammt auch der erste Meteorit, der mit Kameras wie denen des europäischen Feuerkugelnetzes aufgenommen wurde. Pibram 1954 stammte aus der selben Himmelsgegend. "Es hat schon immer Wissenschaftler gegeben, die die Theorie aufgestellt haben, es gibt nicht nur Meteoritenströme, die von Kometen stammen, sondern solche von Asteroiden, und nachdem man jetzt zwei Meteoriten gefunden hat, die genau die gleiche Bahn hatten, unterstützt das diese Theorie", erklärt Hochleitner. Allerdings sind beide Fundstücke ganz unterschiedlich, so dass sie aller Voraussicht nach von unterschiedlichen Asteroiden stammen.

    [Quelle: Wolfgang Nitschke]