
Eine weitere Straße windet sich in Serpentinen durch Olivenhaine, Kiefern- und Steineichenwäldchen hoch bis auf eine hügelige Ebene, die sich etwa 350 Meter über dem Meer grün und würzig duftend vor den Reisenden ausbreitet.
Nach etwa fünf Kilometern biegt man rechts ab nach Donji Humac, ein 180-Seelen-Nest, in dem die Menschen seit Generationen überwiegend vom weißen Stein leben, der aus vier Steinbrüchen geschnitten und im Ort verarbeitet wird.
Neben der Verarbeitung des Weißen Kalksteins ist Donji Humac für seine gute Küche bekannt. Im Restaurant Kopacina grillt Besitzer Ivo Jugovic Fleisch und Fisch über glühender Holzkohle: "Ich kann heute empfehlen, einige Spezialitäten von Insel Brac. Unser Lammfleisch am Spieß ist weltbekannt und schmeckt ausgezeichnet. Haben wir natürlich, ganz frisch, von heute, aus unserem Meer, Zahnbrassen, Doraden, Rotbarsch, also wirklich Fische von erster Qualität."
Doch nicht nur exzellentes Essen und guten Wein hält Ivo für seine Gäste bereit. "Wir haben in unserem Lokal unsere traditionelle Klape-Musik. Die kommt einmal die Woche. Es hört sich an sehr gut."
Lieder von der Liebe und der Arbeit
Klapa, Mehrzahl Klape, heißen die Männergesangsvereine, die in ganz Dalmatien und auf den Inseln eine lange Tradition besitzen. Übersetzt heißt Klapa Freunde. Jeden Donnerstag treffen sich die acht jungen Männer der Klapa Morbin an der Treppe unter der St. Michaels-Kirche in Donij Humac zum Einsingen, bevor sie in Ivo’s Restaurant auftreten.
"Wir singen A capella, ohne Instrumente. Nur für den ersten Ton haben wir nur das hier, eine Melodica. In ganz Kroatien gibt es rund 300 Klapa-Gesangsvereine. Wir liegen also im Trend. Es gibt sie für Männer und auch für Frauen. Traditionell sind es aber Männergesangsvereine. Unsere Klapa heißt Morbin. Das bedeutet Freude, Spaß am Singen. Klapa Morbin besteht nur aus Männern. Diese Gesangsvereine sind vor vielen Jahrhunderten in Kirchen entstanden, es waren Kirchenchöre. Später sang man bei Zusammenkünften. Die Themen Liebe und Arbeit kamen hinzu, das harte Leben hier. Die Männer haben gesungen, alleine, zu zweit, zu dritt. So entstanden die Klapa."
Jakov, 1. Tenor, Milan und Nikola, 2. Tenor, David und Toni, Bariton, Bernard und Mate, 1. Bass und Jaksa, 2. Bass, kennen sich seit ihrer Jugendzeit. Seit vier Jahren treten sie gemeinsam auf:
"Wir haben vorher in alten, teilweise gemischten Formationen gesungen, mit Frauen, und älteren Männern. Dann entschieden wir uns, eine eigene Klapa zu gründen, nur mit Männern, so wie es die Tradition ist. Wir sind alle von einer Generation, Anfang bis Mitte der 80er Jahre geboren, und wollten das professioneller machen. Auch, damit wir etwas verdienen damit. So entstand Morbin. Es war eine Menge Arbeit, aber wir hatten auch Erfolg. Vor zwei Jahren haben wir beim Internationalen Wettbewerb für Gesangsvereine in Verona mitgemacht. In der Arena. Dort haben wir den zweiten Platz belegt."
Im Winter treffen sie sich zweimal die Woche zur Probe. Zur Hochsaison zwischen Mitte Juni und Ende August singen sie dann fast jeden Abend: in Restaurants, in Hotels, auf den zahlreichen Festen der Städte und Dörfer und manchmal auf Festivals.
Das reicht noch lange nicht zum Leben und so jobben die Männer als Hafenarbeiter, Briefträger, Verkäufer und Helfer bei der Wein- oder Olivenernte. Auch im Steinbruch hat der eine oder andere gearbeitet. Aber nicht lange. Zu anstrengend, lautet das einstimmige Urteil. Anstrengend war das Leben immer auf Brac. Das bestätigt auch Wirt Ivo. Als er klein war, war das ein: "Ganz hartes Leben. Wenn Sie denken: Wie schwer Leben war, auf der Insel waren doppelt so viel Leute wie heute."
Viele gingen nach Deutschland
Die Menschen wollten nicht bleiben. Mitte des 20. Jahrhunderts verließ die Hälfte der damals 25.000 Einwohner die Insel. Viele gingen als Gastarbeiter nach Deutschland, auch Ivo, der als Kellner und Koch in der Nähe von Augsburg arbeitete. Denn auf Brac war das Leben eine Plackerei. Schuld daran hatten vor allem die vielen Steine.
"Die Leute haben früher viel vom Land gelebt. Hier haben sie Trauben, Oliven gepflanzt. Die Mauern, das haben die gesammelt, Steine, kleine Steine, das die Erde bleibt, und das kann man was pflanzen. Weil hier ist wie sie sehen, viel Stein, viel Stein. Die Leute haben sehr viel Zeit gebraucht, dass sie überhaupt ein bisschen Erde gekriegt haben. Jeden Tag mussten die Menschen Steine aus den Feldern sammeln. So viele gab es, dass nicht nur die Mauern um die Anbauflächen davon errichtet wurden. Sogar mitten in den Feldern wurden Steinhaufen aufgeschichtet. "Auf kroatisch diese Steinhaufen heißen Gemille."
Doch mit dem technischen Wandel änderte sich die Arbeitswelt der Bauern und Steinbrecher. Inzwischen wird die schwere Arbeit von Maschinen erledigt:
"Heute ist unsere erste Wirtschaft von Stein-Fabriken, Steinbrüche, Steinmetze. Von diesen Steinen wird alles gebaut. Es gibt eine sehr bekannte Sache: Von diesen Sachen ist das Weiße Haus in Washington gebaut, das Theater von Sidney, weil das ist auch weltbekannt. Und viele Sachen von hier. Der Stein weggegangen in andere Länder."
Die Menschen auf der Insel leben also weiter von der Steinmetzkunst, ein bisschen Ackerbau und der Schafzucht. Und auch vom Tourismus, obwohl die Saison kurz ist.
Manche Besucher kommen zu Ivo, zum Lammessen. Einige mehr hören die berührenden und stimmungsvollen Gesänge der Klapa Morbin, bei Ivo, in anderen Lokalen und auf den Festen im Sommer. Im Winter werden die Männer wieder proben und alte Lieder ins neue Repertoire aufnehmen. Sie handeln von der Liebe, der harten Arbeit - und vom Weißen Stein von Brac.