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Brauer auf den Barrikaden

Dem für Verbraucherfragen zuständigen EU-Kommissar Marcos Kyprianou ist der Alkoholkonsum der Europäer ein Dorn im Auge. Er will die Verbraucher in Zukunft vor den schädlichen Nebenwirkungen warnen - mit Warnhinweisen auf der Flasche, ähnlich der auf Zigarettenpackungen. Und auch die Werbung soll eingeschränkt werden.

Von Ruth Reichstein |
    Die Brauerei Cantillon in der belgischen Hauptstadt Brüssel. Seit Jahrzehnten existiert die kleine Familien-Brauerei, die das für Brüssel typische Geuze, ein obergäriges Bier, produziert. Jean-Pierre van Roi ist Seniorchef des Betriebs. Er ärgert sich immer wieder über die Vorgaben, die die Europäische Kommission beschließt. Vor ein paar Monaten musste seine gesamte Bierproduktion umgestellt werden, um den Hygienevorschriften der EU zu entsprechen. Jetzt sollen Warnhinweise auf sein Bier. Jean-Pierre van Roi sieht das mit gemischten Gefühlen:

    "Ich könnte mich schon damit anfreunden, dass man den Alkoholgehalt des Bieres deutlich sichtbar auf die Flaschen schreibt. Aber man sollte das eben auch nicht übertreiben - so wie man es bei den Zigaretten gemacht hat. Ein Totenkopf auf einer Bierflasche, das wäre fürchterlich. Auch der Hinweis, dass Bier Krankheiten auslöst, das wäre völliger Quatsch."

    Jean-Pierre van Roi steht nicht alleine da mit seiner Kritik am Vorschlag der Europäischen Kommission. Der deutsche Brauereiverband lehnt es vehement ab, Warnhinweise auf Bierflaschen anzubringen. Der Geschäftsführer des Verbandes, Peter Hahn, bezeichnet die Kommissionsmitarbeiter als Genussskeptiker. Jeder Verbraucher sollte selbst wissen, was gut für ihn ist und was nicht. Unterstützung bekommen sie auch aus dem Europäischen Parlament. Der FDP-Abgeordnete Holger Krahmer spricht davon, dass der Vorschlag die Freiheiten des einzelnen Bürgers einschränken würde. Und auch die Landesregierungen von Bayern und Sachsen haben bereits Widerstand angekündigt. Ulrich Reinhard Beyer von der Landesvertretung Sachsen bei der EU in Brüssel:

    "Es gibt Experten, die sagen, die Zigarette schadet ab der ersten, während beim Alkohol wohl eher der Missbrauch. Uns geht es um die Frage: Wird die EU in ihrer Akzeptanz bei der Bevölkerung wirklich Bonuspunkte sammeln, wenn sie meint, sich in alles einmischen zu müssen? Zumindest in Bayern ist Bier ein Nahrungsmittel, kein Alkohol. Sachsen hat viele Brauereien, andere Länder auch. Da muss man schon gucken: Ist das angemessen, passt es in die politische Landschaft, in die Großwetterlage und bringt es einen Mehrwert. Und nach allem, was wir bisher gehört haben, sagen wir Nein."

    Noch sind keine Details des Kommissionsvorschlags bekannt. Der für Verbraucherfragen zuständige Kommissar Markos Kyprianou will sie Anfang Oktober veröffentlichen. Klar ist aber schon jetzt: Die Werbung für alkoholische Getränke soll eingeschränkt werden, Warnhinweise sollen auf die Flaschen, und wahrscheinlich dürften auch die Steuern auf Hochprozentiges erhöht werden. Die deutschen Brauer befürchten finanzielle Einbußen und den Verlust von Arbeitsplätzen. Der belgische Braumeister Jean-Pierre van Roi hat bereits Erfahrungen mit Warnhinweisen auf der Flasche gemacht:

    "Wir haben spezielle Etiketten für unsere Kunden in den USA. Da steht schon jetzt drauf, dass alkoholische Getränke zum Beispiel nicht für schwangere Frauen geeignet sind. Die sind aber sehr diskret. Bisher hat das für uns keine negativen Auswirkungen auf den Verkauf."

    Also: Warnhinweise ja, aber bitte klein und unauffällig, meint van Roi. Und die Landesregierung Sachsen will sich eher für nationale Regelungen einsetzen. Ulrich Reinhard Beyer vom EU-Verbindungsbüro:

    "Wenn man sich die nordischen Länder anschaut, die gegen Alkohol, Norwegen, Schweden und so weiter., immer mehr Steuern erhoben, immer mehr Restriktionen mit dem Thema Alkohol verbunden haben, ich glaube, da gehen die Italiener, Spanier, Franzosen mit dem Thema ein bisschen relaxter um. Man kann nicht alles über eine Leiste scheren."