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Breitband-Ausbau
Schnelles Internet durch die Abwasserleitung

Wie kommt das schnelle Internet aufs Land? Darüber streiten Politiker und Internet-Unternehmen seit Jahren. Ging man bisher vor allem davon aus, dass die Glasfaser-Kabel neu im Boden verlegt werden müssen, prüft die Große Koalition jetzt die Verlegung von Breitbandkabel in Fernwärme- und Abwassernetzen.

Von Dieter Nürnberger | 09.07.2014
    Im Vordergrund ein Router für das Internet, im Hintergrund Kühe auf einer Weide, aufgenommen bei Bücheloh. Der Ausbau der Breitbandversorgung auf dem Land läuft nur schleppend. Schnelles Internet ist oft nur in Ballungsgebieten verfügbar.
    Der Ausbau der Breitbandversorgung auf dem Land läuft nur schleppend. (picture alliance / dpa / Michael Reichel)
    Natürlich ist der Breitband-Kabelausbau für eine moderne Infrastruktur in Deutschland unabdingbar. Das ist sozusagen das Rückgrat für die digitale Zukunft, ohne die es im Bereich der Kommunikation kaum möglich sein wird, Anschluss an globale Entwicklungen zu halten. Und die Grundidee in Deutschland ist es, hier auch schon eine vorhandene Infrastruktur beim Ausbau mit zu nutzen. Das ist auch die Absicht der großen Koalition in Berlin. Die Fraktionen von CDU und SPD haben in der vergangenen Woche vorgeschlagen, hier vor allem die Abwassernetze ins Visier zu nehmen - und auch einen zwangsweisen Zugang zur Verlegung in diese vorhandene Infrastruktur anzustreben.

    Und das sorgt nun für Kritik. So bezeichnet der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft, BDEW, dieses Ansinnen als unüberlegten Schnellschuss, der bislang zumindest die Kriterien Sicherheit, Gesundheit und Hygiene ausklammere oder eben nicht genügend berücksichtige. Martin Weyand ist Hauptgeschäftsführer beim BDEW:
    "Wir kriegen Probleme mit der Reinigung der Kanalnetze. Sie können nicht im ursprünglichen Umfang gereinigt werden. Wir haben Problem, dass Netze aus den Halterungen gerissen werden, beispielsweise durch Starkregen. Wir haben Einflüsse durch Korrosion. Das führt zu einer Schädigung von Kabelnetzen. Deswegen wird es schwierig sein, eine zweifelsfreie Verlegung und auch einen sicheren Betrieb in allen Variationen sicherzustellen."
    Modellprojekte - Glasfasernetze in die Abwassersysteme zu integrieren - laufen schon länger, vor allem in städtischen Gebieten. Und der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft zeigte denn heute auch Bilder verrosteter, brachliegender Glasfasernetze in den Abwasserkanälen. Das Hauptproblem sei, dass beispielsweise bei Starkregen doch eine erhebliche Gefahr für die oft freiliegenden Kabel bestehe. Hinzukomme, dass bei notwendigen Wartungen das Breitbandnetz natürlich auch gar nicht abgeschaltet werden könne.
    Der BDEW steht da auch nicht allein mit seiner Kritik. Auch der Verband kommunaler Unternehmen, der VKU, lehnt in diesem Zusammenhang eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitnutzung der vorhandenen Infrastrukturen ab. Das würde tief in die Eigentumsrechte der Netzbetreiber eingreifen.
    Auf der anderen Seite gibt es natürlich auch die Befürworter einer solchen Idee: Das ist zuallererst die Wirtschaft und teils auch Umweltverbände, die die Mitnutzung vorhandener Infrastrukturen natürlich erst einmal bestechend finden.
    "Breitbanderschließung soll kostengünstiger gemacht werden"
    Der BDEW plädiert nun dafür, auch Alternativen zu testen. Die müssten auch gar nicht prinzipiell teurer sein, sagt Hauptgeschäftsführer Martin Weyand.
    "Es gibt natürlich Möglichkeiten der Mitverlegung in Schächten, die auch für andere Medien zur Verfügung gestellt werden - wenn es entsprechende Baumaßnahmen gibt. Es gibt auch die Möglichkeit in Leerrohren, Glasfaserkabel zu integrieren. Das findet in der Regel aber außerhalb des eigentlichen Kanalnetzes statt. Und natürlich muss man sich die Frage stellen, ob nicht andere Verfahren - eine oberirdische Verlegung durch neuartige Verlegungsmethoden, etwa in den Bürgersteigen beispielsweise - in der Lage sind, die Breitbanderschließung wesentlich kostengünstiger zu gewährleisten."
    Das Thema wird natürlich weiterdiskutiert werden, aber - so kurz vor der parlamentarischen Sommerpause hier in Berlin - brannte dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft auch noch ein anderes Thema unter den Nägeln. Es geht um weiterhin zunehmende Nitratbelastungen im Grundwasser. Vielerorts würden hier inzwischen wieder gravierende - gegen festgelegte Belastungshöchstgrenzen verstoßende - Werte erreicht. Noch einmal BDEW-Hauptgeschäftsführer Martin Weiand.
    "Das führt dazu, dass wir erhöhte Nährstoffeinträge durch Gülle oder Gärreste haben. Das führt letztendlich dazu, dass die Nitratbelastung im Grundwasser, nicht im Trinkwasser, gestiegen ist. Das bedeutet aber, dass wir die vorgegebenen EU-Grenzwerte von 50 Milligramm pro Liter in vielen Gebieten Deutschlands übertreffen. Sie werden nicht eingehalten. Und wir können das nur durch sehr aufwendige Maßnahmen oder teilweise Stilllegungen von Brunnen kompensieren. Deswegen brauchen wir hier eine Trendumkehr."
    Diese Trendumkehr könnte durch eine Verschärfung der Düngemittelverordnung erreicht werden. Analog zu einer EU-Vorgabe. Bisher aber gab es hier vor allem durch die Initiative einzelner Landesregierungen immer wieder erreichte Ausnahmeregelungen.