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Bremen
Wohnen im Luftschutzbunker

In Bremen wurden während des Zweiten Weltkriegs zahlreiche Luftschutzbunker gebaut - die Stadt galt wegen ihres Hafens als "Luftschutzort erster Ordnung". Viele von ihnen stehen heute noch. Sie wurden zu Lager- und Übungsräumen umfunktioniert - oder zu Wohnungen.

Von Franziska Rattei | 08.12.2014
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    Die Bunker der Stadt Bremen - hier der Bunker Valentin. (Deutschlandradio - Franziska Rattei )
    Der moderne Aufzug fährt in den zweiten Stock. Innen ist er mit Fotografien ausgekleidet. Eine Aufschrift aus dem Treppenhaus von früher: "Das Stehenbleiben auf den Treppen und in der Gasschleuse ist verboten." Daneben Bilder vom Umbau: aus den Bunkerwänden ausgeschnittene Betonklötze, Kräne, die sie auf Lkws verladen. Ein Protest-Plakat im Fenster eines Nachbarhauses: "Bunker bewohnen = extrem pietätlos". Jutta Zacharias-Schwerdtfeger und ihr Mann Gerhard zogen trotzdem ein vor drei Jahren.
    Ihr Zuhause im Bunker ist eine Luxus-Wohnung. In der glänzend-schicken Küche mit Kochinsel und offenem Essbereich steht ein Kaffeevollautomat - ein perfekter Latte Macchiato auf Knopfdruck. Die beiden Rentner nehmen an einem massiven Holztisch in schwarzen Ledersesseln Platz:
    "Wir hatten schon durchaus Freunde - das war Helmut und Gisela - die gesagt haben: Na, ob wir euch dann im Bunker besuchen? Da haben wir so schlechte Erinnerungen. Das hat sich dann gelegt, und inzwischen ist das selbstverständlich. Aber natürlich gab es solche Bedenken im Umfeld von uns."
    Inzwischen hat das Ehepaar Zacharias regelmäßig Gäste. In der Wohnung ist die Vergangenheit des Gebäudes kaum wahrnehmbar. Die dicken Betonwände, die übrigens wenig gegen Temperatur oder Lärm isolieren, sind von innen gedämmt, die Trockenbauwände sind weiß gestrichen. Der Esstisch steht vor einer großen Glasfront, daneben geht es auf den überdachten Balkon.
    Bewohner haben die Wohnung mitentworfen
    Eine Loggia Richtung Süden; mit Blick auf Nachbargärten und Häuser-Rückseiten. Man sitzt geschützt im Trockenen. Die Außenwände erzählen noch die Geschichte des Umbaus - im Beton ist damals ein kreisförmiges Muster entstanden.
    "Hier sieht man eben auch noch schön diese Schnitte durch ein Meter zehn Bunkerwand. Aber das haben wir mit Absicht so gelassen. Weil sieht, finde ich, schön aus."
    "Da sieht man sehr deutlich, dass man hier dreimal, oder viermal, durchgebohrt hat, um das dann in Segmenten rauszuschneiden."
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    Eingang zu einem Bremer Bunker. (Deutschlandradio - Franziska Rattei )
    Jutta Zacharias-Schwerdtfeger und ihr Mann haben ihre Wohnung mitentworfen. Die wertvollen Möbel aus dem alten Haus haben sie mitgenommen, die neuen Räume zum Teil um sie herum geplant. Weil der Bunker keine tragenden Wände im Innern hatte, war das möglich. Und alle anderen Wünsche - Barrierefreiheit fürs Alter, spezielle Heizkörper, besondere Elektrik - wurden auch von den Architekten berücksichtigt. So hatten es sich Rainer Mielke und sein Partner Claus Freudenberg vorgestellt:
    "Das Wichtigste bei der Entwicklung der Wohnungen für uns ist, dass sie nicht aussehen wie Bunker-Wohnungen. Und das muss auch so sein. Weil wenn das aussehen würde wie ein Bunker, könnte ich das bestimmt nicht verkaufen oder würde ich das auch nicht verkaufen wollen."
    Ein knappes Dutzend Bunker-Projekte hat das Architekten-Team Mielke/Freudenberg schon durchgeführt. Die Idee zum Bunker-Umbau hatte Rainer Mielke vor etwa 20 Jahren. Nachdem er nach Bremen umgezogen war, kam er täglich an einem Bunker in bester Wohnlage vorbei. Fünf Jahre lang musste er mit dem "Bundesvermögensamt" um den Bunker kämpfen.
    "Das heißt: Das Bundesvermögensamt hatte eine Abteilung, und bei dieser Abteilung habe ich dann vorgesprochen, hab vorher ne schöne Zeichnung gemacht und hab gesagt: hallo, ich hätte gern den Deckel von dem Bunker gepachtet und ein Stückchen vom Vorgarten, damit ich da ne Treppe bauen kann oder ein Treppenhaus und obendrauf meine Wohnung. Und dann haben mich die Leute, die da saßen, angeguckt, als ob ich nicht ganz klar bin. Da hatten die noch nie von gehört und haben gesagt: Das ist alles völlig unmöglich. Sollte ich mir aus dem Kopf schlagen. Geht nicht."
    Es ging dann doch. Am Ende durfte Mielke den Bunker kaufen und zusätzlich zu seiner Dachgeschosswohnung auf dem Bunker, baute er später auch noch eine Wohnung in den Bunker. Zurzeit arbeitet das Architekten-Team an einem Bunker in Hamburg. 12 Eigentumswohnungen und ein Penthouse sind beinahe bezugsfertig. "Günstig" war das nicht, sagt Mielke. Die Zeiten, als Bunker preiswert waren, sind vorbei. Aber ihr Potenzial ist noch lange nicht erschöpft. Wenn er eine Genehmigung bekäme, würde der Architekt gern ein Hochhaus auf einen Bunker setzen. Es sollte ganz leicht aussehen. Als Gegengewicht zur schweren Vergangenheit der Gebäude.