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Brennstoffzelle liefert Strom für ein Schwimmbad

Ingenieurwissenschaften. - Im baden-württembergischen Mingolsheim nahmen Wissenschaftler am Dienstag eine der leistungsstärksten Brennstoffzellen Deutsachlands in Betrieb. Sie soll die Praxistauglichkeit der neuen Technologie beweisen. Eine Brennstoffzelle basiert auf einer simplen chemischen Reaktion: Wasserstoff und Sauerstoff verbinden sich zu Wasser, die dabei frei werdende Energie lässt sich zu etwa gleichen Teilen als Strom und als Wärme nutzen. Der Vorteil: Es entstehen praktisch keine Schadstoffe wie Stickoxide und Kohlenmonoxid. Füttert man die Brennstoffzelle dann sogar mit regenerativ gewonnenem Wasserstoff, so entsteht auch kein Treibhausgas CO2 - eine perfekte Ökobilanz. Doch ganz so weit ist die Technologie noch nicht.

    Von Frank Grotelüschen

    Er wirkt wenig wie hingestellt und nicht wieder abgeholt: Vor dem Schwimmbad im badischen Kleinstädtchen Mingolsheim steht ein schmuckloser Container, wie er zu Tausenden über die Autobahnen rollt.

    Erst als Christian Ahrens eine massive Seitentür aufmacht, offenbart der Kasten sein hochtechnisiertes Innenleben: Dicht an dicht drängen sich Rohrleitungen, Druckbehälter und Sicherungskästen; gelbe Aufkleber warnen vor Hochspannung. Und als Ahrens einen Knopf drückt, lässt ein Lüfter sein kraftvolles Rauschen ertönen.

    Im Container steckt eine stationäre Brennstoffzelle der neusten Generation. Sie liefert 250 Kilowatt an Strom und versorgt das Schwimmbad mit Wärme. Ahrens, Ingenieur beim Maschinenbauer Alstom, zeigt, was so alles im Container steckt.

    Wir haben in der Anlage einen eigenen Gaskompressor installiert - im Prinzip ein normaler Elektromotor, drei Kolben. Wir gehen weiter und schauen uns den weiteren Prozessverlauf an. Das komprimierte Erdgas wird entschwefelt.

    Das Erdgas, von dem Ahrens spricht, ist der Eingangsstoff - nicht Wasserstoff. Zurzeit nämlich ist es viel billiger, Erdgas über das normale Leitungsnetz zu beziehen und an Bord der Brennstoffzelle in Wasserstoff umzuwandeln - der Fachmann spricht von reformieren - als den Wasserstoff in Spezialtanks anzuliefern.

    Ingenieur Ahrens öffnet eine weitere Klappe des Containers. Dahinter verbirgt sich das Herz der Anlage: ein Gestell, in dem Dutzende von Zylindern liegen, jeder von ihnen zusammengesetzt aus Hunderten von Einzelsegmenten.

    Wir sehen jetzt den Brennstoffzellenstapel an sich. Der ist ungefähr 2 Meter lang. Eine Brennstoffzelle an sich hat ungefähr eine elektrische Spannung von weniger als ein Volt. Die sind in Reihe geschaltet und ergeben zusammen unsere Spannung, die notwendig ist, um diese 250 Kilowatt dem Netz zur Verfügung stellen zu können.

    In den Zellen trifft der Wasserstoff auf Sauerstoff. An einer Spezialfolie spalten sich Wasserstoffmoleküle in Ionen auf. Dabei werden Elektronen frei; sie fließen ab und bilden den elektrischen Strom. Die Ionen wiederum wandern durch die Folie und vereinen sich mit dem Sauerstoff zu Wasser. Die dabei entstehende Wärme wird zum Heizen des Schwimmbads genutzt.

    Die Brennstoffzelle von Mingolsheim zählt zu den leistungsstärksten in Deutschland. Sie fungiert als Feldversuchsanlage, betrieben von der EnBW. Der baden-württembergische Energieversorger verspricht sich einiges von der Brennstoffzelle.

    Zum einen ist es so, dass der elektrische Wirkungsgrad von Brennstoffzellen höher ist. Zum anderen ist es aber auch so, dass die Blockheizkraftwerke in Hinblick auf Emissionen deutlich ungünstiger sind als die Brennstoffzelle,

    sagt EnBW-Forschungsleiter Wolfram Münch. Technologisch sind die stationären Brennstoffzellen mittlerweile recht weit, aber:

    Die Anlagen sind noch deutlich zu teuer!

    Eine Brennstoffzelle wäre nach heutigem Stand der Technik fünf bis zehn Mal teuerer als ein Erdgasbrenner.

    Es ist ja so, dass die Technologie deshalb so teuer ist, weil die eingesetzten Materialien noch recht empfindlich sind. In der Forschung kann noch viel geleistet werden. In der Materialentwicklung sehe ich das größte Potenzial, um die Kosten zu senken.

    In fünf Jahren, schätzt Münch, könnte es die ersten stationären Brennstoffzellen zu kaufen geben. Anlagen der 250-kW-Klasse könnten öffentliche Einrichtungen mit Wärme und Strom versorgen, kleinere Geräte mit einem Kilowatt Leistung sollen sich in privaten Heizungskellern wiederfinden. Mit einer erneuerbaren Energie haben diese Anlagen allerdings nichts zu tun. Schließlich verbrennen sie Erdgas und entlassen genauso viel CO2 in die Atmosphäre wie eine Gasheizung. Besser wäre es natürlich, regenerativ gewonnen Wasserstoff zu verwenden. Münch gibt aber zu bedenken:

    Es ist halt die Frage, wer das bezahlen soll. Aus technischer Sicht würde sich die Brennstoffzellentechnologie wesentlich einfacher tun, wenn man heute schon diesen regenerativ erzeugten Wasserstoff zur Verfügung hätte und nicht erst Erdgas. Aber derzeit ist es halt so, dass die Wasserstofferzeugung eben noch sehr, sehr teuer ist."