Archiv

Brennstoffzellen-Versuch
Mit Gasturbine zu Wirkungsgraden von über 60 Prozent

Energietechnik. - Im neuen Labor des Instituts für Verbrennungstechnik im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) wird ein Hybridkraftwerk aus einer Brennstoffzelle und einer Gasturbine aufgebaut. Es soll die Energieausbeute auf mehr als 60 Prozent steigern.

Von Sönke Gäthke |
    Die Reform des EEG sorgt für Diskussionen.
    Bis umweltfreundliche Energieerzeuger die Großkraftwerke ablösen, wird es noch etwas dauern. (dpa / picture-alliance / Julian Stratenschulte)
    "Das ist quasi unser neues, noch im Aufbau befindliches Labor, wo wir auch planen, dass wir das real gekoppelte Hybridkraftwerk aufbauen."
    Andreas Huber, Gasturbinenexperte vom DLR-Institut für Verbrennungstechnik in Stuttgart tritt in einen fast leeren Raum: heller Boden, helle Wände, viele Fenster – und in der Mitte ein fast quadratischer Block mit vielen Röhren und Kästen: eine Gasturbine. Eine winzige Gasturbine mit gerade einmal drei Kilowatt Leistung.
    "Und auf dieser kleinen Gasturbine werden wir das erste, real gekoppelte Hybridkraftwerk aufsetzen."
    Hybrid bedeutet: die Forscher wollen die etwa kühlschrankgroße Gasturbine mit einer zweiten, viel größeren Stromquelle koppeln: einer Hochtemperatur-Brennstoffzelle, abgekürzt SOFC – mit 30 Kilowatt Leistung.
    "Die SOFC, das SOFC-System werden wir dort aufbauen",
    sagt Caroline Willich, die Brennstoffzellen-Expertin im Team, und deutet auf einen noch leeren Platz im Raum
    "Dass heißt also, wir haben zunächst zwei separate Aufbauten, die wir dann separat auch charakterisieren, bevor wir sie dann auch zusammenschalten hier im Labor."
    Und dann, so die Wissenschaftler, werden sich Gasturbine und Brennstoffzelle ideal ergänzen. Der Grund ist, so Andreas Huber,
    "dass die SOFC, um einen hohen, elektrischen Wirkungsgrad zu erreichen, eben mit einem Brennstoff-Überschuss fährt, dass heißt also, nach der SOFC ist Brennstoff über, und dieser übrig gebliebene Brennstoff wird in der Mikrogasturbine auch noch mal in der Brennkammer quasi nachverbrannt, um eben auch, speziell für die Mikrogasturbine, die ideale Turbineneintrittstemperatur zu erreichen."
    Die kleine Gasturbine fungiert also wie eine Art Nachbrenner der Brennstoffzelle. Mit der zusätzlich gewonnen Leistung treibt sie einen Generator und nebenbei einen Verdichter an. Und der presst die Luft vorne mit erhöhtem Druck in die Brennstoffzelle – wie eine Abgasturbine.
    Caroline Willich: "Das hat auch den Vorteil, dass wir dadurch eine höhere Leistung bei unserer SOFC bekommen."
    Insgesamt erreicht das Kombi-Kraftwerks dadurch einen Wirkungsgrad von über 60 Prozent, größere Anlagen könnten sogar 70 erreichen, sind die Forscher überzeugt. Das beste, konventionelle Kraftwerk wandelt nur 60 Prozent der chemischen Primärenergie in Strom um. Ein weiterer Vorteil ist der flexible Brennstoff-Einsatz: Das Stuttgarter Hybridkraftwerk kann praktisch alles verfeuern: Wasserstoff, Erdgas, Benzin, Diesel oder Biogas. Und das ohne Kohlenmonoxid, Ruß oder unverbrannte Kohlenwasserstoffe in die Atmosphäre zu blasen.
    Andreas Huber: "Also kein Vergleich zum Kohlekraftwerk, auch kein Vergleich zum Blockheizkraftwerk, was auf Motorbasis eben basiert."
    Sauberkeit und Effizienz, das sind die Stärken der neuen Technik, schwärmt Andreas Huber.
    "Wenn Sie so wollen, ist das eigentlich die eierlegende Wollmilchsau im Kraftwerksbereich. Aber wie Sie sehen, wir sind hier noch im DLR in der Forschung mit drin. Also das heißt, so einfach ist die Kopplung denn doch auch wieder nicht."
    Zum einen sind Hochtemperatur-Brennstoffzellen – die SOFCs- noch nie unter hohem Druck betrieben worden. Deshalb wollen sich die Forscher auch zunächst vorsichtig an den richtigen Druck herantasten.
    Caroline Willich: "Weil eben, die SOFC ist eine keramische Brennstoffzelle, das heißt, es ist ein sprödes Material, und wenn wir zum Beispiel plötzliche Druckänderungen von der Gasturbine auf unsere SOFC kriegen, dann kann das die beschädigen."
    Zum anderen muss auf der Gasturbinenseite zum Beispiel die Brennkammer den neuen Aufgaben angepasst werden. Und besonders gründlich muss die Verbindung zwischen den beiden Stromerzeugern ausgelegt werden. Vor dem ersten gemeinsamen Testlauf in etwa zwei Jahren, wollen die Stuttgarter Forscher die Komponenten daher zunächst einzeln auf Herz und Nieren überprüfen.