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Brennstoffzellenautos
Hype oder Investition in die Zukunft?

Brennstoffzellenautos fahren emissionsfrei fast 600 Kilometer weit. Damit sind sie umweltfreundlich, haben aber im Gegensatz zu batteriebetriebenen E-Autos eine viel größere Reichweite. Der entschiedene Nachteil: Mit 80.000 Euro für eine Kompaktklasse sind sie richtig teuer. Ein unverkäuflicher Ladenhüter?

Von Silke Hahne | 15.09.2017
    Mitarbeiter von Toyota Motor in einem Toyota Mirai "fuel cell vehicle", kurz FCV 2015 in Aichi in Japan,
    Toyota produziert eines der wenigen Brennstoffzellenauto-Modelle (dpa / Jiji Press / Toru Kawata)
    Der Elektromotor des wasserstoffbetriebenen Hyundai-Autos in der Testhalle der IAA startet sehr leise. Und leise surrt er dann auch bei der Fahrt, selbst als der Fahrer auf mehr als 50 km/h beschleunigt.
    Die Beschleunigung ist ruckelfrei, wie bei batteriebetriebenen E-Autos auch. Doch die Brennstoffzelle hat einen Vorteil gegenüber der Batterie: Das Auto hat eine höhere Reichweite. Fast 600 Kilometer weit kommt man angeblich mit dem Hyundai.
    Einfaches betanken in drei bis fünf Minuten
    Wie das Tanken funktioniert, wenn dann doch mal Schluss ist, kann man draußen beobachten, vor der Halle von Mercedes. Ein Mitarbeiter des Wasserstoff-Tankstellen-Betreibers H2 Mobility zeigt, wie es geht.
    "Die Abdeckung von dem Tankstutzen entfernen und dann kann's eigentlich schon ans Befüllen gehen. Und nach drei bis fünf Minuten ist dann die Betankung schon zu Ende und man kann weiter fahren."
    Nur 30 Wasserstoff-Tankstellen
    Ob man Sprit oder Wasserstoff tankt, ist heute also kaum noch ein Unterschied. Nur gibt es für den gasförmigen Antriebsstoff weit weniger Anlaufstellen. Laut H2 Mobility, woran unter anderem Daimler und Shell beteiligt sind, gibt es bundesweit momentan gerade einmal 30 Wasserstoff-Tankstellen.
    Wohin im Auto das Gas aus der Tanksäule strömt, kann man in der Mercedes-Ausstellungshalle sehen. Hier zeigt der Stuttgarter Autobauer das einzig neue Wasserstoff-Modell auf der IAA, einen SUV. Und zwar steht hier nicht nur das Auto selbst, sondern auch eine Version ohne Karosserie, die das Innenleben freilegt. Der Chefentwickler des Wagens, Michael Kelz, erklärt den Aufbau.
    "Was wir hier sehen sind in der Mitte zwei Tanks - die nehmen gemeinsam zusammen 4,4 Kilogramm Wasserstoff auf. Vorne in dem Fahrzeug sehen wir etwas, das sieht aus, ein bisschen, wie ein Motor. Das Teil, das ist die Brennstoffzelle selbst mit ihren Nebenaggregaten. Und hinten in diesem Fahrzeug sehen wir dort oben die Plug-In-Hybrid-Batterie und unten drunter den Elektromotor, in diesem Fall mit circa 150 Kilowatt, also 200 PS."
    Weltweit bisher nur vier serienreife Brennstoffzellenautos
    Dieses Modell kann also mit Wasserstoff fahren, man kann aber zusätzlich die Batterie an der Steckdose laden. Damit erhöht sich die Zahl der serienreifen Brennstoffzellenautos weltweit auf vier. Drei kann man auf der IAA sehen - nur muss man sie zwischen all den Verbrennern und Batterie-Autos eben fast mit der Lupe suchen. Und das, obwohl schon lange an der Brennstoffzelle geforscht wird.
    "Also man spricht schon seit 30 Jahren über die Brennstoffzelle und bis heute sehen wir, dass das sehr schwierig ist - nach meiner Einschätzung für Pkw nicht mehr umsetzbar ist" - so Ferdinand Dudenhöffer vom Autoforschungszentrum CAR der Universität Duisburg/Essen - "denn die Ladeinfrastruktur ist äußerst aufwendig und teuer. Und die Fahrzeuge selbst: Toyota macht ein Modell, Mirai, kostet um die 80.000 Euro in Golf-Größe. Zusammengefasst: Unverkäuflich."
    "Investition in die Zukunft"
    Dass seine Schöpfung noch nicht kostendeckend produziert werden kann, räumt auch der Mercedes-Entwickler Michael Kelz ein.
    "Selbst eine schwarze Null kann man damit auf keinen Fall erreichen. Also es ist eine Investition definitiv in die Zukunft, aber sie ist gut angelegt, weil das eben auch eine Technologie ist, die wir weiter verfolgen. Also das ist ein ganz klares Statement und das sieht man ja hier - sonst würd's hier auch nicht stehen, ja."
    Dieses Bekenntnis zur Zukunft zieht Ferdinand Dudenhöffer allerdings in Zweifel: "Es ist zur Marktreife zu bringen, aber es sieht so aus, als wär's immer ein Hype: Wenn's einem schlecht geht, und Dieselgate und diese Dinge immer wieder kommen, und CO2 - dann packt man die Brennstoffzelle aus und erzählt die Geschichte von der Zukunft."
    Ausgereiftes aber teures Auto
    Für Busse und Lkw sei die Brennstoffzelle noch interessant - in denen können große Tanks verbaut werden, die eine hohe Reichweite garantieren. Und sie können regelmäßig immer wieder die gleichen Stationen anfahren. Beim Pkw bleibt Dudenhöfer skeptisch, auch weil der weltgrößte Automarkt China mittlerweile auf batteriebetriebene E-Mobilität gepolt ist. Die Regierung in Peking macht keine Anstalten, daneben eine weitere, alternative Antriebsart zu fördern.
    Wer trotzdem an die Brennstoffzelle glaubt, bekommt zwar mittlerweile ein ausgereiftes Auto - das Gas entweicht nicht, die Tanks sind auch bei Unfällen stabil - man muss aber ziemlich tief dafür in die Tasche greifen. Außerdem sollte man sich auf Urlaub in Deutschland oder dem nahen Ausland einstellen, zumindest, wenn man mit dem Auto fahren will. In Skandinavien, den Niederlanden, Österreich und der Schweiz gibt es Wasserstoff-Tankstellen, doch dann wird es dünn.