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Briketts aus Bananenstauden

Umwelt. - Holz ist der Hauptbrennstoff für die Hälfte der Weltbevölkerung. Das Sammeln des Brennholzes ist eine langwierige Angelegenheit - und die Wälder leiden zunehmend unter dieser Nutzung. Englische Forscher schlagen daher vor, Briketts aus Bioabfällen zu verfeuern. Als erstes Rohmaterial benutzen sie Bananenstauden.

Von Volker Mrasek |
    Bequem kochen mit Gas oder elektrischem Strom in den eigenen vier Wänden - das mag Standard sein in den Industrieländern. Doch für viele Menschen sieht die häusliche Energieversorgung auch heute noch ganz anders aus:

    "Die Hälfte der Weltbevölkerung kocht mit Feuerholz - mehr als drei Milliarden Menschen. Das ist ein großes Problem und eine Herausforderung für die Wissenschaft. Könnte man die Nutzung von Brennholz einschränken, hätten wir weniger Entwaldung und geringere Emissionen von klimaschädlichem Kohlendioxid."

    Mike Clifford, Professor für Maschinenbau an der Universität von Nottingham in England. In der Arbeitsgruppe des Hochschullehrers ist jemand, der hat noch andere Zahlen parat: Joel Chaney, Diplomand und angehender Ingenieur:

    "Jahr für Jahr werden 92 Millionen Tonnen Bananen geerntet, in 107 Ländern der Erde, auf einer Fläche von neun Millionen Hektar."

    Auch wenn es erst einmal nicht so scheint: Das eine hat mit dem anderen sehr wohl etwas zu tun. Allenfalls zehn Prozent der Biomasse einer Bananenstaude stecken in den Früchten. Der Rest – Stängel, Blätter und Schalen – ist Ernteabfall, der bisher nicht genutzt wird. Das wollen die englischen Forscher ändern. Sie haben einen Weg gefunden, um aus den Pflanzenresten ohne großen technischen Aufwand Briketts zu produzieren, die Holz als Brennstoff ersetzen könnten. Eine kurze Verfahrensbeschreibung:

    "Industriell werden Briketts unter sehr hohem Druck hergestellt. Bei unserem Verfahren funktioniert das mit einer Handpresse, wie sie jedermann benutzen kann, selbst in einem entlegenen Dorf in Afrika. Zunächst werden die Bananen-Rückstände ein paar Tage lang kompostiert. Dadurch werden die Pflanzenfasern zerstört, und man erhält einen Biomasse-Brei. Diesen Brei füllt man in eine Form, und mit der Handpresse komprimiert man ihn zu Briketts. Die werden dann noch in der Sonne getrocknet. Zwei, drei Leute könnten so jeden Tag den Brennstoff für eine Vielzahl von Familien erzeugen."

    Im Prinzip ist die Technik anwendungsreif. Die Forscher wollen sie aber noch optimieren. Und zum Beispiel untersuchen, in welchem Ofen-Typ die Briketts am saubersten verbrennen. Denn Schadstoffe wie Kohlenmonoxid, Ruß und Feinstaub setzen auch Bananenschalen frei, wenn sie im Kochherd vor sich hinkokeln. Im Rahmen seiner Projektarbeit war Joel Chaney in verschiedenen afrikanischen Ländern. Und ist dort, wie er sagt, auf spontanes Interesse gestoßen:

    "Ich würde gerne noch einmal nach Ghana reisen. Dort habe ich einen Ofen-Hersteller getroffen, der reges Interesse zeigt, eine Brikett-Produktion aufzubauen. Auch in anderen Ländern wird inzwischen über die Nutzung von Biomasse-Briketts nachgedacht. Es gibt Leute in Kenia, in Malawi und in einigen südafrikanischen Staaten. Allerdings befindet sich das alles noch im Anfangsstadium."

    Die Energie-Erneuerer machen dabei nicht nur in Bananen. Es gibt eine Reihe anderer Pflanzenreste, die bereits als Biomasse-Brennstoff getestet werden oder zumindest in Frage kommen. Mike Clifford zählt einige von ihnen auf:

    "Das sind zum Beispiel Maisblätter, Reis-Spelzen und Kokosnussschalen. Aber auch Gras, Stroh, Sägemehl und Seetang."

    Inzwischen existiert ein internationales Netzwerk von Experten, die sich mit Biomasse-Briketts beschäftigen. Die Ingenieure aus Nottingham gehören dazu. Ihre Entwicklungen sehen sie übrigens nicht als Konkurrenz zu Solarkochern, sondern eher als kostengünstige Alternative – in Fällen, in denen ein Kochherd mit Solarzellen zu teuer wäre oder aus anderen Gründen auf Ablehnung stößt. Dann wäre es immer noch klüger, Bananenabfälle zu verfeuern als Brennholz aus gerodeten Naturwäldern.