Friedbert Meurer: Pressehetze, links-grüne Hysterie-Berichterstattung, eine Journalistenmeute, die den Bundespräsidenten wie einen räudigen Fuchs hetzt – das sind keine Zitate aus Hörermails an uns, oder Leserbriefen, die aber teilweise so ähnlich klingen, sondern das sind wörtliche Zitate des FDP-Bundestagsabgeordneten Joachim Günther aus Plauen, der uns Medien jetzt also mit deftigen Worten die Leviten liest. Von Dreistigkeit in der Berichterstattung ist die Rede. – Am Telefon begrüße ich nun den FDP-Bundestagsabgeordneten Joachim Günther. Guten Tag, Herr Günther!
Joachim Günther: Ja, schönen guten Tag!
Meurer: Was hat diesen Furor in Ihnen ausgelöst?
Günther: Ja wissen Sie, Politiker sind manchmal auch wie die Presse: Es gibt Stellen, wo man einmal laut und deutlich das sagt, was sich in einem aufgestaut hat. Und das war eine Situation. Diesen Artikel, den Sie hier nennen, den habe ich Anfang Januar geschrieben, nach einem Gespräch des Bundespräsidenten mit ARD- und ZDF-Journalisten, wo am Abend gesagt wurde, bezahlen sie bei ihren Freunden für eine Übernachtung nicht 150 Euro, die Journalisten würden das auch tun, und das ging mir einfach zu weit. Und da habe ich mal aus meinem Herzen keine Mördergrube gemacht, sondern habe mal das aufgeschrieben, was einen bedrückt. Das muss auch ein Politiker können.
Meurer: Warum schreiben Sie von links-grüner Hysterie-Berichterstattung? Die Presseberichterstattung über Wulff klingt von "FAZ" über "Welt" bis "Bild" nahezu gleich.
Günther: Ja. Inzwischen ist ja auch eine Zeit vergangen, seitdem ich diesen Brief geschrieben habe. Mir geht es aber ja insgesamt in diesem Brief nicht darum, allein den Fall Wulff, wie Sie es sagen, zu bringen, sondern insgesamt unser Land darzustellen. Ich komme in meiner Funktion sehr viel im Ausland herum, und im Ausland schaut man voller Neid auf Deutschland. Und wenn sie im Ausland dann gefragt werden, da fragt man sich selbst, was machen wir falsch. Und ich habe mir – und das werden Sie ja in diesem Brief gelesen haben, den kann jeder auf meiner Web-Seite nachlesen – die Frage gestellt: Bringt es unser Land voran, wenn wir immer das Negative darstellen, wenn wir immer die Fälle darstellen, die irgendwie nach einer Korruptheit oder was anderem klingen, oder wäre es nicht gut, dass wir auch das Positive darstellen.
Meurer: Sollen wir da wegsehen, Herr Günther? Sollen wir da wegsehen?
Günther: Nein, da sollen Sie nicht wegsehen. Das habe ich hier nicht geschrieben. Ich habe geschrieben, wir müssen aber auch das Positive darstellen, und diese Dinge stehen natürlich genauso in diesem Artikel, der von Ihnen oder von den Presseorganen, die es bisher gebracht haben, nicht so dargestellt wurde. Das möchte ich auch weiterhin so tun und ich kann das jetzt auch an Beispielen machen, wo Sie nicht wegsehen. Ich bringe das an einem Beispiel.
Meurer: Bitte!
Günther: Die Presse hat konkret gebracht: Zum Beispiel einen Tag, nachdem die FDP gesagt hat, wir sind im Prinzip nicht für die Finanztransaktionssteuer, war die große Überschrift "FDP torpediert Merkels Zockersteuer". Wenn ich das als Zockersteuer hinstelle, sieht jeder erst einmal das Negative. Wenn ich wirtschaftlich nachfrage, wer ist getroffen von dieser Steuer, kann man darüber diskutieren. Man kann auch insgesamt darüber diskutieren.
Meurer: Das ist doch eine Allerwelts-Schlagzeile, "FDP torpediert Merkels Zockersteuer". Was ist daran so unjournalistisch?
Günther: Unjournalistisch sage ich nicht. Sie können das so darstellen, das ist ja Ihre Freiheit. Aber ich kann ja die Frage genauso anders stellen: Ist das wirklich der wahre Inhalt? Geht es um eine Zockersteuer, oder betrifft diese Steuer nicht mehr oder weniger den kleinen Anleger, wie es aus unserer Sicht der Fall ist? Und wir wollen es in ganz Europa, das wissen Sie ja auch, und eben nicht bloß an einer Stelle, und das ist ein Artikel, der hier drin vorkommt.
Meurer: Wenn Sie sagen, das ist bewusste Irreführung, an diesem Beispiel mit der FDP und der Finanztransaktionssteuer, Herr Günther, unterstellen Sie der Presse, bewusst Leser und Hörer irrezuführen über die FDP-Politik?
Günther: Nein. Nehmen Sie doch konkret dieses Beispiel Finanztransaktionssteuer. Wo lesen Sie einmal ausführlich betrachtet das Beispiel Schweden? Schweden hatte die Finanztransaktionssteuer eingeführt, hat eine drastische Abwanderung im Finanzsektor gehabt, hat das zurückgenommen, die Finanzen kamen danach nicht wieder, sie sind im Ausland geblieben. – Mir geht es bloß darum, dass beide Seiten dargestellt werden.
Meurer: Sie schreiben weiter hinten in Ihrem Brief – ich zitiere jetzt mal, Herr Günther -, "Nun kann man unmoralische und unfähige Journalisten nicht einfach zum Rücktritt auffordern. Wohl aber kann man Zeitungen abbestellen, Radio- und Fernsehsender nicht mehr einschalten." Welche Zeitungen haben Sie abbestellt, welche Radio- und Fernsehprogramme muten Sie sich nicht mehr zu?
Günther: Also ich schaue mir manche Talkshows nicht mehr an, um das mal sehr deutlich zu sagen, aber das muss jeder mit sich selbst ausmachen. Ich habe das ja in den Raum gestellt. Mir geht es ganz einfach darum, dass wir in unserem Land als Erstes wieder mehr Selbstachtung miteinander haben, dass wir miteinander so umgehen, dass wir einen fairen und freien Umgang haben. Wenn uns das gelingt und nicht als Erstes die Sensationslust an der Spitze steht, dann, glaube ich, haben wir einen großen Schritt nach vorne getan.
Meurer: Ist ein Boykott-Aufruf gegen die Medien fair?
Günther: Das ist kein Boykott-Aufruf. Ich habe gesagt, es kann jeder selbst entscheiden, und wenn jeder selbst entscheidet, ob er eine gewisse Sendung anschaut oder nicht anschaut, das ist doch eine freie Meinungsäußerung, genauso wie wenn Sie umgedreht die senden.
Meurer: Ich lese mal den nächsten Satz noch vor. "Ich bin sicher, dann würde sich einiges ändern im medialen Bereich."
Günther: Das ist richtig!
Meurer: Das ist doch eine Aufforderung von Ihnen, Fernseh- und Radioprogramme auszuschalten, auf den Off-Knopf zu drücken.
Günther: Nein. Das ist eine Aufforderung, darüber nachzudenken, so wie Sie es als Fernsehanstalt, als Rundfunkanstalt selbst bringen, weil natürlich Einschaltquoten über Fernsehsendungen maßgeblich entscheiden. Das wissen Sie doch genauso und im Rundfunk ist es doch ähnlich. Und ich habe gesagt, wenn es Sendungen gibt, die zum Beispiel auch die positiven Dinge in den Vordergrund stellen, die mehr angeschaut werden, dann entscheidet der Konsument im Endeffekt mit, welche Sendung er sehen will.
Meurer: Sie haben vor dem Interview gesagt, bei Ihnen läuft sozusagen der E-Mail-Postkasten voll. Wie viel Resonanz haben Sie bekommen?
Günther: Ich habe die nicht gezählt, weil hier knallt es im Hintergrund ja jede Sekunde, wo eine E-Mail kommt. Ich habe einen Teil ausgewertet, also mein Büro hat die ersten 150 etwa überschaut. Ich würde sagen, ungefähr, wenn ich das so grob einschätze, 25 Prozent sind negativ, sie sagen, ich soll nach Russland gehen, da gibt es ähnliche Presseverhältnisse, wie ich sie fordere. Aber 75 Prozent sind positiv, sie beglückwünschen mich, sie sagen, dass ist längst überfällig, sie bedanken sich. Und es gibt sogar kleine Ingenieurbüros, die mir geschrieben haben, dass sie es in ihrer Firma insgesamt begutachtet haben und ganz toll finden, dass einer den Mut hat, auch mal mit der Presse so etwas zu besprechen.
Meurer: Der sächsische FDP-Bundestagsabgeordnete Joachim Günther zu seinem Brief über die Rolle der Medien im Fall Wulff und der FDP, den Joachim Günther an seine Fraktionskollegen geschrieben hat. Danke schön, Herr Günther, und auf Wiederhören.
Günther: Herzlichen Dank! Auf Wiederhören!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Joachim Günther: Ja, schönen guten Tag!
Meurer: Was hat diesen Furor in Ihnen ausgelöst?
Günther: Ja wissen Sie, Politiker sind manchmal auch wie die Presse: Es gibt Stellen, wo man einmal laut und deutlich das sagt, was sich in einem aufgestaut hat. Und das war eine Situation. Diesen Artikel, den Sie hier nennen, den habe ich Anfang Januar geschrieben, nach einem Gespräch des Bundespräsidenten mit ARD- und ZDF-Journalisten, wo am Abend gesagt wurde, bezahlen sie bei ihren Freunden für eine Übernachtung nicht 150 Euro, die Journalisten würden das auch tun, und das ging mir einfach zu weit. Und da habe ich mal aus meinem Herzen keine Mördergrube gemacht, sondern habe mal das aufgeschrieben, was einen bedrückt. Das muss auch ein Politiker können.
Meurer: Warum schreiben Sie von links-grüner Hysterie-Berichterstattung? Die Presseberichterstattung über Wulff klingt von "FAZ" über "Welt" bis "Bild" nahezu gleich.
Günther: Ja. Inzwischen ist ja auch eine Zeit vergangen, seitdem ich diesen Brief geschrieben habe. Mir geht es aber ja insgesamt in diesem Brief nicht darum, allein den Fall Wulff, wie Sie es sagen, zu bringen, sondern insgesamt unser Land darzustellen. Ich komme in meiner Funktion sehr viel im Ausland herum, und im Ausland schaut man voller Neid auf Deutschland. Und wenn sie im Ausland dann gefragt werden, da fragt man sich selbst, was machen wir falsch. Und ich habe mir – und das werden Sie ja in diesem Brief gelesen haben, den kann jeder auf meiner Web-Seite nachlesen – die Frage gestellt: Bringt es unser Land voran, wenn wir immer das Negative darstellen, wenn wir immer die Fälle darstellen, die irgendwie nach einer Korruptheit oder was anderem klingen, oder wäre es nicht gut, dass wir auch das Positive darstellen.
Meurer: Sollen wir da wegsehen, Herr Günther? Sollen wir da wegsehen?
Günther: Nein, da sollen Sie nicht wegsehen. Das habe ich hier nicht geschrieben. Ich habe geschrieben, wir müssen aber auch das Positive darstellen, und diese Dinge stehen natürlich genauso in diesem Artikel, der von Ihnen oder von den Presseorganen, die es bisher gebracht haben, nicht so dargestellt wurde. Das möchte ich auch weiterhin so tun und ich kann das jetzt auch an Beispielen machen, wo Sie nicht wegsehen. Ich bringe das an einem Beispiel.
Meurer: Bitte!
Günther: Die Presse hat konkret gebracht: Zum Beispiel einen Tag, nachdem die FDP gesagt hat, wir sind im Prinzip nicht für die Finanztransaktionssteuer, war die große Überschrift "FDP torpediert Merkels Zockersteuer". Wenn ich das als Zockersteuer hinstelle, sieht jeder erst einmal das Negative. Wenn ich wirtschaftlich nachfrage, wer ist getroffen von dieser Steuer, kann man darüber diskutieren. Man kann auch insgesamt darüber diskutieren.
Meurer: Das ist doch eine Allerwelts-Schlagzeile, "FDP torpediert Merkels Zockersteuer". Was ist daran so unjournalistisch?
Günther: Unjournalistisch sage ich nicht. Sie können das so darstellen, das ist ja Ihre Freiheit. Aber ich kann ja die Frage genauso anders stellen: Ist das wirklich der wahre Inhalt? Geht es um eine Zockersteuer, oder betrifft diese Steuer nicht mehr oder weniger den kleinen Anleger, wie es aus unserer Sicht der Fall ist? Und wir wollen es in ganz Europa, das wissen Sie ja auch, und eben nicht bloß an einer Stelle, und das ist ein Artikel, der hier drin vorkommt.
Meurer: Wenn Sie sagen, das ist bewusste Irreführung, an diesem Beispiel mit der FDP und der Finanztransaktionssteuer, Herr Günther, unterstellen Sie der Presse, bewusst Leser und Hörer irrezuführen über die FDP-Politik?
Günther: Nein. Nehmen Sie doch konkret dieses Beispiel Finanztransaktionssteuer. Wo lesen Sie einmal ausführlich betrachtet das Beispiel Schweden? Schweden hatte die Finanztransaktionssteuer eingeführt, hat eine drastische Abwanderung im Finanzsektor gehabt, hat das zurückgenommen, die Finanzen kamen danach nicht wieder, sie sind im Ausland geblieben. – Mir geht es bloß darum, dass beide Seiten dargestellt werden.
Meurer: Sie schreiben weiter hinten in Ihrem Brief – ich zitiere jetzt mal, Herr Günther -, "Nun kann man unmoralische und unfähige Journalisten nicht einfach zum Rücktritt auffordern. Wohl aber kann man Zeitungen abbestellen, Radio- und Fernsehsender nicht mehr einschalten." Welche Zeitungen haben Sie abbestellt, welche Radio- und Fernsehprogramme muten Sie sich nicht mehr zu?
Günther: Also ich schaue mir manche Talkshows nicht mehr an, um das mal sehr deutlich zu sagen, aber das muss jeder mit sich selbst ausmachen. Ich habe das ja in den Raum gestellt. Mir geht es ganz einfach darum, dass wir in unserem Land als Erstes wieder mehr Selbstachtung miteinander haben, dass wir miteinander so umgehen, dass wir einen fairen und freien Umgang haben. Wenn uns das gelingt und nicht als Erstes die Sensationslust an der Spitze steht, dann, glaube ich, haben wir einen großen Schritt nach vorne getan.
Meurer: Ist ein Boykott-Aufruf gegen die Medien fair?
Günther: Das ist kein Boykott-Aufruf. Ich habe gesagt, es kann jeder selbst entscheiden, und wenn jeder selbst entscheidet, ob er eine gewisse Sendung anschaut oder nicht anschaut, das ist doch eine freie Meinungsäußerung, genauso wie wenn Sie umgedreht die senden.
Meurer: Ich lese mal den nächsten Satz noch vor. "Ich bin sicher, dann würde sich einiges ändern im medialen Bereich."
Günther: Das ist richtig!
Meurer: Das ist doch eine Aufforderung von Ihnen, Fernseh- und Radioprogramme auszuschalten, auf den Off-Knopf zu drücken.
Günther: Nein. Das ist eine Aufforderung, darüber nachzudenken, so wie Sie es als Fernsehanstalt, als Rundfunkanstalt selbst bringen, weil natürlich Einschaltquoten über Fernsehsendungen maßgeblich entscheiden. Das wissen Sie doch genauso und im Rundfunk ist es doch ähnlich. Und ich habe gesagt, wenn es Sendungen gibt, die zum Beispiel auch die positiven Dinge in den Vordergrund stellen, die mehr angeschaut werden, dann entscheidet der Konsument im Endeffekt mit, welche Sendung er sehen will.
Meurer: Sie haben vor dem Interview gesagt, bei Ihnen läuft sozusagen der E-Mail-Postkasten voll. Wie viel Resonanz haben Sie bekommen?
Günther: Ich habe die nicht gezählt, weil hier knallt es im Hintergrund ja jede Sekunde, wo eine E-Mail kommt. Ich habe einen Teil ausgewertet, also mein Büro hat die ersten 150 etwa überschaut. Ich würde sagen, ungefähr, wenn ich das so grob einschätze, 25 Prozent sind negativ, sie sagen, ich soll nach Russland gehen, da gibt es ähnliche Presseverhältnisse, wie ich sie fordere. Aber 75 Prozent sind positiv, sie beglückwünschen mich, sie sagen, dass ist längst überfällig, sie bedanken sich. Und es gibt sogar kleine Ingenieurbüros, die mir geschrieben haben, dass sie es in ihrer Firma insgesamt begutachtet haben und ganz toll finden, dass einer den Mut hat, auch mal mit der Presse so etwas zu besprechen.
Meurer: Der sächsische FDP-Bundestagsabgeordnete Joachim Günther zu seinem Brief über die Rolle der Medien im Fall Wulff und der FDP, den Joachim Günther an seine Fraktionskollegen geschrieben hat. Danke schön, Herr Günther, und auf Wiederhören.
Günther: Herzlichen Dank! Auf Wiederhören!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.