Shakespeares "Troilus und Cressida" ist ein von gegensätzlichstem Material geformter Textbrocken, dem die Theater meist aus dem Wege gehen. Gelegentlich wurde es zum Antikriegsstück geschärft oder versimpelt, öfter aber ausgemalt zum Beispiel dafür, was der Krieg aus den Menschen machen kann. Jan Kott entdeckte in der stets von der Buffonade untergrabenen Tragödie den "großen Streit um Sinn und Preis des Krieges, um Existenz und Preis der Liebe." Er nannte es auch den "Streit um die Existenz einer moralischen Ordnung in einer grausamen und sinnentleerten Welt." Die Berliner Schaubühne hat sich für ihren Versuch mit einem Werk, das die Parodie und Entheroisierung von Homers Trojanischem Krieg mit einer scheiternden Liebesgeschichte verfugt, vom Londoner Royal Court Theatre dessen Hausregisseur James Macdonald geholt.
Doch der Londoner Regisseur tat sich schwer, weil er es sich zu leicht machte. Weder befragt er das Stück noch interpretiert er es. Er stellt es einfach aus. Auf einer nach vorn abfallenden blutroten Stellfläche mit einem runden Bett arrangiert er die Figuren zu wechselnden Tableaus. Über der Szene schwebt der Ortsname Troja, und das Geschehen auf dieser für Troja und das Heerlager der Griechen einheitlichen Bühne wird vor allem durch ein Laufband in Bewegung gehalten. Auf ihm fahren die Helden herein und heraus, lebendig oder tot. Die Inszenierung verbindet englisches "Sprech"-Theater mit deutschem Steh- und Posentheater zu einem altmodisch und provinziell anmutendem untheatralischem Spiel. Da wünscht sich selbst der Kritiker eines oft selbstverliebten Regietheaters etwas von dessen analytischer Schärfe und spielerischem Witz herbei.
Bei James Macdonald kommen die Kämpfer sportlerhaft mit Schienbeinschonern und Schulterpolstern daher. Denker wie Odysseus bevorzugen den dunklen Anzug. Während Kassandra ihre ungehörten Warnungen durchs Megaphon schreit, sind die Männer mit ihrer Kriegsunlust beschäftigt. Kriegsrat bei den Trojanern:
Die Trojaner finden im Ruhm ihr Ziel, den Griechen geht es vor allem um die Macht. Wie hier alte Ehrsucht und neue Machtpolitik von Shakespeare gegeneinander geführt werden, daraus könnte die Regie aktualisierende Funken schlagen. Doch diese Inszenierung pointiert nichts, sondern macht es dem Zuschauer sogar schwer, die einzelnen Figuren auseinander zu halten. Hier wird deutlich, wie schwach das Ensemble der Schaubühne in der Breite ist. Und wie wenig an der Charakterisierung der Figuren gearbeitet wurde. Kaum entwickelt sich Spannung, obwohl die benutzte Übertragung von Michael Wachsmann Frische und Kraft besitzt. Aber es gelingt nicht, die von Shakespeare virtuos ineinander montierten unterschiedlichen Sprachebenen für die Figuren und das Spiel sinnlich zu nutzen.
Wo Shakespeare pathetischen und satirisch-aggressiven Stil gegeneinander setzt, wo der rhetorische Redestil der Griechen gegen einen mehr emotionalen der Trojaner stößt, da hört man in der Schaubühne nur den Gleichklang engagierten Aufsage-Theaters. Schlimmer: es klingt, als ob die Schauspieler nicht so recht wüßten, was sie da zu reden haben. Die Sprache fährt den Schauspielern nicht in die Körper, und deren Sinn nicht in den Ausdruck. So stehen Sinn und Form nebeneinander im offenen Raum. Was man in sich endlos hinziehenden, fast dreieinhalb Stunden sieht, könnte man als Kunsthandwerker-Theater der schlichten Form bezeichnen. Diese Inszenierung besitzt drei äußerliche Einfälle, aber kein grundsätzliches Konzept. Zum einen befriedigen die Männer ihre sexuellen Bedürfnisse an einem Loch in der Wand, aus dem ihnen anschließend eine Papierrolle zur Reinigung entgegen gestreckt wird. Zum anderen wird das Lotterbett der Liebespaare später zur Kampfstätte für Hektor und Ajax, auf der die beiden vom Ringkampf über den Messerkampf zur federwirbelnden Kissenschlacht wechseln. Was aber der Aufführung fehlt, macht der Darsteller des Thersites unfreiwillig deutlich: der bietet als schrille Type, in kurzhosigem, hautengem schwarzen Lack mit vorgebundenem erigierten Penis, nur aufgedreht zappeliges Faxentheater.
Was eigentlich an Sehnsucht und Verzweiflung in dieser Figur steckt, wird nicht einmal angedeutet. Nichts wird in dieser Inszenierung gezeigt vom Abgrund zwischen Schein und Sein. So bleibt die Aufführung selbst in ihren aufgedrehten Momenten leidenschafts- und schweißloses Oberflächentheater. Das ganze: Eine enttäuschende Anmutung. Oder auch: ein Desaster.
Doch der Londoner Regisseur tat sich schwer, weil er es sich zu leicht machte. Weder befragt er das Stück noch interpretiert er es. Er stellt es einfach aus. Auf einer nach vorn abfallenden blutroten Stellfläche mit einem runden Bett arrangiert er die Figuren zu wechselnden Tableaus. Über der Szene schwebt der Ortsname Troja, und das Geschehen auf dieser für Troja und das Heerlager der Griechen einheitlichen Bühne wird vor allem durch ein Laufband in Bewegung gehalten. Auf ihm fahren die Helden herein und heraus, lebendig oder tot. Die Inszenierung verbindet englisches "Sprech"-Theater mit deutschem Steh- und Posentheater zu einem altmodisch und provinziell anmutendem untheatralischem Spiel. Da wünscht sich selbst der Kritiker eines oft selbstverliebten Regietheaters etwas von dessen analytischer Schärfe und spielerischem Witz herbei.
Bei James Macdonald kommen die Kämpfer sportlerhaft mit Schienbeinschonern und Schulterpolstern daher. Denker wie Odysseus bevorzugen den dunklen Anzug. Während Kassandra ihre ungehörten Warnungen durchs Megaphon schreit, sind die Männer mit ihrer Kriegsunlust beschäftigt. Kriegsrat bei den Trojanern:
Die Trojaner finden im Ruhm ihr Ziel, den Griechen geht es vor allem um die Macht. Wie hier alte Ehrsucht und neue Machtpolitik von Shakespeare gegeneinander geführt werden, daraus könnte die Regie aktualisierende Funken schlagen. Doch diese Inszenierung pointiert nichts, sondern macht es dem Zuschauer sogar schwer, die einzelnen Figuren auseinander zu halten. Hier wird deutlich, wie schwach das Ensemble der Schaubühne in der Breite ist. Und wie wenig an der Charakterisierung der Figuren gearbeitet wurde. Kaum entwickelt sich Spannung, obwohl die benutzte Übertragung von Michael Wachsmann Frische und Kraft besitzt. Aber es gelingt nicht, die von Shakespeare virtuos ineinander montierten unterschiedlichen Sprachebenen für die Figuren und das Spiel sinnlich zu nutzen.
Wo Shakespeare pathetischen und satirisch-aggressiven Stil gegeneinander setzt, wo der rhetorische Redestil der Griechen gegen einen mehr emotionalen der Trojaner stößt, da hört man in der Schaubühne nur den Gleichklang engagierten Aufsage-Theaters. Schlimmer: es klingt, als ob die Schauspieler nicht so recht wüßten, was sie da zu reden haben. Die Sprache fährt den Schauspielern nicht in die Körper, und deren Sinn nicht in den Ausdruck. So stehen Sinn und Form nebeneinander im offenen Raum. Was man in sich endlos hinziehenden, fast dreieinhalb Stunden sieht, könnte man als Kunsthandwerker-Theater der schlichten Form bezeichnen. Diese Inszenierung besitzt drei äußerliche Einfälle, aber kein grundsätzliches Konzept. Zum einen befriedigen die Männer ihre sexuellen Bedürfnisse an einem Loch in der Wand, aus dem ihnen anschließend eine Papierrolle zur Reinigung entgegen gestreckt wird. Zum anderen wird das Lotterbett der Liebespaare später zur Kampfstätte für Hektor und Ajax, auf der die beiden vom Ringkampf über den Messerkampf zur federwirbelnden Kissenschlacht wechseln. Was aber der Aufführung fehlt, macht der Darsteller des Thersites unfreiwillig deutlich: der bietet als schrille Type, in kurzhosigem, hautengem schwarzen Lack mit vorgebundenem erigierten Penis, nur aufgedreht zappeliges Faxentheater.
Was eigentlich an Sehnsucht und Verzweiflung in dieser Figur steckt, wird nicht einmal angedeutet. Nichts wird in dieser Inszenierung gezeigt vom Abgrund zwischen Schein und Sein. So bleibt die Aufführung selbst in ihren aufgedrehten Momenten leidenschafts- und schweißloses Oberflächentheater. Das ganze: Eine enttäuschende Anmutung. Oder auch: ein Desaster.