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Britische Eschen in Gefahr

In Dänemark sind ihm 90 Prozent der Eschen zum Opfer gefallen, nun wütet der heimtückische Pilz Chalara Fraxinea in Großbritannien. An mehr als 50 Orten im Land gibt es ihn schon. Und wenn nun massenhaft Eschen sterben, dann verlieren viele Tieren und Pflanzen ihren Lebensraum. Denn Eschen gibt es besonders reichlich auf der Insel: 80 Millionen. Die Londoner Regierung hat Experten zu einer landesweiten Bestandsaufnahme geschickt.

Von Jochen Spengler | 07.11.2012
    Braune, eingerollte Blätter, geschwärzte Rinden und Bäume, die absterben. Es gibt kein Mittel gegen Chalara Fraxinea, einen Pilz, dessen Sporen vom Wind weitergetragen werden. In Kontinentaleuropa hat er schon Millionen Eschen geschädigt und in Dänemark 90 Prozent des Bestandes vernichtet. Nun hat der Pilz in Großbritannien Fuß gefasst.

    "Meine Hoffnung ist, dass unsere Bäume etwas widerstandsfähiger sind, als sie es auf dem Kontinent waren. Aber ich befürchte, dass wir die Eschen in diesem Wald verlieren werden. Das bedeutet einen erheblichen Rückgang des Lebensraums, es wird die Lichtverhältnisse am Waldboden verändern","

    sagt der Umweltschützer Steve Collin vom Norfolk Wildlife Trust. Großbritannien könnte vor einem ökologischen Desaster stehen, denn Experten fürchten, dass die 80 Millionen Eschen, die etwa ein Drittel des britischen Baumbestands in Parks und Wäldern ausmachen, nicht zu retten sind. Die britische Landschaft würde innerhalb von zehn Jahren unwiderruflich geschädigt, schlimmer als durch das Ulmensterben, dem im letzten Jahrhundert 80 Prozent des Bestands zum Opfer fielen.

    Obwohl der Eschenpilz erstmals bereits im Januar auftrat, hat die Regierung erst Mitte letzter Woche Notmaßnahmen ergriffen. Landwirtschaftsminister David Heath:

    ""Wir haben heute einen zeitweiligen Importstopp und Transportbeschränkungen für Eschen verhängt. Der Importstopp wird deswegen lange vor der Pflanzsaison greifen."

    Der kommt doch viel zu spät, meint Baumschulenbesitzer Simon Ellis aus Lincolnshire. Er entdeckte die Krankheit im Juni an 15 Jungeschen, die er aus Holland importiert hatte, und informierte sofort die Behörden.

    "Die Inspektoren haben dann festgestellt, dass wir die Krankheit hatten und Mitte Juli untersagten sie uns, irgendetwas mit den Bäumen zu machen - weder abholzen, noch schneiden, noch wegbringen - gar nichts. Und dann brauchten sie noch zwei weitere Monate, um zu beschließen, dass sie vernichtet werden müssen. In den zwei Monaten aber hat sich die Seuche rapide ausgebreitet. Wir hätten die Bäume wirklich gleich zu Beginn zerstören sollen."

    Inzwischen musste Simon Ellis 50.000 Bäume abholzen und verbrennen; nun will er die Regierung wegen Untätigkeit auf Schadenersatz verklagen. Auch die grüne Parlamentarierin Caroline Lucas kritisierte im Parlament, dass sowohl die derzeitige konservativ-liberale Regierung wie auch ihre Labour-Vorgänger viel zu spät gehandelt hätten.

    "Der Gartenbauhandelsverband warnte vor der Krankheit schon im Jahr 2009. Niemand von ihnen hat konsequent und schnell genug agiert."

    Bislang hat man an über 80 verschiedenen Stellen den Pilz nachgewiesen und längst auch an alten, ausgewachsenen Eschen in vielen Waldgebieten. Martin Ward, oberster britischer Beamter für die Pflanzengesundheit zeigt sich dennoch optimistisch:

    "Es gibt drei mögliche Ansteckungswege: durch den Transport von Pflanzen. Den haben wir gestoppt. Durch tote Blätter, das kann man durch Sicherheitsmaßnahmen verhindern. Und schließlich durch Sporen, die an den Blättern überwintern und durch Wind verbreitet werden. Das passiert nicht vor dem Sommer und gibt uns die Gelegenheit mehr Informationen zu sammeln, um die Ausbreitung der Krankheit zu verlangsamen."

    100.000 Bäume wurden bereits vernichtet, eine Taskforce ist eingerichtet und heute noch soll der Regierung ein Bericht vorliegen, der einen genauen Überblick über die Ausbreitung der Krankheit in Großbritannien gibt.