Wolfgang Labuhn: Herr Botschafter, der Deutsche Bundestag hat am Freitag der Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr im Rahmen der ISAF-Mission zugestimmt. Anfang November will sich das deutsche Parlament auch mit der Verlängerung der deutschen Beteiligung an der von den USA geführten Operation Enduring Freedom (OEF) befassen. Die ist im Gegensatz zur ISAF-Mission in der deutschen Öffentlichkeit sehr umstritten, weil OEF ja zum großen Teil echten Kampf bedeutet, Kampfeinsätze gegen Taliban und El-Kaida-Kräfte in Afghanistan. Und dabei kommt es leider auch immer wieder zu schweren Opfern unter der afghanischen Zivilbevölkerung. Wird Deutschland, Herr Botschafter, im Kampf gegen den internationalen Terrorismus eigentlich unglaubwürdig, wenn es sich aus OEF zurückzieht?
Michael Arthur: Also, die britische Regierung ist ganz zufrieden, dass der Bundestag in dieser Abstimmung am Freitag zugestimmt hat, das ist ein sehr wichtiger Punkt. Was die Bundeswehr und Deutschland insgesamt in Afghanistan macht, ist für uns Alliierten sehr, sehr wichtig. Wie Sie wissen, hat Großbritannien auch Tausende von Truppen, die in Afghanistan eingesetzt sind. Wir werden sie für lange Zeit da behalten, werden sie wahrscheinlich auch verstärken. Und wir begrüßen die Tatsache, dass unsere deutschen Freunde auch mit uns da sind. Für die nächste Entscheidung, die in ein paar Wochen nochmals vor den Bundestag kommt, hoffen wir, dass da wie vorgestern abgestimmt wird - und ja, sehen wir, wie das geht.
Labuhn: Und wenn es nicht klappt im Deutschen Bundestag, wenn der Deutsche Bundestag der Verlängerung der deutschen Beteiligung an OEF in Afghanistan nicht zustimmt, was dann?
Arthur: Ich gehe davon aus, dass die deutsche Regierung und der Deutsche Bundestag auch, wie wir alle, gegen den Terrorismus kämpfen will. Wir stehen alle in Europa vor einer Bedrohung durch den Terrorismus. Das haben wir neulich in Großbritannien gesehen und auch bei Ihnen gesehen. Und der Kern von dieser Bedrohung liegt in diesem Raum Afghanistan, auch Westpakistan. Und die internationale Gemeinschaft muss zusammen gegen diesen Terrorismus kämpfen. Das ist eine alliierte Herausforderung, dass wir das zusammen durch die NATO und durch die ISAF machen. Ich hoffe sehr, dass in Deutschland keine Bedenken darüber kommen.
Labuhn: Um Afghanistan wieder aufbauen zu können, muss zunächst einmal Sicherheit geschaffen werden, und das geht nicht ohne ein starkes militärisches Engagement der internationalen Gemeinschaft. Leistet Deutschland auf diesem Gebiet genug, oder könnte es doch noch mehr sein?
Arthur: Das ist nicht nur eine Sicherheitsfrage oder eine Sache von Streitkräften. Die Deutschen wie auch die Briten leisten auch viel dazu mit Entwicklungshilfe, mit Ingenieuren und anderen, die Karsai und seiner Regierung helfen, Afghanistan wieder aufzubauen. Von Großbritannien zum Beispiel kamen in den letzten fünf Jahren 750 Millionen Euro an Entwicklungshilfe für Afghanistan. Sie machen etwas ähnliches von Deutschland. Das ist alles Teil von einem Gesamtpaket, in dem Streitkräfte auch ein Teil davon sind, aber nicht nur. Es müssen auch Schulen gebaut werden, Kinder müssen in die Schule. Man muss viel in Afghanistan machen, was beide Länder zu tun versuchen.
Labuhn: Dennoch, die NATO in Afghanistan fordert immer wieder: Wir brauchen mehr Soldaten, wir müssen, um im Osten und im Süden von Afghanistan Sicherheit schaffen zu können, mehr Soldaten vor Ort haben, am Boden haben. Und natürlich gibt es die unausgesprochene Forderung an Deutschland: Auch Ihr könntet mehr Bundeswehrsoldaten in den Kampf schicken. Hat die deutsche Politik hier versagt?
Arthur: Es stimmt, dass wir noch mehr Streitkräfte von den Alliierten in Afghanistan brauchen, und wie gesagt, das wird auf Dauer der Fall sein. Was die Deutschen derzeit liefern, das ist teilweise die Bundeswehr im Norden, teilweise Entwicklungshilfe. Wir machen alles mit und jeder muss nicht alles machen. Das ist von jedem Land zu entscheiden.
Labuhn: Herr Botschafter, Großbritannien hat in Afghanistan noch eine besondere Aufgabe, nämlich die afghanische Regierung unter Präsident Karsai zu beraten im Kampf gegen die Drogenproduktion. Großbritannien ist dort das federführende Land in dieser Frage. Nun wissen wir, dass der Anbau von Schlafmohn nicht abgenommen, sondern im Gegenteil zugenommen hat in Afghanistan. Über 90 Prozent der weltweiten Opiumproduktion kommt aus Afghanistan, daraus wird bekanntlich Heroin gemacht, das wiederum in unseren Ländern große Probleme schafft. Dieses Problem ist offenbar ungelöst. Was kann dort geschehen, um es zu lösen?
Arthur: Das ist eine sehr, sehr wichtige Sache - wie Sie schon sagen für beide Länder. Großbritannien und Deutschland erhalten Heroin, das aus Afghanistan stammt. Und es gibt keine leichte Lösung. Wenn wir, wie es in der Vergangenheit gemacht worden ist, nur die Ernte zerstören, das geht nicht. Der Bauer in Afghanistan braucht etwas anderes, das muss Teil eines Gesamtpaketes sein, das mit Entwicklungshilfe und einer neuen Wirtschaft in Afghanistan verbunden werden muss.
Michael Arthur: Also, die britische Regierung ist ganz zufrieden, dass der Bundestag in dieser Abstimmung am Freitag zugestimmt hat, das ist ein sehr wichtiger Punkt. Was die Bundeswehr und Deutschland insgesamt in Afghanistan macht, ist für uns Alliierten sehr, sehr wichtig. Wie Sie wissen, hat Großbritannien auch Tausende von Truppen, die in Afghanistan eingesetzt sind. Wir werden sie für lange Zeit da behalten, werden sie wahrscheinlich auch verstärken. Und wir begrüßen die Tatsache, dass unsere deutschen Freunde auch mit uns da sind. Für die nächste Entscheidung, die in ein paar Wochen nochmals vor den Bundestag kommt, hoffen wir, dass da wie vorgestern abgestimmt wird - und ja, sehen wir, wie das geht.
Labuhn: Und wenn es nicht klappt im Deutschen Bundestag, wenn der Deutsche Bundestag der Verlängerung der deutschen Beteiligung an OEF in Afghanistan nicht zustimmt, was dann?
Arthur: Ich gehe davon aus, dass die deutsche Regierung und der Deutsche Bundestag auch, wie wir alle, gegen den Terrorismus kämpfen will. Wir stehen alle in Europa vor einer Bedrohung durch den Terrorismus. Das haben wir neulich in Großbritannien gesehen und auch bei Ihnen gesehen. Und der Kern von dieser Bedrohung liegt in diesem Raum Afghanistan, auch Westpakistan. Und die internationale Gemeinschaft muss zusammen gegen diesen Terrorismus kämpfen. Das ist eine alliierte Herausforderung, dass wir das zusammen durch die NATO und durch die ISAF machen. Ich hoffe sehr, dass in Deutschland keine Bedenken darüber kommen.
Labuhn: Um Afghanistan wieder aufbauen zu können, muss zunächst einmal Sicherheit geschaffen werden, und das geht nicht ohne ein starkes militärisches Engagement der internationalen Gemeinschaft. Leistet Deutschland auf diesem Gebiet genug, oder könnte es doch noch mehr sein?
Arthur: Das ist nicht nur eine Sicherheitsfrage oder eine Sache von Streitkräften. Die Deutschen wie auch die Briten leisten auch viel dazu mit Entwicklungshilfe, mit Ingenieuren und anderen, die Karsai und seiner Regierung helfen, Afghanistan wieder aufzubauen. Von Großbritannien zum Beispiel kamen in den letzten fünf Jahren 750 Millionen Euro an Entwicklungshilfe für Afghanistan. Sie machen etwas ähnliches von Deutschland. Das ist alles Teil von einem Gesamtpaket, in dem Streitkräfte auch ein Teil davon sind, aber nicht nur. Es müssen auch Schulen gebaut werden, Kinder müssen in die Schule. Man muss viel in Afghanistan machen, was beide Länder zu tun versuchen.
Labuhn: Dennoch, die NATO in Afghanistan fordert immer wieder: Wir brauchen mehr Soldaten, wir müssen, um im Osten und im Süden von Afghanistan Sicherheit schaffen zu können, mehr Soldaten vor Ort haben, am Boden haben. Und natürlich gibt es die unausgesprochene Forderung an Deutschland: Auch Ihr könntet mehr Bundeswehrsoldaten in den Kampf schicken. Hat die deutsche Politik hier versagt?
Arthur: Es stimmt, dass wir noch mehr Streitkräfte von den Alliierten in Afghanistan brauchen, und wie gesagt, das wird auf Dauer der Fall sein. Was die Deutschen derzeit liefern, das ist teilweise die Bundeswehr im Norden, teilweise Entwicklungshilfe. Wir machen alles mit und jeder muss nicht alles machen. Das ist von jedem Land zu entscheiden.
Labuhn: Herr Botschafter, Großbritannien hat in Afghanistan noch eine besondere Aufgabe, nämlich die afghanische Regierung unter Präsident Karsai zu beraten im Kampf gegen die Drogenproduktion. Großbritannien ist dort das federführende Land in dieser Frage. Nun wissen wir, dass der Anbau von Schlafmohn nicht abgenommen, sondern im Gegenteil zugenommen hat in Afghanistan. Über 90 Prozent der weltweiten Opiumproduktion kommt aus Afghanistan, daraus wird bekanntlich Heroin gemacht, das wiederum in unseren Ländern große Probleme schafft. Dieses Problem ist offenbar ungelöst. Was kann dort geschehen, um es zu lösen?
Arthur: Das ist eine sehr, sehr wichtige Sache - wie Sie schon sagen für beide Länder. Großbritannien und Deutschland erhalten Heroin, das aus Afghanistan stammt. Und es gibt keine leichte Lösung. Wenn wir, wie es in der Vergangenheit gemacht worden ist, nur die Ernte zerstören, das geht nicht. Der Bauer in Afghanistan braucht etwas anderes, das muss Teil eines Gesamtpaketes sein, das mit Entwicklungshilfe und einer neuen Wirtschaft in Afghanistan verbunden werden muss.
Truppenabbau im Irak
Labuhn: Ein weiterer Krisenherd in der Region Naher und Mittlerer Osten, das ist der Irak. Auch dort ist die Sicherheitslage katastrophal, auch dort hat die Zentralregierung noch nicht die Kontrolle über das ganze Land. Aber Großbritannien will im Irak dennoch, wie Premierminister Gordon Brown kürzlich angekündigt hat, seine Truppenpräsenz weiter reduzieren. Überlässt man den Irak damit nicht seinen eigenen ungelösten Problemen, die zum großen Teil ja erst durch die amerikanisch-britische Invasion im Jahre 2003 entstanden sind?
Arthur: Also, wir hatten eine Verantwortlichkeit für die Sicherheit in einem Teil vom Irak, im Südosten in der Nähe von Basra. Und in diesem Raum ist die Sicherheit heutzutage einigermaßen besser als anderswo im Irak. Und deswegen sind wir in der Lage, unsere Unterstützung der irakischen Sicherheitsbehörden, die wir getrennt entwickelt haben, ein bisschen abzubauen. Und Herr Brown hat neulich gesagt, dass wir bis Ende dieses Jahres unsere Streitkräfte auf 4000 Mann reduzieren werden. Und im kommenden Jahr, wenn alles gut geht - das hängt natürlich von der Sicherheitslage ab -, dann werden wir diese Truppen noch mehr reduzieren bis auf ungefähr 2500 Männer und Frauen.
Labuhn: Warum war Großbritannien mit seinen Truppen im Süden des Irak eigentlich erfolgreicher als beispielsweise die Amerikaner anderswo? Was haben die Briten besser gemacht?
Arthur: Nun, das ist sehr schwer zu beurteilen. Das müssen andere machen als ein Brite. Teilweise wohl, weil das Gebiet ein anderes war, die Bevölkerung ist anders als im Norden. Die Gegend war weniger umstritten innerhalb des Iraks. Dann haben wir andere Techniken, also militärische Techniken, auf dem Boden benutzt. Also, das ist sehr kompliziert, es sind eine ganze Menge von Gründen, weshalb es im Süden ein bisschen sicherer ist.
Labuhn: Ein weiteres Problem in der Region, das ist der Iran. Die wahrscheinlich größten Sorgen dort bereitet dem Westen ja das iranische Atomprogramm, das zu einem sehr ernsten Konflikt zwischen dem Iran und der UNO geführt hat, weil der Iran sich weiterhin weigert, die Urananreicherung zu stoppen. Und damit rückt die Gefahr näher, dass der Iran Atombomben produzieren könnte und diese mit seinen ja schon vorhandenen eigenen Mittelstreckenraketen gegen Israel beziehungsweise Europa richten könnte. Die fünf ständigen Mitglieder im UN-Sicherheitsrat, darunter auch Großbritannien natürlich, und Deutschland wollen in der kommenden Woche erneut über eine Verschärfung der Sanktionen gegen den Iran beraten, also über den Text einer entsprechenden neuen Resolution im Sicherheitsrat. Wie sieht die britische Position in diesem Konflikt jetzt aus?
Arthur: Sie haben das klar und sehr gut beschrieben. Es ist ein großes Problem und eine große Gefahr für uns alle, wenn der Iran weiter in Richtung Atomkraft geht. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass wir nicht nur dieses Problem mit dem Iran haben. Da gibt es ein weiteres Problem, den Terrorismus, der aus dem Iran weiter ausgeübt wird. Und das ist also ein zweiter Grund, warum wir es mit dem Iran zu tun haben. Aber in der Atomsache, da haben wir, die drei Europäer Deutschland, Großbritannien und Frankreich eine sehr gute Leistung vollbracht in den letzten drei Jahren, was einmalig ist in der Geschichte der gemeinsamen Außenpolitik der Europäischen Union. Wir Europäer haben so zusagen etwas zusammen gemacht, was für die internationale Gemeinschaft auch sehr wichtig war. Wir Briten denken, dass es sehr wichtig ist und bleibt, dass man den Druck auf den Iran erhält. Und deswegen: Wenn es jetzt zu Sanktionen kommen würde, hätten wir kein Problem damit. Wir müssen den Druck auf den Iran beibehalten.
Labuhn: Reichen Sanktionen aus, oder ist vielleicht doch die Androhung militärischer Gewalt nötig, um das iranische Atomprogramm irgendwie zu stoppen, wie es ja US-Präsident Bush einmal angedeutet hat und auch der französische Außenminister Kouchner, obwohl der seine Position inzwischen modifiziert hat. Also mit anderen Worten Sanktionen. Und darüber hinaus vielleicht auch die Androhung von noch weitergehenden Schritten?
Arthur: Also, wir hatten eine Verantwortlichkeit für die Sicherheit in einem Teil vom Irak, im Südosten in der Nähe von Basra. Und in diesem Raum ist die Sicherheit heutzutage einigermaßen besser als anderswo im Irak. Und deswegen sind wir in der Lage, unsere Unterstützung der irakischen Sicherheitsbehörden, die wir getrennt entwickelt haben, ein bisschen abzubauen. Und Herr Brown hat neulich gesagt, dass wir bis Ende dieses Jahres unsere Streitkräfte auf 4000 Mann reduzieren werden. Und im kommenden Jahr, wenn alles gut geht - das hängt natürlich von der Sicherheitslage ab -, dann werden wir diese Truppen noch mehr reduzieren bis auf ungefähr 2500 Männer und Frauen.
Labuhn: Warum war Großbritannien mit seinen Truppen im Süden des Irak eigentlich erfolgreicher als beispielsweise die Amerikaner anderswo? Was haben die Briten besser gemacht?
Arthur: Nun, das ist sehr schwer zu beurteilen. Das müssen andere machen als ein Brite. Teilweise wohl, weil das Gebiet ein anderes war, die Bevölkerung ist anders als im Norden. Die Gegend war weniger umstritten innerhalb des Iraks. Dann haben wir andere Techniken, also militärische Techniken, auf dem Boden benutzt. Also, das ist sehr kompliziert, es sind eine ganze Menge von Gründen, weshalb es im Süden ein bisschen sicherer ist.
Labuhn: Ein weiteres Problem in der Region, das ist der Iran. Die wahrscheinlich größten Sorgen dort bereitet dem Westen ja das iranische Atomprogramm, das zu einem sehr ernsten Konflikt zwischen dem Iran und der UNO geführt hat, weil der Iran sich weiterhin weigert, die Urananreicherung zu stoppen. Und damit rückt die Gefahr näher, dass der Iran Atombomben produzieren könnte und diese mit seinen ja schon vorhandenen eigenen Mittelstreckenraketen gegen Israel beziehungsweise Europa richten könnte. Die fünf ständigen Mitglieder im UN-Sicherheitsrat, darunter auch Großbritannien natürlich, und Deutschland wollen in der kommenden Woche erneut über eine Verschärfung der Sanktionen gegen den Iran beraten, also über den Text einer entsprechenden neuen Resolution im Sicherheitsrat. Wie sieht die britische Position in diesem Konflikt jetzt aus?
Arthur: Sie haben das klar und sehr gut beschrieben. Es ist ein großes Problem und eine große Gefahr für uns alle, wenn der Iran weiter in Richtung Atomkraft geht. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass wir nicht nur dieses Problem mit dem Iran haben. Da gibt es ein weiteres Problem, den Terrorismus, der aus dem Iran weiter ausgeübt wird. Und das ist also ein zweiter Grund, warum wir es mit dem Iran zu tun haben. Aber in der Atomsache, da haben wir, die drei Europäer Deutschland, Großbritannien und Frankreich eine sehr gute Leistung vollbracht in den letzten drei Jahren, was einmalig ist in der Geschichte der gemeinsamen Außenpolitik der Europäischen Union. Wir Europäer haben so zusagen etwas zusammen gemacht, was für die internationale Gemeinschaft auch sehr wichtig war. Wir Briten denken, dass es sehr wichtig ist und bleibt, dass man den Druck auf den Iran erhält. Und deswegen: Wenn es jetzt zu Sanktionen kommen würde, hätten wir kein Problem damit. Wir müssen den Druck auf den Iran beibehalten.
Labuhn: Reichen Sanktionen aus, oder ist vielleicht doch die Androhung militärischer Gewalt nötig, um das iranische Atomprogramm irgendwie zu stoppen, wie es ja US-Präsident Bush einmal angedeutet hat und auch der französische Außenminister Kouchner, obwohl der seine Position inzwischen modifiziert hat. Also mit anderen Worten Sanktionen. Und darüber hinaus vielleicht auch die Androhung von noch weitergehenden Schritten?
Kein Militärschlag gegen den Iran
Arthur: Das ist eine zukünftige Frage, das gilt nicht heute. Sanktionen liegen auf dem Tisch, und das ist, was wir jetzt machen möchten. Wie mehrere Politiker gesagt haben, auch mein Premierminister: Nichts ist ausgeschlossen, aber wir denken nicht an eine militärische Lösung, das kommt nicht in Frage. Wir denken an Sanktionen und an Verhandlungen, die, wie gesagt, wir drei Europäer bereits geführt und die auch gewisse Fortschritte gebracht haben, obwohl noch nicht genug.
Labuhn: Großbritannien hat nicht nur einen neuen Botschafter in Berlin, sondern auch einen neuen Premierminister, das schon etwas länger, seit Ende Juni: Gordon Brown, der frühere Schatzkanzler, er war es zehn Jahre lang, ist also kein Unbekannter. Aber im Gegensatz zum Amtsvorgänger Tony Blair galt Gordon Brown eigentlich nie als besonders europafreundlich. Während Blair sich immer sehr für Europa stark gemacht hat in Großbritannien, hat Gordon Brown sich da eher zurückgehalten. Er war auch beispielsweise immer sehr skeptisch der Frage gegenüber eingestellt, ob der Euro in Großbritannien eingeführt werden sollte. Und nun steht die EU ja vor einem neuen Problem: Anstelle der gescheiterten EU-Verfassung soll die Reform der EU-Institutionen jetzt mit einem sogenannten Reformvertrag erreicht werden. Auch dieser Reformvertrag ist natürlich eine Art Verfassung, sozusagen eine Verfassung light, weil ja viele Elemente des früheren Verfassungsvertrages auch in den Reformvertrag übernommen worden sind. Und da gibt es auch Punkte, die durchaus die Souveränität der EU-Mitgliedsstaaten berühren können, wenn zum Beispiel das System der Mehrheitsentscheidungen im Ministerrat eingeführt wird. Über den alten Verfassungsvertrag, Herr Botschafter, sollten die Briten ja in einem Referendum abstimmen können. Wird es nun auch zu einer Volksabstimmung über den Reformvertrag kommen?
Labuhn: Großbritannien hat nicht nur einen neuen Botschafter in Berlin, sondern auch einen neuen Premierminister, das schon etwas länger, seit Ende Juni: Gordon Brown, der frühere Schatzkanzler, er war es zehn Jahre lang, ist also kein Unbekannter. Aber im Gegensatz zum Amtsvorgänger Tony Blair galt Gordon Brown eigentlich nie als besonders europafreundlich. Während Blair sich immer sehr für Europa stark gemacht hat in Großbritannien, hat Gordon Brown sich da eher zurückgehalten. Er war auch beispielsweise immer sehr skeptisch der Frage gegenüber eingestellt, ob der Euro in Großbritannien eingeführt werden sollte. Und nun steht die EU ja vor einem neuen Problem: Anstelle der gescheiterten EU-Verfassung soll die Reform der EU-Institutionen jetzt mit einem sogenannten Reformvertrag erreicht werden. Auch dieser Reformvertrag ist natürlich eine Art Verfassung, sozusagen eine Verfassung light, weil ja viele Elemente des früheren Verfassungsvertrages auch in den Reformvertrag übernommen worden sind. Und da gibt es auch Punkte, die durchaus die Souveränität der EU-Mitgliedsstaaten berühren können, wenn zum Beispiel das System der Mehrheitsentscheidungen im Ministerrat eingeführt wird. Über den alten Verfassungsvertrag, Herr Botschafter, sollten die Briten ja in einem Referendum abstimmen können. Wird es nun auch zu einer Volksabstimmung über den Reformvertrag kommen?

Kein Referendum über den EU-Reformvertrag
Arthur: Lassen Sie mich drei Sachen dazu sagen, erstens über Herrn Brown. Der Politiker ist, wie Sie sagen, seit zehn Jahren Schatzkanzler gewesen, ein ganz enger Mitarbeiter von Herrn Tony Blair. Alles, was von London aus als Regierung gemacht worden ist, kommt von diesen beiden Männern zusammen. Jeder Politiker spricht sich so ein bisschen anders aus als der andere. Und Herr Blair ist ein anderer Mann als Herr Brown. Aber in der Substanz, im Fond, da gibt es keinen Unterschied. Also, unsere Politik gegenüber Europa bleibt genau so europäisch, wie sie es immer war. Und die Tatsache, dass wir bei dem Euro noch nicht reingegangen sind, kommt aus rein wirtschaftlichen Gründen, die Sie ganz gut kennen. Und wenn man auf die letzten zehn Jahre zurückblickt, ist es unserer Wirtschaft gut gegangen - und das ohne Euro. In der Zukunft, wer weiß? Aber im Augenblick ist es ziemlich bequem dort, wo wir sitzen. Ich wollte nur betonen, dass Herr Blair und Herr Brown in der Europapolitik sehr eng zusammen sind.
Zweitens zu diesen beiden Verträgen, also der Verfassung und dem, was wir Reformvertrag nennen. Da gibt es ja einen Unterschied, denn der ist viel leichter als der große Verfassungsvertrag. Von der britischen Regierung waren wir auch damit zufrieden. Sonst hätten wir das nicht vereinbart, obwohl: Es ist klar, in Europa kam der Verfassungsvertrag in Frankreich und anderswo nicht auf eine absolute Mehrheit bei der Bevölkerung. Danach müssten wir es ein bisschen anders, leichter, wie Sie sagen, machen. Und wir sind mit dem Reformvertrag auch ganz zufrieden. Es geht in der nächsten Woche zu einem informellen Gipfel in Lissabon, und ich gehe davon aus, dass das dort vereinbart werden wird, wonach wir das in Großbritannien unserem Parlament vorlegen werden. Und wie alle anderen ähnlichen Verträge aus Europa in der Vergangenheit werden wir das durch eine House-of-Commons-Abstimmung in unser Recht einschreiben, nicht durch ein Referendum.
Labuhn: Also das ist ausgeschlossen? Kein Referendum über den Reformvertrag?
Arthur: Das brauchen wir nicht. Wir haben es am Anfang unserer Mitgliedschaft der Europäischen Gemeinschaft 1973 gemacht. Das war natürlich ein sehr großer geschichtlicher Schritt für uns. Aber der Maastrichter Vertrag, das war ein sehr großer Vertrag, das hatte viel, was man vielleicht als verfassungsmäßig beschreiben könnte. Das haben wir mit dem House of Commons und nicht per Referendum in unsere Gesetze eingebracht. Ich finde, dieser Reformvertrag steht in der Reihe von Maastricht, Nizza und anderen, und dafür brauchen wir kein Referendum.
Labuhn: In meiner Zeit als Korrespondent in London ist mir aufgefallen, dass das Verhältnis der britischen Bevölkerung zur Europäischen Union, zu Europa überhaupt, ein von wohlwollender Gleichgültigkeit geprägtes Verhältnis war. Die britische Regierung ist natürlich ganz anders engagiert in der EU, in Brüssel, bei allem, was Europa macht. In welcher Form könnte die neue britische Regierung unter Gordon Brown der EU andere neue Impulse geben?
Arthur: Also, Sie waren zehn Jahre lang in zwei verschiedenen Epochen in London, und ich hoffe, Sie haben diese Fortschritte in der Meinung der britischen Bevölkerung gesehen. Dieses Jahrzehnt werden wir noch enthusiastischer gegenüber Europa sein. Alles, was wir in Großbritannien jetzt in der Regierung machen - man kann nicht über Justiz und Innenpolitik, über Außenpolitik, über Haushaltspolitik sprechen, ohne an Europa zu denken. Das ist wirklich Teil unseres ganzen politischen und wirtschaftlichen Lebens. Und das sehen die Leute auch. Ich sehe in der Zukunft, was besonders wichtig ist, dass wir das, was wir schon in Europa gemacht haben, etwas verbreiteter auch außerhalb von Europa und in der ganzen Welt machen bei den neuen globalisierten Herausforderungen. Ich denke an Klimawandel zum Beispiel, an Klimaschutz. Da arbeitet die Bundeskanzlerin mit unserem Premierminister sehr eng zusammen. Das ist ein großes Thema für uns alle, für die Zukunft, für die nächsten zwei, drei Jahrzehnte. Europa ist dafür ein sehr gutes Modell, zum Beispiel der Emissionshandel. Das ist ganz neu in der Welt, wir haben es hier in Deutschland, in Europa erfunden.
Labuhn: Großbritannien hat seit langem eine besondere Beziehung zu den Vereinigten Staaten von Amerika. Es gibt da eine transatlantische Brücke zwischen dem ehemaligen Mutterland und der früheren Kolonie. Wird diese Sonderbeziehung auch künftig aufrecht erhalten bleiben, oder wird Großbritannien vielleicht doch etwas europäischer werden?
Arthur: Das ist keine Wahl, wir machen beides. Wir haben natürlich sehr enge Verbindung zu den Vereinigten Staaten aus allerlei Gründen, auch zu Europa, wie wir gerade gesagt haben. Europa ist der Kern von unserer Außenpolitik. 60 Prozent unseres Handels ist mit Europa. Ich komme aus Indien, wo ich vier Jahre Botschafter war. Da haben wir auch eine ganz besondere Beziehung zu Indien. Niemand fragt mehr, ob wir eine Wahl zwischen Indien und Europa machen. Wir machen beides. Das ist kein Thema.
Labuhn: Die deutsch-britischen Beziehungen, Herr Botschafter, sind traditionell gut und vertrauensvoll. Das merkte man zum Beispiel daran, dass die erste Auslandsreise des neuen britischen Premierministers im Juli hier nach Berlin führte. Dennoch gibt es einige bemerkenswerte Unterschiede vor allen Dingen in den Wirtschaftsbeziehungen. Sie erwähnten, dass wir enge Wirtschaftsbeziehungen haben. Deutschland ist der zweitgrößte Handelspartner Großbritanniens überhaupt weltweit nach den USA. Aber die deutschen Investitionen in Großbritannien sind sehr viel höher als umgekehrt. Die Briten investieren nicht so viel in Deutschland. Woran liegt das? Was muss Deutschland besser machen, um für britische Investoren interessanter zu werden?
Arthur: Ja, also wie Sie sagen, die Beziehungen sind extrem eng und unsere Chefs, die Bundeskanzlerin und Herr Brown, sehen sich und telefonieren ständig. Wir arbeiten bei einer ganz breiten Palette von Themen ganz eng zusammen. Die Wirtschaftsbeziehungen, daran werde ich in meiner Zeit als Botschafter hier arbeiten, die sind ganz gut. Wie Sie sagen, der Handel zwischen den beiden Staaten ist sehr hoch. Deutschland ist für uns besonders wichtig. Was ich für noch wichtiger als den reinen Handel sehe, ist die gegenseitige Investition. Es gibt heutzutage 3000 deutsche Unternehmen, die eine Niederlassung in Großbritannien haben, umgekehrt ungefähr 1000 britische Firmen, die hier in Deutschland niedergelassen sind. Und ich würde beides verstärken, weil ich glaube, dass diese enge Verbindung unserer Wirtschaft für die Zukunft notwendig ist. Warum mehr Richtung Großbritannien als Richtung Deutschland? Ich glaube, wir sind traditionell eine offene Wirtschaft gewesen, werden es auch bleiben, wir haben ein sehr, sehr offene internationale Wirtschaft. Wir versuchen, dass London zu einem internationalen Finanzplatz der Welt, zu einer Art Drehkreuz wird und dass allerlei große Wirtschaften zu uns kommen und bei uns investieren werden. Und das ist in der Tat der Fall, obwohl die Investitionen von Deutschland nach England nicht nur in diesem Bereich von finanzieller Dienstleistung sind, da gibt es mehrere, die auch in der Herstellung präsent sind. Und das ist für uns wichtig.
Zweitens zu diesen beiden Verträgen, also der Verfassung und dem, was wir Reformvertrag nennen. Da gibt es ja einen Unterschied, denn der ist viel leichter als der große Verfassungsvertrag. Von der britischen Regierung waren wir auch damit zufrieden. Sonst hätten wir das nicht vereinbart, obwohl: Es ist klar, in Europa kam der Verfassungsvertrag in Frankreich und anderswo nicht auf eine absolute Mehrheit bei der Bevölkerung. Danach müssten wir es ein bisschen anders, leichter, wie Sie sagen, machen. Und wir sind mit dem Reformvertrag auch ganz zufrieden. Es geht in der nächsten Woche zu einem informellen Gipfel in Lissabon, und ich gehe davon aus, dass das dort vereinbart werden wird, wonach wir das in Großbritannien unserem Parlament vorlegen werden. Und wie alle anderen ähnlichen Verträge aus Europa in der Vergangenheit werden wir das durch eine House-of-Commons-Abstimmung in unser Recht einschreiben, nicht durch ein Referendum.
Labuhn: Also das ist ausgeschlossen? Kein Referendum über den Reformvertrag?
Arthur: Das brauchen wir nicht. Wir haben es am Anfang unserer Mitgliedschaft der Europäischen Gemeinschaft 1973 gemacht. Das war natürlich ein sehr großer geschichtlicher Schritt für uns. Aber der Maastrichter Vertrag, das war ein sehr großer Vertrag, das hatte viel, was man vielleicht als verfassungsmäßig beschreiben könnte. Das haben wir mit dem House of Commons und nicht per Referendum in unsere Gesetze eingebracht. Ich finde, dieser Reformvertrag steht in der Reihe von Maastricht, Nizza und anderen, und dafür brauchen wir kein Referendum.
Labuhn: In meiner Zeit als Korrespondent in London ist mir aufgefallen, dass das Verhältnis der britischen Bevölkerung zur Europäischen Union, zu Europa überhaupt, ein von wohlwollender Gleichgültigkeit geprägtes Verhältnis war. Die britische Regierung ist natürlich ganz anders engagiert in der EU, in Brüssel, bei allem, was Europa macht. In welcher Form könnte die neue britische Regierung unter Gordon Brown der EU andere neue Impulse geben?
Arthur: Also, Sie waren zehn Jahre lang in zwei verschiedenen Epochen in London, und ich hoffe, Sie haben diese Fortschritte in der Meinung der britischen Bevölkerung gesehen. Dieses Jahrzehnt werden wir noch enthusiastischer gegenüber Europa sein. Alles, was wir in Großbritannien jetzt in der Regierung machen - man kann nicht über Justiz und Innenpolitik, über Außenpolitik, über Haushaltspolitik sprechen, ohne an Europa zu denken. Das ist wirklich Teil unseres ganzen politischen und wirtschaftlichen Lebens. Und das sehen die Leute auch. Ich sehe in der Zukunft, was besonders wichtig ist, dass wir das, was wir schon in Europa gemacht haben, etwas verbreiteter auch außerhalb von Europa und in der ganzen Welt machen bei den neuen globalisierten Herausforderungen. Ich denke an Klimawandel zum Beispiel, an Klimaschutz. Da arbeitet die Bundeskanzlerin mit unserem Premierminister sehr eng zusammen. Das ist ein großes Thema für uns alle, für die Zukunft, für die nächsten zwei, drei Jahrzehnte. Europa ist dafür ein sehr gutes Modell, zum Beispiel der Emissionshandel. Das ist ganz neu in der Welt, wir haben es hier in Deutschland, in Europa erfunden.
Labuhn: Großbritannien hat seit langem eine besondere Beziehung zu den Vereinigten Staaten von Amerika. Es gibt da eine transatlantische Brücke zwischen dem ehemaligen Mutterland und der früheren Kolonie. Wird diese Sonderbeziehung auch künftig aufrecht erhalten bleiben, oder wird Großbritannien vielleicht doch etwas europäischer werden?
Arthur: Das ist keine Wahl, wir machen beides. Wir haben natürlich sehr enge Verbindung zu den Vereinigten Staaten aus allerlei Gründen, auch zu Europa, wie wir gerade gesagt haben. Europa ist der Kern von unserer Außenpolitik. 60 Prozent unseres Handels ist mit Europa. Ich komme aus Indien, wo ich vier Jahre Botschafter war. Da haben wir auch eine ganz besondere Beziehung zu Indien. Niemand fragt mehr, ob wir eine Wahl zwischen Indien und Europa machen. Wir machen beides. Das ist kein Thema.
Labuhn: Die deutsch-britischen Beziehungen, Herr Botschafter, sind traditionell gut und vertrauensvoll. Das merkte man zum Beispiel daran, dass die erste Auslandsreise des neuen britischen Premierministers im Juli hier nach Berlin führte. Dennoch gibt es einige bemerkenswerte Unterschiede vor allen Dingen in den Wirtschaftsbeziehungen. Sie erwähnten, dass wir enge Wirtschaftsbeziehungen haben. Deutschland ist der zweitgrößte Handelspartner Großbritanniens überhaupt weltweit nach den USA. Aber die deutschen Investitionen in Großbritannien sind sehr viel höher als umgekehrt. Die Briten investieren nicht so viel in Deutschland. Woran liegt das? Was muss Deutschland besser machen, um für britische Investoren interessanter zu werden?
Arthur: Ja, also wie Sie sagen, die Beziehungen sind extrem eng und unsere Chefs, die Bundeskanzlerin und Herr Brown, sehen sich und telefonieren ständig. Wir arbeiten bei einer ganz breiten Palette von Themen ganz eng zusammen. Die Wirtschaftsbeziehungen, daran werde ich in meiner Zeit als Botschafter hier arbeiten, die sind ganz gut. Wie Sie sagen, der Handel zwischen den beiden Staaten ist sehr hoch. Deutschland ist für uns besonders wichtig. Was ich für noch wichtiger als den reinen Handel sehe, ist die gegenseitige Investition. Es gibt heutzutage 3000 deutsche Unternehmen, die eine Niederlassung in Großbritannien haben, umgekehrt ungefähr 1000 britische Firmen, die hier in Deutschland niedergelassen sind. Und ich würde beides verstärken, weil ich glaube, dass diese enge Verbindung unserer Wirtschaft für die Zukunft notwendig ist. Warum mehr Richtung Großbritannien als Richtung Deutschland? Ich glaube, wir sind traditionell eine offene Wirtschaft gewesen, werden es auch bleiben, wir haben ein sehr, sehr offene internationale Wirtschaft. Wir versuchen, dass London zu einem internationalen Finanzplatz der Welt, zu einer Art Drehkreuz wird und dass allerlei große Wirtschaften zu uns kommen und bei uns investieren werden. Und das ist in der Tat der Fall, obwohl die Investitionen von Deutschland nach England nicht nur in diesem Bereich von finanzieller Dienstleistung sind, da gibt es mehrere, die auch in der Herstellung präsent sind. Und das ist für uns wichtig.
Verändertes Deutschlandbild durch die Fußball-WM
Labuhn: Die deutsch-britischen Kulturbeziehungen leiden ein bisschen darunter, dass das Deutschlandbild zumindest vieler Briten mit dem Zweiten Weltkrieg irgendwie endet und dass in Deutschland nicht mehr Nazis und in Ostdeutschland nicht mehr Kommunisten regieren, das ist vielen in der britischen Öffentlichkeit wohl erst im vergangenen Jahr bewusst geworden, als die Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland stattfand und viel mehr über Deutschland berichtet wurde als vorher. Was muss eigentlich geschehen, um diese Stereotypen in den beiderseitigen Beziehungen, es gibt natürlich auch viele Klischees im Großbritannienbild der Deutschen, dass diese Stereotypen endlich abgeschafft werden?
Arthur: Nun, ich muss Sie korrigieren. Ich meine, vorher war das genau der Fall in den letzten 20, 30 Jahren. Aber in den letzten zwei, drei Jahren hat sich das völlig geändert, das Deutschlandbild in England. Und wie Sie sagen, die Weltmeisterschaft hat viel dabei geholfen. Unsere Leute sind gekommen und haben das wirklich genossen und haben ein modernes neues 21.-Jahrhundert-Deutschland gesehen. Und ich glaube, dass das Problem nun vorbei ist bei uns. Umgekehrt habe ich eine Sorge. Man denkt immer bei Großbritannien, dass es wirtschaftlich ein bisschen schwach, ein bisschen altmodisch ist. Und ich bin noch nicht ganz sicher, dass die Deutschen uns wirklich so sehen, wie wir jetzt sind - eine ganz moderne Gesellschaft des 21. Jahrhunderts, sehr pluralistisch, sehr multikulturell, auch wirtschaftlich sehr erfolgreich. Und Teil meiner Aufgabe ist es, in Deutschland dieses Bild zu modernisieren. Aber umgekehrt, ich habe keine große Sorge. In Großbritannien gibt es viel Interesse und Unterstützung für Deutschland, und man hat ziemlich modernes Bild von Deutschland - nach der Wiedervereinigung und nach der Fußball-Weltmeisterschaft.
Labuhn: Heißt das, dass auch die Fußball-Länderspiele zwischen Deutschland und England ihre Ersatz-Kriegsfunktion verloren haben?
Arthur: Also Fußball ist eine Passion in beiden Ländern, das habe ich schon gesehen. Und, ja, das machen wir zusammen.
Labuhn: Das heißt, 1966 ist vergessen jetzt?
Arthur: Schon, das ist lange her.
Labuhn: Herr Botschafter, Sie sind erst ganz kurz im Amt auf diesem Posten hier in Berlin. Welche persönlichen Akzente wollen Sie während Ihrer Zeit hier setzen?
Arthur: Also, ich werde viel in Deutschland reisen. Berlin ist eine tolle Stadt, aber Berlin ist nicht ganz Deutschland. Das ist einer von den großen Vorteilen eines Botschafters in einem föderalistischen Land, dass man die anderen Länder kennenlernen muss, sonst versteht man dieses Land nicht. Auch im 21. Jahrhundert gilt: Ein Botschafter innerhalb Europas hat eine andere Aufgabe als die traditionelle Sicherheits- und Außenpolitik fortzusetzen. Wir haben so viele gesellschaftliche Verbindungen über die Integration von Migranten, von Einwanderern, über die Bildungspolitik. An all diesen Sachen, was Sie hier in Deutschland machen, sind wir interessiert, und ich muss das alles lernen und nach London zurückgeben.
Labuhn: Umgekehrt - Sie erwähnten ein Stichwort -, jetzt vielleicht als letzte Frage: Die Integration von Ausländern, von Zuwanderern, da hat Großbritannien seit dem Zweiten Weltkrieg natürlich viel mehr Erfahrungen gemacht, weil aus den früheren Kolonien sehr viele Menschen in Großbritannien eingewandert sind. Ist dies ein Bereich, in dem Deutschland etwas lernen könnte?
Arthur: Jedes Land muss das auf seine eigene Art machen. Aber Tatsache ist: Wir sind beide Einwanderungsländer. Bei uns in den letzten 10, 20 Jahren hatten wir eine riesige Einwanderung gesehen, und wir sehen mehrere Minderheiten, die jetzt ganz gut integriert sind und auch sehr erfolgreich sind. Ich denke an die Chinesen oder an Indien auch. Zwei Prozent unserer Bevölkerung stammt aus Indien, und die sind für fünf Prozent unserer Wirtschaft zuständig. Also, das ist ein riesiger Erfolg. Also, wir sind ein multikulturelles Land, wir sind stolz darauf. Aber das bringt auch Probleme mit sich, die wir lösen müssen. Das haben wir neulich auch gesehen, dass aus einem Teil einer unserer Minderheiten ein terroristisches Problem kam. Das müssen wir lösen. Ähnliche Sachen haben Sie hier. Es gibt kein Modell in anderen Ländern, aber jeder kann von der anderen Seite etwas lernen. Und das ist ja auch Teil meiner Ziele und meiner Aufgaben hier.
Labuhn: Sir Michael, vielen Dank.
Arthur: Vielen Dank auch.
Arthur: Nun, ich muss Sie korrigieren. Ich meine, vorher war das genau der Fall in den letzten 20, 30 Jahren. Aber in den letzten zwei, drei Jahren hat sich das völlig geändert, das Deutschlandbild in England. Und wie Sie sagen, die Weltmeisterschaft hat viel dabei geholfen. Unsere Leute sind gekommen und haben das wirklich genossen und haben ein modernes neues 21.-Jahrhundert-Deutschland gesehen. Und ich glaube, dass das Problem nun vorbei ist bei uns. Umgekehrt habe ich eine Sorge. Man denkt immer bei Großbritannien, dass es wirtschaftlich ein bisschen schwach, ein bisschen altmodisch ist. Und ich bin noch nicht ganz sicher, dass die Deutschen uns wirklich so sehen, wie wir jetzt sind - eine ganz moderne Gesellschaft des 21. Jahrhunderts, sehr pluralistisch, sehr multikulturell, auch wirtschaftlich sehr erfolgreich. Und Teil meiner Aufgabe ist es, in Deutschland dieses Bild zu modernisieren. Aber umgekehrt, ich habe keine große Sorge. In Großbritannien gibt es viel Interesse und Unterstützung für Deutschland, und man hat ziemlich modernes Bild von Deutschland - nach der Wiedervereinigung und nach der Fußball-Weltmeisterschaft.
Labuhn: Heißt das, dass auch die Fußball-Länderspiele zwischen Deutschland und England ihre Ersatz-Kriegsfunktion verloren haben?
Arthur: Also Fußball ist eine Passion in beiden Ländern, das habe ich schon gesehen. Und, ja, das machen wir zusammen.
Labuhn: Das heißt, 1966 ist vergessen jetzt?
Arthur: Schon, das ist lange her.
Labuhn: Herr Botschafter, Sie sind erst ganz kurz im Amt auf diesem Posten hier in Berlin. Welche persönlichen Akzente wollen Sie während Ihrer Zeit hier setzen?
Arthur: Also, ich werde viel in Deutschland reisen. Berlin ist eine tolle Stadt, aber Berlin ist nicht ganz Deutschland. Das ist einer von den großen Vorteilen eines Botschafters in einem föderalistischen Land, dass man die anderen Länder kennenlernen muss, sonst versteht man dieses Land nicht. Auch im 21. Jahrhundert gilt: Ein Botschafter innerhalb Europas hat eine andere Aufgabe als die traditionelle Sicherheits- und Außenpolitik fortzusetzen. Wir haben so viele gesellschaftliche Verbindungen über die Integration von Migranten, von Einwanderern, über die Bildungspolitik. An all diesen Sachen, was Sie hier in Deutschland machen, sind wir interessiert, und ich muss das alles lernen und nach London zurückgeben.
Labuhn: Umgekehrt - Sie erwähnten ein Stichwort -, jetzt vielleicht als letzte Frage: Die Integration von Ausländern, von Zuwanderern, da hat Großbritannien seit dem Zweiten Weltkrieg natürlich viel mehr Erfahrungen gemacht, weil aus den früheren Kolonien sehr viele Menschen in Großbritannien eingewandert sind. Ist dies ein Bereich, in dem Deutschland etwas lernen könnte?
Arthur: Jedes Land muss das auf seine eigene Art machen. Aber Tatsache ist: Wir sind beide Einwanderungsländer. Bei uns in den letzten 10, 20 Jahren hatten wir eine riesige Einwanderung gesehen, und wir sehen mehrere Minderheiten, die jetzt ganz gut integriert sind und auch sehr erfolgreich sind. Ich denke an die Chinesen oder an Indien auch. Zwei Prozent unserer Bevölkerung stammt aus Indien, und die sind für fünf Prozent unserer Wirtschaft zuständig. Also, das ist ein riesiger Erfolg. Also, wir sind ein multikulturelles Land, wir sind stolz darauf. Aber das bringt auch Probleme mit sich, die wir lösen müssen. Das haben wir neulich auch gesehen, dass aus einem Teil einer unserer Minderheiten ein terroristisches Problem kam. Das müssen wir lösen. Ähnliche Sachen haben Sie hier. Es gibt kein Modell in anderen Ländern, aber jeder kann von der anderen Seite etwas lernen. Und das ist ja auch Teil meiner Ziele und meiner Aufgaben hier.
Labuhn: Sir Michael, vielen Dank.
Arthur: Vielen Dank auch.
