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Broccoli als Gesundheitsgemüse

Die Kohlsaison hat begonnen. Nach Angaben der Landwirtschaftskammer Westfalen-Lippe sind derzeit die Klassiker, wie Weiß- und Rotkohl, aber auch Rosen- und Blumenkohl immer weniger gefragt - trotz eines hohen Vitamin-C-Gehaltes. In der Verbrauchergunst gestiegen ist jedoch der Broccoli. Von den Ernährungswissenschaftlern wird der Broccoli zur Zeit intensiv untersucht, und zwar am Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau in Großbeeren bei Berlin. Weil im Kohl bestimmte Substanzen enthalten sind, die beispielsweise das Immunsystem ankurbeln, krebshemmend sein können und dem Herzinfarkt vorbeugen, gehen die Forscher der Frage nach, ob sich diese gesundmachenden Substanzen in der Pflanze auch gezielt aktivieren lassen.

Von Sigrid Müller |
    Von außen ist Broccoli eher ein unscheinbares Gemüse, doch das Innenleben der graugrünen Kohlröschen ist bemerkenswert. In Broccoli stecken zum Beispiel außerordentlich viele Glucosinolate. Diese bioaktiven Substanzen sind sehr gesund, weil sie Enzyme hemmen, die für die Krebsentstehung verantwortlich sind. Außerdem ist Broccoli reich an Carotinoiden und Vitamin C. Diese Inhaltsstoffe wirken antioxidativ, das heißt sie verhindern Zellschädigungen im menschlichen Körper. Ist die Konzentration dieser Anti-Krebs-Substanzen auch vom Anbau abhängig? Das wollten die Biologen am Institut für Gemüse- und Zierpflanzanbau in Großbeeren genauer wissen. Drei Jahre lang testeten sie, wie verschiedene Broccolisorten auf unterschiedliche Temperaturen und Lichtverhältnisse reagieren. Mit einem verblüffenden Ergebnis, meint die Leiterin des Forschungsprojektes Monika Schreiner:

    Was Temperatur und Licht betrifft, da konnten wir feststellen, dass relativ niedrige Tagesmitteltemperaturen , so um die 12 Grad und hohe Sonneneinstrahlung die Bildung der Glucosinolate extrem fördern. Das heißt, dass man Broccoli im Frühjahr oder Herbst nicht aber im Sommer anbauen sollte, weil hohe Temperaturen sich eher negativ auf den Glucosinolathaushalt auswirken.

    Die Ergebnisse waren auch bei den Carotinoiden eindeutig: stiegen die Durchschnittstemperaturen auf über 16 Grad, sank der Gehalt an diesen bioaktiven Stoffen um bis zu 60 Prozent. Auch bei den Anbauversuchen auf dem Acker reagierten die Anti-Krebs-Substanzen in den Pflanzen ganz unterschiedlich. Pflanzdichte und Bewässerung hatten einen großen Einfluss:

    Das sind letztendlich beides Bedingungen, um Stressmöglichkeiten für die Pflanzen zu schaffen. Von anderen Untersuchungen ist bekannt, dass diese Stressbedingungen die Synthese der sekundären Pflanzenstoffe fördert. Die reduzierte Wasserversorgung hat ganz klar gezeigt,dass der Glucosinolatgehalt sich verdoppeln kann. Enge Standweiten bedeuten letztendlich einen Kampf um Nährstoffe, auch da hat sich gezeigt, dass man den Glucosinolatgehalt erhöhen kann, allerdings hat sich da auch gezeigt, der Ertrag ist bei beiden Varianten reduziert.

    Fazit der Forschungsarbeiten am Institut für Gemüse-und Zierpflanzenbau: durch gezielte Anbaumethoden, dazu gehört auch eine ausreichende Schwefeldüngung, lassen sich die Gehalte an bioaktiven Substanzen in Broccoli verzehnfachen. Und der Produzent könnte in Zukunft auch bestimmen, welche Arten an sekundären Pflanzenstoffen er im Gemüse haben will:

    Glucosinolate sind besonders hoch in den kleinen Köpfen bei Broccoli. Ganz anders verhält sich das bei den Carotinoiden, die nehmen zu mit größerem Kopfgewicht. Und da muss ich mich entscheiden: will ich einen Glucosinolat-haltigen Broccoli, dann geh ich auf die Produktion Minigemüse oder ich sage: O.K., wir bleiben beim großen Kopf und bieten dann eben so einen Broccoli an, der mehr in Richtung Antioxidantien also Carotinoide und Vitamin C geht.

    Doch noch ist es ein langer Weg vom einfachen Broccolianbau hin zur bewussten Produktion von Gesundheitsgemüse. Auf ihren Informationsveranstaltungen stellen die Wissenschaftler zwar immer wieder fest, dass bei Landwirten und Verbrauchern großes Interesse besteht, doch das allein reicht nicht, meint Biologin Monika Schreiner:

    Man muss dazu sagen, dass der Handel diese Bestrebungen nicht honoriert, denn die Handelsklassen richten sich ausschließlich nach äußeren Kriterien, das, was der Handel gut überprüfen kann und innere Qualität wird vom Handel bisher nur in sehr geringem Maß akzeptiert. Von daher hat es der Produzent schwer, sich da durchzusetzen.