Probst: In Berlin am Telefon begrüße ich Reinhard Loske von den Bündnis/Grünen. Guten Tag Herr Loske.
Loske: Schönen guten Tag.
Probst: Also, die Ausnahmeregelungen für Bergbau, Chemie, öffentlichem Nahverkehr, Forstwirtschaft, Stahlindustrie seien unerlaubte staatliche Beihilfen, und um in dem Zusammenhang nochmals Bundeswirtschaftsminister Müller zu zitieren: Ohne diese Ausnahmebestimmungen werde die Zukunft der Ökosteuer, gelinde gesagt, äußerst schwierig. Heißt das, da droht der Ökosteuer das Ende?
Loske: Nein, das glaube ich nicht. Ich meine, für Insider ist das, was jetzt passiert, auch keineswegs erstaunlich, denn es war klar, dass die Ausnahmetatbestände nur bis März 2002 genehmigt sind. Aber man muss bei den Ausnahmetatbeständen natürlich zwei Typen unterscheiden: Es gibt welche, die sind ganz klar ökologisch motiviert, d.h. also z.B. die Bahn, der öffentliche Nahverkehr oder hoch effiziente Kraftwerke, die zahlen einen reduzierten Ökosteuersatz, und das Motiv ist ganz klar: Klimapolitische Lenkungswirkung. Und dann gibt es einen zweiten Teil, der wettbewerbspolitisch motiviert ist: Das produzierende Gewerbe bezahlt eben nur 20 Prozent des Regelsteuersatzes, und das ist bis jetzt nicht gebunden an das Erbringen von ökologischen Gegenleistungen, und da bohrt Monti, wie ich finde, zu Recht nach.
Probst: Also muss eine Alternative dafür gefunden werden. Die Frist, wie gesagt, läuft im März nächsten Jahres aus.
Loske: Es ist so, dass die Regierung beantragt hat, diese Sonderregelung um zehn Jahre zu verlängern. Es ist nachvollziehbar, dass so lange Fristen für den Kommissar nicht akzeptabel sind, und ich finde es auch ein bisschen arg lang, muss ich sagen, und ansonsten pocht der Kommissar darauf, diese Subventionen entweder degressiv zu gestalten, also schrittweise abzubauen, oder mehr Verbindlichkeit in die freiwilligen Selbstverpflichtungen zu bringen, die als ökologische Gegenleistung durchaus akzeptiert werden können. Ein Instrument, um das zu erreichen, wäre etwa die verbindliche Einführung eines Energie-Audits, dass also die Unternehmen im Gegenzug zur Gewährung des reduzierten Steuersatzes darüber regelmäßig Rechenschaft ablegen müssen, was sie für Energieeinsparungen im Klimaschutz tun - das wäre ein marktkonformes Instrument.
Probst: Stichwort Selbstverpflichtung: Da konnte man ja schon lesen, es sei oder es würde daran gedacht, das Ganze in Gesetzesform zu gießen. Da stellt sich dann natürlich die Frage, ob die Wirtschaft das mit dieser freiwilligen Selbstverpflichtung dann ohne Protest mitmachen würde.
Loske: Na ja, es ist ja zunächst schon mal ein Widerspruch in sich, eine freiwillige Selbstverpflichtung in Gesetzesform zu gießen, denn dann ist es ja keine Freiwilligkeit mehr.
Probst: Und es würde sich ja auch nicht in der Sache ändern, oder?
Loske: Diese freiwillige Selbstverpflichtung ist eine gute Sache. Wir haben ein gutes Monitoring, wir beobachten das genau. Allerdings brauchen wir mehr Verbindlichkeit in dem Sinne, dass die Unternehmen noch mehr Substanz in die Verpflichtung reinbringen müssen. Das könnte beispielsweise dadurch geschehen, dass sie sich eben jährlich oder zweijährlich einem Energie-Audit unterziehen, was übrigens schon sehr viele Unternehmen tun. Das würde auch einen zusätzlichen Pusch für diese Instrument bringen, das schafft nämlich auch Kostentransparenz und klare Fakten über den Ausstoß an Emissionen.
Probst: Degressive Abschreibung, also stufenweisen Abbau, haben Sie eben als weiteres Stichwort, als weitere Möglichkeit zur Konfliktlösung mit Mario Monti genannt. Das würde aber vom nächsten Jahr an auf jeden Fall mehr Belastungen für die Wirtschaft, für die verschiedenen Branchen bedeuten, und das in der gegenwärtig äußerst angespannten Konjunkturlage.
Loske: Na ja, grundsätzlich muss man erst mal sagen, dass die Industrie insgesamt eigentlich ein Profiteur der ökologischen Steuerreform ist, denn es ist ja nicht nur so, dass sie einen reduzierten Satz bezahlt, sondern überdies gibt es hierfür auch noch einen komplizierten Ausgleichsmechanismus, so dass da die Industrie insgesamt überhaupt nicht über Gebühr belastet wird. Was die zukünftige Ausgestaltung betrifft, so legt Monti, wie ich finde zu Recht, Wert darauf, dass klarer gemacht wird, was denn die Sanktionsmechanismen sind, wenn die Ziele der freiwilligen Selbstverpflichtung nicht eingehalten werden. Darauf wird er auch sicherlich bei den Diskussionen das Schwergewicht legen, und ich glaube, dass es vernünftig ist.
Probst: Nun wird aber mit Blick auf den Monat März im Jahre 2002 die Zeit knapp. Die Möglichkeiten, die Sie eben angesprochen haben, das Ganze noch auf den Weg zu bringen, um einen Konflikt zu vermeiden - lässt sich das in der kurzen Zeit regeln?
Loske: Ich glaube ja. Ich glaube nicht, dass es vernünftig wäre, diese Sonderregelung für zehn Jahre vorzuschreiben. Ich glaube aber, dass es vernünftig wäre, sie für einen etwas kürzeren Zeitraum festzuschreiben, denn über kurz oder lang wird es ohnehin dazu kommen. Ich rechne damit ab 2005. Das will ja auch die Kommission. Spätestens ab 2008 liegt das Kyoto-Protokoll vor und wir werden im Bereich des Klimaschutzes in der Industrie ein anderes Instrument bekommen, nämlich den Emissionshandel: Dann wird also von Seiten des Staates oder der Europäischen Union nur noch die Ziele vorgegeben, und wie die Ziele dann erreicht werden, wird den Unternehmen überlassen, und da kommt das Instrument des Emissionshandel mit ins Spiel. Insofern glaube ich, dass es jetzt darum geht, eine Übergangslösung für den Zeitraum 2005/2008 zu finden, und das sollte möglichst sein, wenn bei allen Beteiligten ein bisschen guter Wille da ist. Insofern glaube ich, sollten wir jetzt keine unnötig hohen Wogen schlagen. Das Problem ist zu lösen.
Probst: Reinhard Loske, von den Bündnis/Grünen. Danke nach Berlin.
Loske: Schönen guten Tag.
Probst: Also, die Ausnahmeregelungen für Bergbau, Chemie, öffentlichem Nahverkehr, Forstwirtschaft, Stahlindustrie seien unerlaubte staatliche Beihilfen, und um in dem Zusammenhang nochmals Bundeswirtschaftsminister Müller zu zitieren: Ohne diese Ausnahmebestimmungen werde die Zukunft der Ökosteuer, gelinde gesagt, äußerst schwierig. Heißt das, da droht der Ökosteuer das Ende?
Loske: Nein, das glaube ich nicht. Ich meine, für Insider ist das, was jetzt passiert, auch keineswegs erstaunlich, denn es war klar, dass die Ausnahmetatbestände nur bis März 2002 genehmigt sind. Aber man muss bei den Ausnahmetatbeständen natürlich zwei Typen unterscheiden: Es gibt welche, die sind ganz klar ökologisch motiviert, d.h. also z.B. die Bahn, der öffentliche Nahverkehr oder hoch effiziente Kraftwerke, die zahlen einen reduzierten Ökosteuersatz, und das Motiv ist ganz klar: Klimapolitische Lenkungswirkung. Und dann gibt es einen zweiten Teil, der wettbewerbspolitisch motiviert ist: Das produzierende Gewerbe bezahlt eben nur 20 Prozent des Regelsteuersatzes, und das ist bis jetzt nicht gebunden an das Erbringen von ökologischen Gegenleistungen, und da bohrt Monti, wie ich finde, zu Recht nach.
Probst: Also muss eine Alternative dafür gefunden werden. Die Frist, wie gesagt, läuft im März nächsten Jahres aus.
Loske: Es ist so, dass die Regierung beantragt hat, diese Sonderregelung um zehn Jahre zu verlängern. Es ist nachvollziehbar, dass so lange Fristen für den Kommissar nicht akzeptabel sind, und ich finde es auch ein bisschen arg lang, muss ich sagen, und ansonsten pocht der Kommissar darauf, diese Subventionen entweder degressiv zu gestalten, also schrittweise abzubauen, oder mehr Verbindlichkeit in die freiwilligen Selbstverpflichtungen zu bringen, die als ökologische Gegenleistung durchaus akzeptiert werden können. Ein Instrument, um das zu erreichen, wäre etwa die verbindliche Einführung eines Energie-Audits, dass also die Unternehmen im Gegenzug zur Gewährung des reduzierten Steuersatzes darüber regelmäßig Rechenschaft ablegen müssen, was sie für Energieeinsparungen im Klimaschutz tun - das wäre ein marktkonformes Instrument.
Probst: Stichwort Selbstverpflichtung: Da konnte man ja schon lesen, es sei oder es würde daran gedacht, das Ganze in Gesetzesform zu gießen. Da stellt sich dann natürlich die Frage, ob die Wirtschaft das mit dieser freiwilligen Selbstverpflichtung dann ohne Protest mitmachen würde.
Loske: Na ja, es ist ja zunächst schon mal ein Widerspruch in sich, eine freiwillige Selbstverpflichtung in Gesetzesform zu gießen, denn dann ist es ja keine Freiwilligkeit mehr.
Probst: Und es würde sich ja auch nicht in der Sache ändern, oder?
Loske: Diese freiwillige Selbstverpflichtung ist eine gute Sache. Wir haben ein gutes Monitoring, wir beobachten das genau. Allerdings brauchen wir mehr Verbindlichkeit in dem Sinne, dass die Unternehmen noch mehr Substanz in die Verpflichtung reinbringen müssen. Das könnte beispielsweise dadurch geschehen, dass sie sich eben jährlich oder zweijährlich einem Energie-Audit unterziehen, was übrigens schon sehr viele Unternehmen tun. Das würde auch einen zusätzlichen Pusch für diese Instrument bringen, das schafft nämlich auch Kostentransparenz und klare Fakten über den Ausstoß an Emissionen.
Probst: Degressive Abschreibung, also stufenweisen Abbau, haben Sie eben als weiteres Stichwort, als weitere Möglichkeit zur Konfliktlösung mit Mario Monti genannt. Das würde aber vom nächsten Jahr an auf jeden Fall mehr Belastungen für die Wirtschaft, für die verschiedenen Branchen bedeuten, und das in der gegenwärtig äußerst angespannten Konjunkturlage.
Loske: Na ja, grundsätzlich muss man erst mal sagen, dass die Industrie insgesamt eigentlich ein Profiteur der ökologischen Steuerreform ist, denn es ist ja nicht nur so, dass sie einen reduzierten Satz bezahlt, sondern überdies gibt es hierfür auch noch einen komplizierten Ausgleichsmechanismus, so dass da die Industrie insgesamt überhaupt nicht über Gebühr belastet wird. Was die zukünftige Ausgestaltung betrifft, so legt Monti, wie ich finde zu Recht, Wert darauf, dass klarer gemacht wird, was denn die Sanktionsmechanismen sind, wenn die Ziele der freiwilligen Selbstverpflichtung nicht eingehalten werden. Darauf wird er auch sicherlich bei den Diskussionen das Schwergewicht legen, und ich glaube, dass es vernünftig ist.
Probst: Nun wird aber mit Blick auf den Monat März im Jahre 2002 die Zeit knapp. Die Möglichkeiten, die Sie eben angesprochen haben, das Ganze noch auf den Weg zu bringen, um einen Konflikt zu vermeiden - lässt sich das in der kurzen Zeit regeln?
Loske: Ich glaube ja. Ich glaube nicht, dass es vernünftig wäre, diese Sonderregelung für zehn Jahre vorzuschreiben. Ich glaube aber, dass es vernünftig wäre, sie für einen etwas kürzeren Zeitraum festzuschreiben, denn über kurz oder lang wird es ohnehin dazu kommen. Ich rechne damit ab 2005. Das will ja auch die Kommission. Spätestens ab 2008 liegt das Kyoto-Protokoll vor und wir werden im Bereich des Klimaschutzes in der Industrie ein anderes Instrument bekommen, nämlich den Emissionshandel: Dann wird also von Seiten des Staates oder der Europäischen Union nur noch die Ziele vorgegeben, und wie die Ziele dann erreicht werden, wird den Unternehmen überlassen, und da kommt das Instrument des Emissionshandel mit ins Spiel. Insofern glaube ich, dass es jetzt darum geht, eine Übergangslösung für den Zeitraum 2005/2008 zu finden, und das sollte möglichst sein, wenn bei allen Beteiligten ein bisschen guter Wille da ist. Insofern glaube ich, sollten wir jetzt keine unnötig hohen Wogen schlagen. Das Problem ist zu lösen.
Probst: Reinhard Loske, von den Bündnis/Grünen. Danke nach Berlin.
