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Brustkrebs-Vorsorge mit Mängeln

Im Laufe ihres Lebens erkrankt in Deutschland jede neunte Frau an Brustkrebs. Da die Heilungschancen umso größer sind, je früher man den Tumor entdeckt, wird in der Bundesrepublik gerade eine kostenlose Reihenuntersuchung eingeführt, das so genannte Mammographie-Screening. Wie der Aufbau dieses Früherkennungsprogramms vorangeht und woran es noch hapert - das war eines der Themen auf der 27. Senologen-Tagung, die am Samstag in Lübeck zu Ende ging.

Von Frank Grotelüschen |
    " Das Instrument der Wahl für Brustkrebs-Früherkennung ist die Mammographie."

    Prof. Ingrid Schreer leitet das Mammazentrum des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein. Sie hat das deutsche Mammographie-Screening-Programm, die im Jahre 2004 vom Bundestag beschlossen wurde, mit auf den Weg gebracht.

    " Das befindet sich jetzt im Aufbau: In allen Bundesländern werden Screening-Zentren gebildet, die verantwortlich sind für die Einladung dieser Altersgruppe ganz gezielt."

    89 Screening-Zentren sind vorgesehen. 64 gibt es bereits, der Rest folgt bis Ende des Jahres. Jede Frau zwischen 50 und 69 wird alle zwei Jahre in eines dieser Zentren zu einer kostenlosen Röntgenuntersuchung eingeladen. Länder wie Schweden, Finnland und Großbritannien haben das Mammographie-Screening bereits seit den 70er Jahren. Dadurch sei die Brustkrebs-Sterblichkeit bei Frauen zwischen 50 und 70 um ein Drittel gesunken, schätzt die Weltgesundheitsorganisation WHO. Dennoch gab es immer wieder kritische Stimmen zur Mammographie - etwa die Vermutung, sie würde ein zu hohes Strahlenrisiko bergen.

    "Glücklicherweise ist diese Strahlendiskussion vom Tisch. Der wichtigste Punkt ist der, dass wir wissen, dass das Drüsengewebe, je älter die Frauen werden, immer weniger strahlenempfindlich wird. Jenseits des 50. Lebensjahrs ist Drüsengewebe gar nicht mehr wirklich strahlenempfindlich. Von der Seite überwiegt der Nutzen der Früherkennung eindeutig gegenüber einem Strahlenrisiko"
    Die Mammographie soll Brustgeschwüre bereits dann erkennen, wenn sie noch so klein sind, dass sie sich per Hand noch nicht ertasten lassen. Und je kleiner der Tumor, desto höher die Heilungschancen, sagt Ingrid Schreer. Doch wie zuverlässig ist die Mammographie?

    " Die Mammographie ist immer noch die beste Methode. Aber sie hat ihre Grenzen. Sie sieht nicht alle Karzinome. Und wir wissen, dass das Zwei-Jahres-Intervall nicht für alle Krebse ausreichend ist. Es gibt schnell wachsende Tumoren, für die ist das Zwei-Jahres-Intervall nicht gut."

    Deshalb sollte künftig öfter untersucht werden als nur alle zwei Jahre, meint Ingrid Schreer, und zwar am besten schon bei Frauen ab 40 und nicht erst ab 50.

    " Jüngere Frauen müssten in kürzeren Intervallen mammographiert werden. Wenn bei ihnen Brustkrebs auftritt, wachsen die Tumoren schneller als bei älteren Frauen. Wir wissen, dass Frauen mit dichtem Drüsengewebe ein höheres Risiko haben, Brustkrebs zu bekommen. Die sollten unbedingt jährlich mammographiert werden."

    Je dichter das Drüsengewebe, desto unschärfer wird das Röntgenbild. Dann kann eine zusätzliche Untersuchung mit Ultraschall helfen. Das Problem: Derzeit ist Ultraschall nicht Bestandteil des Screening-Programms, beklagt Schreer.

    " Das ist eine Frage der Finanzierung. Die Krankenkassen sagen im Moment: Wir geben schon soviel Geld für das Screening aus, wir haben nichts mehr übrig. Da muss man massiv kontern. Das wird der Überzeugung bedürfen der Geldgeber"

    Und noch ein Problem gibt es mit dem neuen Mammographie-Screening-Programm: Kürzlich meldeten sich die Pathologen zu Wort. Das sind jene Mediziner, die Gewebeproben aus der Brust untersuchen, wenn im Röntgenbild etwas Auffälliges gefunden wurde. Sie monieren, dass die Krankenkassen nur eine Basisuntersuchung zahlen, nicht aber bestimmte Zusatztests, mit deren Hilfe sich oft erst entscheiden ließe, ob ein Gewebe gut- oder bösartig ist. Einzelne Pathologen seien schon frustriert aus dem Screening-Programm ausgestiegen, beklagt der Berufsverband Deutscher Pathologen - und fordert, dass die Zusatzdiagnostik künftig von den Kassen bezahlt wird. Unterstützung findet er bei Ingrid Schreer.

    " Ich bin eine entschiedene Verfechterin dafür, dass einzufordern. Ich denke, wenn wir jetzt schon Früherkennung machen, dann sollten wir sie auch wirklich so gut wie möglich machen."

    Das Resümee: Allmählich läuft das Sreening-Programm an. Doch die von den Medizinern gewünschte Qualität hat es derzeit noch nicht.

    (Informationen zum Programm im Internet: www.ein-teil-von-mir.de)