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BSE-Schnelltest bei der Edeka-Nord

Ab Juli sollen nun alle Schlachtrinder, die älter als 30 Monate sind, auf BSE getestet werden. Das ist immerhin etwas, wenn auch nicht viel. Denn auch jüngere Tiere können den Erreger in sich tragen. Kälber im Alter von drei Monaten wurden in Großbritannien getötet. Ihre Gehirne waren noch nicht erkrankt, aber infektiös. Insofern mehren sich die kritischen Stimmen, die auch mit dem neuen Test von einem nachlässigen Verbraucherschutz reden. Das Fleischwerk Edeka-Nord hat nun erste Konsequenzen aus den jüngsten Entwicklungen gezogen und prescht vor. Als erstes Handelsunternehmen hat das Fleischwerk einen BSE-Schnelltest bereits eingeführt.

Von Annette Eversberg |
    Seit Montag ist das Schnellestfahren für BSE beim Edeka-Fleischwerk Nord in Pinneberg angelaufen. Im Beisein von Tierärzten und amtlichen Tierbeschauern wurden den an diesem Tag geschlachteten Rindern Gewebeproben entnommen, erläutert der Geschäftsführer des Edeka-Werkes, Rolf Heidenberger:

    Der Kopf wird dann vom Rumpf getrennt. Aus dem Stammhirn - das Stammhirn sitzt am Kopf, also oberhalb des Rückenmarks - wird mit einem scharfkantigen Löffel eine Probe entnommen. In ein Gefäß getan, nach Hamburg gebracht, und nach 12 Stunden erhalten wir dann - bzw. der Schlachthof bekommt es per Fax mitgeteilt, wie der Befund aussieht.

    Bei dem Test handelt es sich um das sogenannte Prionics-Verfahren. Das in der Schweiz, die viele BSE-Fälle hatte, entwickelt wurde und jetzt im Einsatz ist. Der Test wird Prionics genannt, weil der Erreger, der für BSE verantwortlich gemacht wird, ein Prion, d.h. ein Protein ist. Proteine kommen ganz natürlich in jedem Gehirn vor. Der Prionics-Test kann nun feststellen, indem er die gesunden Prionen ausschaltet, ob kranke Prionen im Gehirn des geschlachteten Rindes enthalten waren. Der Prionics-Test ist einer von drei Tests, die von der EU für die Feststellung einer BSE-Infektion von Rindern zugelassen ist. Das Testverfahren bei einem Schlachtunternehmen verlangt, daß ausreichend Kühlkapazität vorhanden sein muß, um die Zeit bis zum Bekanntwerden des Ergebnisses zu überbrücken. Wichtig ist auch, daß dann die Probe zum Tier, von dem sie kam, zurückverfolgt werden kann.

    Rolf Heidenberger: Der Schlachtkörper und der Kopf wird gleich gekennzeichnet. Wir haben ja die Ohrmarkennummer. Insofern ist es kein Problem. Das Röhrchen, wo die Probe reinkommt, ist mit der Ohrmarke versehen, d.h. sollte so ein Test positiv sein, können wir natürlich genau feststellen, von welchem Tier, und aus welcher Herde und von welchem Landwirt das Tier kommt.

    An den gesetzlich verlangten Vorkehrungen für die Kennzeichnung kann bei dem Test nun angeknüpft werden. Stellt sich dabei heraus, daß die Probe positiv wird der entsprechende Schlachtkörper sofort aus dem Verkehr gezogen. Um dem Verbraucher die größtmögliche Sicherheit zu geben, läßt die Edeka-Nord so Rolf Heidenberg - alle ihre Rinder, die in ihrem Auftrag geschlachtet werden.

    Rolf Heidenberger: Unsere Tiere sind 18 Monate alt, wir testen aber auch unsere Bio-Tiere. Das sind Ochsen und Färsen, die haben ein Alter von 24 bis 26 Monate.

    An diesem Alter der Tiere scheiden sich allerdings die Geister der Fleischvermarkter, Wissenschaftler und Veterinäre. Bei Tierversuchen an Kälbern wurde festgestellt, daß sich die Erreger wegen der langen Inkubationszeit erst bei einem Alter von 30 Monaten nachweisen ließen. Deshalb auch der Beschluß der EU-Landwirtschaftsminister, Tiere ab einem Alter von 30 Monaten überhaupt erst zu testen. Allerdings geht es dabei nicht um die Tiere, die schon jetzt in den Verzehr gelangen. Sondern um solche Rinder, die an einer unbekannten Todesursache gestorben sind. Wobei auch Unklarheit darüber herrscht, ob dann die Kuh getestet wird, die bei der Geburt des Kalbes verendet ist. Aber den EU-Landwirtschaftsministern und Veterinären muß man auch entgegenhalten, daß das jüngste Tier, das Symptome einer BSE-Erkrankung aufwies, nicht älter als 20 Monate ist. Deshalb ist auch der Test von Kälbern, der derzeit noch nicht vorgenommen wird, für Rolf Heidenberger kein grundsätzliches Tabuthema:

    Rolf Heidenberger: Wenn auch nur die geringste Möglichkeit bestehen sollte, daß man mit diesem Prionentest eventuelles BSE auch bei Kälbern feststellen könnte. Bei der Eventualität würden wir auch diese Tiere testen.

    Der Prionentest selber ist allerdings nicht zum Nulltarif zu haben. Etwa 100 Mark kostet der Test pro Tier. Diese Kosten werden, da man zwar das Tiermehl für BSE verantwortlich macht, aber dennoch keinen genauen Verursacher dingfest machen kann, vorerst auf den Verbraucher abgewälzt. Mit ca.50 Pfennigen pro Kilogramm Rindfleisch. Das wird auch bei den Schlachtkörpern geschehen, die nun bei der Edeka-Nord in rund 14 Tagen in die Theken kommen. Denn das erste Ergebnis des BSE-Schnelltests war negativ, was man an dem Probenzettel ablesen kann. Es zeigen sich zwei kleine wagerechte Striche. Das Verfahren wird ab jetzt tagtäglich weitergeführt. Auch wenn am 1. Juli kommenden Jahres nach den EU-Vorgaben nur die 30Monate alten Tiere getestet werden sollen. Bei solch einem Verfahren sieht Rolf Heidenberger auf die Schlachtunternehmen große Probleme zukommen.

    Rolf Heidenberger: Ich weiß es nicht, wie es am Schlachtband laufen soll, daß man dann diese Tiere, die dann über drei Jahre ca. alt sind, wie man die dann in einem Schlachtprozeß, wo es ja schnell gehen muß aus Kostengründen, wie man da dann die Tiere raussuchen will. Wir gehen unseren Weg, wir nehmen sämtliche geschlachteten Tiere, nämlich 60.000 rein, was andere machen, das sollen andere dann auch beantworten.