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BSE und MKS

Das neue Gewährleistungsrecht, das am 1. Januar dieses Jahres in Kraft getreten ist, gilt nicht nur für den Kauf von Kühlschränken und Waschmaschinen zum Beispiel, sondern auch beim Viehhandel, also beim Kauf und Verkauf von Schweinen oder Rindern beispielsweise. Zwei Jahre lang hat jetzt der Käufer ein Recht auf Gewährleistung. Der Viehhandel wird also verstärkt in die Pflicht genommen.

von Annette Eversberg |
    Keine Sonderregelung für die Land- und Ernährungswirtschaft - das ist die Quintessenz aus dem neuen allgemeinen Kaufrecht, das nun auch für den Bereich der Nahrungsmittelerzeugung und den Viehhandel gilt. Jeder, der ein Tier verkauft, muss dafür eine Garantie von zwei Jahren gewähren. Und zwar für alle möglichen Mängel, die vor dem Verkauf liegen. Eignet sich ein Eber nicht zur Zucht oder bekommt eine Kuh kein Kalb, dann kann der Verkäufer beim Käufer auf die Garantie pochen. Wichtig ist dies vor allem dann, wenn man auch noch nach einem längeren Zeitraum nachweisen kann, dass ein Tier an einer Seuche erkrankt ist, die zur wirtschaftlichen Verlusten führt. Zum Bespeil an BSE, erläutert der Kieler Rechtsanwalt Dr. Andreas Piltz, der gleichzeitig als landwirtschaftlicher Berater tätig ist:

    BSE ist zweifellos ein Mangel, ohne Rücksicht darauf, ob im Vertrag vereinbart worden ist, ob die Kuh BSE-frei ist oder nicht. Grundsätzlich hat dann der Käufer, wenn BSE festgestellt wird, die normalen vertraglichen, gesetzlichen Gewährleistungsrechte, d.h. er kann zunächst verlangen, das der Mangel beseitigt wird, was bei BSE naturgemäß ausgeschlossen ist oder dass ihm statt dessen ein gesundes Tier geliefert. Das dürfte auch ausgeschlossen sein, weil BSE erst festgestellt wird nach dem Schlachten des Tieres. Erst wenn diese Ansprüche auf Nacherfüllung nicht erfüllt werden können, dann hat der Käufer die Möglichkeit, eine Minderung des Kaufpreises bis auf Null oder die Rückgängigmachung des gesamten Vertrages zu verlangen.

    Auch die Möglichkeit für den Käufer, Schadensersatz zu bekommen ist nach dem neuen Gesetz gegeben. Allerdings - so Andreas Piltz - nur unter bestimmten Bedingungen:

    Schadensersatz kann er grundsätzlich nur verlangen, wenn der Verkäufer das Vorhandensein des Mangels verschuldet. Das kann sein, dass entweder der Verkäufer den Mangel selbst herbeigeführt hat, durch eine unsachgemäße Fütterung der Kuh oder durch unsachgemäße Fütterung anderer Tiere. Er haftet auch dann, wenn er das Vorhandensein eines Mangels kennt, diesen Mangel aber arglistig verschwiegen hat.

    Das stärkt den Käufer von Vieh, erlegt ihm aber auch die Last auf, die Mängel zu beweisen. Das kann bei BSE schwierig werden, im Falle von MKS oder Schweinepest ist es leichter, wenn die Gewährleistungsfrist grundsätzlich länger als die bisher üblichen 28 Tage ist. Einfacher wäre es, wenn der Viehverkäufer mit dem Zusatz werben sollte, meine Tiere sind garantiert BSE- frei. Nach dem neuen Recht muss er nämlich für alle Zusicherungen in Werbeprospekten geradestehen. Auch wenn er dem Mäster nur verspricht, dass die Ferkel, die er anbietet, eine bestimmte Gewichtszunahme erreichen. Die längere Gewährleistungsfrist ist allerdings nicht in allen Fällen neu. Auch bisher haben sich Schlachtereien schon gegenüber dem Landwirt oder dem Viehhändler abgesichert, wenn es darum ging, bestimmte Rinderkrankheiten zu vermeiden. Dafür haben sie Geschäftsbedingungen formuliert, an die sich die Lieferanten halten mußten. Es gab auch eine Gewährleistungsfrist des Lieferanten für den Fall, dass Tiere mit verbotenen Medikamenten behandelt worden waren. Andreas Piltz:

    Selbst dann, wenn das Schwein schon längst verarbeitet worden und aufgegessen ist, kann es immer noch sein, dass der Landwirt als Lieferant an die Schlachterei auf Gewährleistung in Anspruch genommen werden kann.

    Was für die Schlachtereien gilt, das gilt allerdings jetzt ebenso für den Verbraucher. Auch er kann sein Schnitzel grundsätzlich zwei Jahre lang reklamieren. Das wird selten vorkommen. Der gängige Fall könnte aber sein: Ein Kunde kauft im Supermarkt ein Stück Fleisch, das abgepackt und zum Einfrieren geeignet ist. Nach fünf Monaten stellt er einen Mangel fest, weil die Verpackung nicht dicht war. Dabei hat er nicht nur das Recht auf Reklamation. Im Vergleich zum Unternehmer profitiert er als Verbraucher noch in anderer Weise vom neuen Kaufrecht.

    In diesen Fällen sieht das Gesetz eine Beweislastumkehr bis sechs Monaten vor, und das bedeutet, dass innerhalb der sechs Monate der Käufer nicht nachweisen muss, dass der Mangel schon vorhanden war, sondern umgekehrt der Lieferant, der Händler muss nachweisen, dass zum Zeitpunkt der Übergabe die Sache in Ordnung war, der Mangel erst später aufgetreten ist.