Baumgarten: Zunächst einmal muss man sich als Europäer, zumal als Deutscher, von dem Gedanken verabschieden, gepflegte Messehallen, hinreichend Schilder, alles wunderbar aufgeräumt und gut sortiert. Die Buchmesse in Kairo ist eine riesige Verkaufsmesse, da werden wahnsinnig viele Bücher angeboten, da gibt es Zahlen, die bis zu Fünf Millionen gehen. Wenn Sie hingehen, sehen Sie nicht nur die gebundenen Folianten, die dicken Schwarten und in Leder gehüllten Werke, da werden auch Traktate gereicht. Es ist ein auf den ersten Blick ziemlich großes Durcheinander. Dann gibt es Hallen, wie den französischen Pavillon oder die Lotushalle, da ist so ähnlich wie in Frankfurt: Es ist ruhig, Bücher in Regalen aufgestellt, der Unterschied ist nur: In Kairo kann man sie kaufen.
Koldehoff: Bevor wir auf die politischen Aspekte zu sprechen kommen, noch mal eine Frage zur deutschen Beteiligung: Sind das große deutsche Verlage, die da ausstellen oder sind das Buchhändler, die auch deutsche Bücher im Angebot haben?
Baumgarten: Wenige deutsche Verlage. Das auffälligste an deutscher Beteiligung ist der deutsche Stand, den es schon seit einigen Jahren gibt, initiiert von der Deutschen Welle. Darüber hinaus gibt es dann etliche Anbieter, es gibt in Kairo einen deutschsprachigen Buchladen, der ziemlich bekannt ist, aber das Angebot an deutscher Literatur ist nicht sehr groß; außer am deutschen Stand und die dürfen wiederum nichts verkaufen. Die dürfen seltsamerweise nur deutsche Bücher in arabischer Übersetzung verkaufen.
Koldehoff: Die Beschränkungen, die Sie beschrieben, ist das Ausdruck von Zensur?
Baumgarten: Ich glaube, es ist in dem Fall eher ein Ausdruck von Unordnung. Es gibt eine Zensur. Ein Buch, das es in dem deutsche Buchladen gibt und auf dessen Stand auf der Messe, gibt es in deutsch, aber nach wie vor nicht in arabisch. Es gibt Probleme mit angeblich oder tatsächlich pornographischer Literatur. Die darf grundsätzlich nicht verkauft werden, bestimmte politische Themen dürfen nicht verkauft werden, islamistische Literatur, wenn sie denn von bestimmten Leuten stammt, auch nicht. Aber darüber hinaus gibt es natürlich jede Menge Traktate, die sich genau mit diesen Themen beschäftigen, ich habe es vorhin salopp formuliert, die Kunst des Bartschneidens für den islamischen Mann. Solche Sachen findet man tatsächlich, wie man seine Fingernägel schneidet, seine Haut pflegt, wie man als muslimisches Ehepaar Geschlechtsverkehr hat, all solche Sachen findet man. Aber eben in dieser konservativen Auslegung.
Koldehoff: Merkt man dieser Buchmesse in Kairo grundsätzlich die Spannungen an, die es im Moment zwischen der arabischen und christlichen Welt gibt?
Baumgarten: Nur insofern, als es eine ganz große Vielzahl von Diskussionen und Symposien gibt, die sich mit diesem Themenbereich, 11. September und die Folgen, Dialog der Kulturen, drohender Irak-Krieg gibt. Daran merkt man es.
Koldehoff: Rechnet man denn in Ägypten unter den Intellektuellen, die an diesen Diskussionen teilnehmen mit einem Krieg gegen den Irak?
Baumgarten: Sie rechnen alle mit dem Krieg und sind auch alle einer Meinung: Dass er nicht stattfinden sollte, weil man nicht weiß, wohin das führt. Der Krieg gegen den internationalen Terrorismus wird inzwischen nicht nur von dem so genannten kleinen Mann auf der Straße, sondern eben von vielen Intellektuellen bis hin zum Staatspräsidenten Mubarak selbst, der bei der Messeeröffnung genau dies gesagt hat, als 'Kampagne gegen die Muslime und die arabische Welt' empfunden, die im 'Deckmantel des Krieges gegen den internationalen Terrorismus daherkommt'.
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722.html
Koldehoff: Bevor wir auf die politischen Aspekte zu sprechen kommen, noch mal eine Frage zur deutschen Beteiligung: Sind das große deutsche Verlage, die da ausstellen oder sind das Buchhändler, die auch deutsche Bücher im Angebot haben?
Baumgarten: Wenige deutsche Verlage. Das auffälligste an deutscher Beteiligung ist der deutsche Stand, den es schon seit einigen Jahren gibt, initiiert von der Deutschen Welle. Darüber hinaus gibt es dann etliche Anbieter, es gibt in Kairo einen deutschsprachigen Buchladen, der ziemlich bekannt ist, aber das Angebot an deutscher Literatur ist nicht sehr groß; außer am deutschen Stand und die dürfen wiederum nichts verkaufen. Die dürfen seltsamerweise nur deutsche Bücher in arabischer Übersetzung verkaufen.
Koldehoff: Die Beschränkungen, die Sie beschrieben, ist das Ausdruck von Zensur?
Baumgarten: Ich glaube, es ist in dem Fall eher ein Ausdruck von Unordnung. Es gibt eine Zensur. Ein Buch, das es in dem deutsche Buchladen gibt und auf dessen Stand auf der Messe, gibt es in deutsch, aber nach wie vor nicht in arabisch. Es gibt Probleme mit angeblich oder tatsächlich pornographischer Literatur. Die darf grundsätzlich nicht verkauft werden, bestimmte politische Themen dürfen nicht verkauft werden, islamistische Literatur, wenn sie denn von bestimmten Leuten stammt, auch nicht. Aber darüber hinaus gibt es natürlich jede Menge Traktate, die sich genau mit diesen Themen beschäftigen, ich habe es vorhin salopp formuliert, die Kunst des Bartschneidens für den islamischen Mann. Solche Sachen findet man tatsächlich, wie man seine Fingernägel schneidet, seine Haut pflegt, wie man als muslimisches Ehepaar Geschlechtsverkehr hat, all solche Sachen findet man. Aber eben in dieser konservativen Auslegung.
Koldehoff: Merkt man dieser Buchmesse in Kairo grundsätzlich die Spannungen an, die es im Moment zwischen der arabischen und christlichen Welt gibt?
Baumgarten: Nur insofern, als es eine ganz große Vielzahl von Diskussionen und Symposien gibt, die sich mit diesem Themenbereich, 11. September und die Folgen, Dialog der Kulturen, drohender Irak-Krieg gibt. Daran merkt man es.
Koldehoff: Rechnet man denn in Ägypten unter den Intellektuellen, die an diesen Diskussionen teilnehmen mit einem Krieg gegen den Irak?
Baumgarten: Sie rechnen alle mit dem Krieg und sind auch alle einer Meinung: Dass er nicht stattfinden sollte, weil man nicht weiß, wohin das führt. Der Krieg gegen den internationalen Terrorismus wird inzwischen nicht nur von dem so genannten kleinen Mann auf der Straße, sondern eben von vielen Intellektuellen bis hin zum Staatspräsidenten Mubarak selbst, der bei der Messeeröffnung genau dies gesagt hat, als 'Kampagne gegen die Muslime und die arabische Welt' empfunden, die im 'Deckmantel des Krieges gegen den internationalen Terrorismus daherkommt'.
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