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Buchmessestandort Frankfurt gesichert?

Stefan Koldehoff: In Frankfurt sitzt jetzt Michael Brandt, der die gerade begonnene Pressekonferenz in Frankfurt verfolgt. Herr Brandt, was sagt denn Frankfurt nun zu den Vorwürfen der Messeleitung und zu den Überlegungen?

Michael Brandt im Gespräch |
    Michael Brandt: Es läuft zunächst einmal darauf hinaus, dass man sich auf eine 'konstruktive Einigung', so ist die Formulierung die Oberbürgermeisterin Petra Roth gebrauchte, geeinigt hat. Bis zum 1. März 2003 soll ein gemeinsames Konzept vorgelegt werden, wie man sich einigen kann. Zu den Gesprächspartnern gehört die Buchmesse mit Geschäftsführer Volker Neumann, der ja am Wochenende diese ganze Lawine ins Rollen gebracht hat. Hinter ihm steht natürlich der Börsenverein des deutschen Buchhandels, der in diesem Gespräch heute auch vertreten war. Die andere Seite ist dann eben die Messe Frankfurt mit Michael von Zitzewitz, dem Geschäftsführer, der Hotel- und Gaststättenverband und die Oberbürgermeisterin samt Kulturdezernent. Die saßen nun also seit 15 Uhr zusammen. Es sollte ja schon um 17 Uhr eine Pressekonferenz geben. Es hat jetzt doch deutlich länger gedauert. Das deutet ja doch darauf hin, dass es verhältnismäßig ernsthafte Verhandlungen gegeben hat und dass es zur Sache gegangen ist. Hören wir uns noch mal kurz Herrn Neumann an, was der zu Anfang gesagt hat.

    Neumann: Ohne Zweifel hat die Buchmesse in Frankfurt eine große und lange Tradition von 56 Jahren. Das gibt man nicht grundlos und auch nicht kampflos seitens der Buchmesse auf. Heute wird es vorrangig darum gehen, über die Probleme zu sprechen, die uns derzeit bewegen, uns nach Alternativen umzuschauen. Möglicherweise sind die Vorschläge, die man uns unterbreitet, so konkret, dass es bereits heute zu einer Einigung kommen kann.

    Brandt: Zumindest in Grenzen hat es diese Einigung schon gegeben. Zu den Problemen möchte ich noch folgendes sagen. Das eine ist die Preisentwicklung in der Messe Frankfurt. Die Messe ist immer teurer geworden. In dem Vertrag zwischen Buchmesse und Messe Frankfurt gibt es auch eine Klausel, dass jedes Jahr die Mieten um zehn Prozent erhöht werden dürfen. Da kommen natürlich ganz erkleckliche Beträge zusammen, die in dieser Situation sehr schwierig sind.

    Koldehoff: Herr Brandt, war das denn nun alles, nachdem es heute alles wieder einigermaßen versöhnlich klingt, von beiden Seiten nur ein taktisches Manöver, um in Frankfurt die Preise zu drücken? Oder meinen Sie, dass die Pläne, nach München zu gehen, schon ernst gemeint waren?

    Brandt: Es kommt mir schon wie ein taktisches Manöver von Volker Neumann vor. Die Situation war in der Tat unbefriedigend. Ich habe mir sagen lassen, dass es im November, nach der Buchmesse 2002, die ja nicht so toll gelaufen war, ein Gespräch zwischen Neumann und der Messeleitung gab. Dieses Gespräch sei, wie es heißt, sehr unbefriedigend gewesen. Daraufhin hat Neumann hin- und herüberlegt, was er tun kann. Dann ist er eben an die Öffentlichkeit gegangen. Erstmalig hat das ja schon im Dezember getan. Am Wochenende, also am Freitag, hat er es eben in München gesagt, dass man mit dieser Option spiele. Ich denke, es war Spiel über die Bande, weil man mit der Stadt und mit dem Land Hessen neue Verhandlungen wollte. Beide sind ja Geschäftsteilhaber der Messe Frankfurt. So sollte es dann auch nicht weitergehen. Man will aber eigentlich in Frankfurt gerne bleiben.

    Koldehoff: Nun waren ja am Wochenende sämtliche wichtige Personen, sowohl aus Frankfurt als auch aus Hessen, im Fernsehen mit Statements zu sehen. Der Ministerpräsident hat sich geäußert. Die Oberbürgermeisterin, die ja auch heute zum Krisengipfel eingeladen hatte, hat auch gesprochen. Ist es denn Zufall, dass dieser Poker um die Preise 14 Tage vor der hessischen Landtagswahl stattfindet?

    Brandt: Das sollte mich sehr wundern. Ich denke eher, dass Neumann schon seit einiger Zeit nach einer Gelegenheit gesucht hat, um da aktiv zu werden. Primär ist natürlich doch die Stadt Frankfurt betroffen. Die Oberbürgermeisterin sagte es ja auch schon auf der Auftaktveranstaltung von der letzten Messe: 'Die Buchmesse ist ihre Lieblingsmesse'. Dass Roland Koch jetzt das Wort ergriffen hat, spielt eine Rolle. Aber er gilt ohnehin als sehr interessiert an der Wirtschaftspolitik in Frankfurt. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass er im Hintergrund ein wenig die Strippen gezogen hat. Ich sagte es ja. Das Land Hessen hat eine 14.-Prozent-Beteiligung an der Messe. Ich kann mir schon vorstellen, dass die eine oder andere Telefonleitung da in den letzten Tagen heiß gelaufen ist.

    Koldehoff: Hat man denn heute schon was verlauten lassen, wie es nun konkret weiter geht? Man will im Gespräch bleiben. Man möchte eine Klärung herbeiführen. Wird es weitere Krisengipfel geben? Oder findet der Rest dieser Veranstaltung hinter den Kulissen statt?

    Brandt: Wenn man bis zum 1. März einen tragfähigen Kompromiss vorlegen kann, an dem vor allem natürlich die Messe und die Frankfurter Hotellerie beteiligt sein müssten, wird die Krise vorbei sein. Wenn man sich nicht einigt, dann geht sie weiter.

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