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Buchtipp von links

Der konservative Hugo Müller-Vogg und der Sozialdemokrat Uwe-Karsten Heye haben das Buch "Steinbrück oder Merkel?" geschrieben. Darin nachzulesen sind die Unterschiede der Politik von Schwarz-Gelb und Rot-Grün. Offiziell vorgestellt wurde es von einen Linken: Gregor Gysi.

Von Susanne Arlt |
    Wer gehofft hatte, Gregor Gysi würde dieses Podium nutzen, zum politischen Rundumschlag ausholen, mal wieder ordentlich opponieren, sich streitsüchtig und scharfzüngig geben, der kam nicht so richtig auf seine Kosten. Als Moderator gab sich der Fraktionsvorsitzende der Linken in der Hamburger Landesvertretung in Berlin-Mitte lieber zurückhaltend - und nur manchmal ironisch. Schließlich gehe es hier nicht um seine eigene politische Position, betonte Gysi, sondern um die Meinung der beiden Autoren. Wer ist der bessere Kanzlerkandidat - Steinbrück oder Merkel? Zu dieser Frage hatte er allerdings schon vor der Buchlektüre eine glasklare Haltung.

    "Beide würde ich als Kanzler nicht wählen, Punkt."

    In vier Monaten hat Deutschland also die Wahl. Und welcher Kandidat der bessere ist, das versuchen Uwe-Karsten Heye, früherer Regierungssprecher von Ex-Kanzler Gerhard Schröder, und Hugo Müller-Vogg, ehemaliger Mitherausgeber der "FAZ", dem interessierten Leser auf 127 unterhaltsamen Seiten näherzubringen. Gregor Gysi hat die Lektüre gut gefallen, spendete darum erst einmal wohlwollend Lob.

    "Beide können gut schreiben, das Buch ist wirklich gut zu lesen. Und das Interessante ist, dass ausgehend von der gleichen Faktenbasis, völlig unterschiedliche Wertungen möglich sind. Dann steht links 'ne Zahl, dieselbe wie rechts und trotzdem ist das Ergebnis der Wertung eine völlig unterschiedliche. Das war für mich so bisschen ein Genuss daran."

    Gregor Gysi grinst schelmisch in sich hinein. Er liebt es, wenn er seine Gegner politisch vorführen kann. Ein Beispiel: die Arbeitsmarktstatistik. Hugo Müller-Vogg schwärmt, von dieser niedrigen Arbeitslosenquote könnten andere Länder doch nur träumen. Uwe-Karsten Heye hält dagegen: Der Jobzuwachs passiere vor allem auf dem Niedriglohnsektor. Gregor Gysi nickt zustimmend, hält dann inne und fasst mit einem süffisanten Lächeln zusammen: Müller-Vogg ist ein schwerer Neoliberaler, Heye ein halber. Am Ende aber hat ihn keiner überzeugt.

    "Ich war sehr gespannt, für welche Kandidatin oder welchen Kandidaten ich mich entscheide. Ich habe wirklich nicht zweimal, aber einmal vollständig gelesen (seufzt). Und finde, ich bin dann doch besser (lacht). Das war dann doch ironisch, aber ernsthaft, ich sehe bei beiden zu wenig Zukunft. Zu wenig Mut, wirklich große, gesellschaftliche Veränderungen anzugehen, die wir benötigen."

    Der Punkt geht an Gysi. Aber inzwischen altersweise spendet er nach dem Tadel wieder Lob. Nicht so entzückend findet der Fraktionschef der Linken im Bundestag hingegen, dass seine eigene Partei in dem Buch kaum eine Rolle spielt. Heye und Müller-Vogg haben die Spitzenkandidaten aller Parteien bestens im Blick. Nur eben Gysis bunte Truppe nicht. Das achtköpfige Team werde einfach verschmäht, moniert er und schaut fast ein bisschen beleidigt drein.

    "Dafür gibt es aber einen kleinen Aufsatz, Bemerkung über die Linke, da komme ich natürlich auch vor, und da wird die Linke so behandelt, sage ich mal, als einen Verein von Irren und Cryptokommunisten. Wobei bei Müller-Vogg die im Osten ein bisschen normaler sind, das ist ja auch schon mal eine interessante Erkenntnis."

    Auch wenn sich der Moderator Gregor Gysi in dieser rot-schwarzen Runde gerne zurückhaltend gibt. Und zur Koalitionsfrage - trotz mehrfacher Nachfrage – nur elegant lächelt. Nur so viel macht er klar: Eine Tolerierung durch die Linken so wie damals Mitte der 1990er in Sachsen-Anhalt schließt er komplett aus. Hugo Müller-Vogg hakt nach:
    "Also Moment, also Herr Gysi hat die Frage Koalition noch nicht beantwortet. Das geht ja nicht, immer den anderen Fragen stellen und selbst nicht antworten … doch, doch das geht. Das ist die Aufgabe des Moderators, nie eine Frage zu beantworten, sondern nur welche zu stellen. Deshalb schätze ich diesen Job auch gelegentlich."

    Seiner Mimik und Gestik ist trotzdem anzusehen, welche Streitschrift ihm besser gefällt. Uwe-Carsten Heye schaut er aufmerksam, freundlich an, bei Müller-Vogg geht sein Blick oft an die Decke oder ins Leere. Besonders deutlich wird das, als der Linken-Fraktionschef nach den dringenden gesellschaftspolitischen Veränderungen fragt. Hugo Müller-Voggs Antwort klingt da eher nüchtern.


    "Ich möchte nicht, dass wir in der BRD eine Situation bekommen, wo sozusagen die Umverteilung wichtiger ist, als dass der Kuchen wächst."

    Typisch konservativ, murrt Uwe-Karsten Heye, Gysi nickt. Interessiert verfolgt er, wie Heye sich in Rage redet. Er fordert, was eigentlich auch Gysi will: eine vernünftige Einwanderungspolitik, Gedanken zum demografischen Wandel, zur Globalisierung. Und allen voran: die Bildung.

    "Das aber kostet Geld und wird ohne Steuererhöhung nicht gehen."

    Und schon wieder nickt Gysi. Aber auch hier macht er klar: Eine Koalition mit der SPD kann er sich nicht vorstellen. Zumindest noch nicht, schiebt er nach. So lautet am Ende das Fazit: Dem Wähler Gregor Gysi hilft das Buch nicht weiter, weder bei der Koalitionsfrage noch bei der Kanzlerfrage.

    "Nein, also mein Lieblingsbuch auf Lebenszeit bleibt Faust!"