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Budget runter, Studiengebühren rauf

Die Elite-Universität Harvard hatte noch im Sommer verkündet, dass ihr Stiftungskapital recht ansehnlich Früchte getragen hatte. Dann aber kam der Absturz: Die Geldanlage verlor ein Viertel des Uni-eigenen Investmentfondswerts im Zuge der Finanzkrise. Überall in den USA werden die Hochschulen den Gürtel enger schnallen müssen.

Von Arndt Reuning |
    Harvard hätte das Geld gut brauchen können. Denn die Universität will ihren Campus südlich von Cambridge, im Bostoner Stadtteil Allston, zügig ausbauen. Damit könnte es nun erst einmal zu Ende sein. Darauf hat zumindest die Universitätspräsidentin Drew Faust ihre Dekane vorbereitet - in einem Rundschreiben zur wirtschaftlichen Lage der Hochschule. Zitat:

    "Wir überdenken gerade den Umfang und die Geschwindigkeit, mit der wir geplante Großprojekte vorantreiben. Das schließt auch den Universitätsausbau in Allston mit ein. Außerdem werfen wir einen scharfen Blick auf alle Neueinstellungen, auf unsere Personalausstattung und die Vergütungen - um zu einem Schluss zu kommen, wie wir unsere Gesamtausgaben senken können, während wir gleichzeitig in die akademischen Programme investieren, die heutzutage für Harvard lebenswichtig sind und die uns morgen noch weiter voran bringen werden."

    Landauf, landab: Die wirtschaftliche Misere zwingt die Hochschulen in den USA zum Umdenken in ökonomischen Belangen. Sagt Terry Hartle, Senior Vice President bei dem American Council on Education, einem Dachverband, der rund zweitausend Universitäten und Colleges vertritt.

    "Alle Institutionen haben sehr schnell versucht, ihre Ausgaben zu kürzen. Manche frieren die Gehälter ein, verbieten Neueinstellungen oder verhängen Reisebeschränkungen. Die Universität von Maryland hat gerade angekündigt, dass die Lehrkräfte und die anderen Mitarbeiter für fünf Tage in unbezahlten Urlaub geschickt werden. In anderen Worten: Die Universität schließt für fünf Tage, um Ausgaben zu vermeiden. Das sind allerdings keine Maßnahmen, die langfristig Geld einsparen. Man kann keine Universität führen, indem man seinen Mitarbeitern auf unbestimmte Zeit frei gibt."

    Und deshalb wird es wohl an immer mehr Hochschulen zu Entlassungen kommen. Die Universität von Florida beispielsweise hat in diesem Jahr ungefähr 430 Stellen gestrichen. Im kommenden Jahr muss diese öffentlich geführte Anstalt ihren Haushalt noch einmal um 10 Prozent kürzen. An der privaten Brandeis University in Waltham, Massachusetts, denken die Lehrkräfte über einen freiwilligen Lohnverzicht von einem Prozent nach – um Entlassungen zu vermeiden. Und die Syracuse University im Bundesstaat New York will mit einer Spendenaktion noch zusätzliche zwei Millionen Dollar von ihren Unterstützern einwerben. Die Beispiele zeigen: Nicht nur private Hochschulen wie Harvard sind betroffen, die ihr Vermögen in riskanten Anlagen investiert haben. Auch öffentliche Universitäten leiden an akutem Geldmangel. Und das könnten die Studierenden und ihre Familien zu spüren bekommen.

    "Öffentliche Universitäten und Colleges, wo 80 Prozent der amerikanischen Studierenden eingeschrieben sind, erhalten den Großteil ihres Haushalts von den Regierungen der Bundesstaaten. Die leiden natürlich auch unter dem Wirtschaftsabschwung. Und wenn die Einkünfte der Staaten sinken, dann ist es nicht ungewöhnlich, die Finanzierung für öffentliche Hochschulen zu reduzieren – und die Studiengebühren steigen zu lassen, um die fehlenden Einkünfte auszugleichen."

    Die Studiengebühren sind in den vergangenen Jahren sowieso stetig gestiegen – und zwar schneller als die Inflation. Anfang Dezember hatte das National Center for Public Policy and Higher Education eine Studie vorgestellt, die zu dem Ergebnis kam, dass in 25 Jahren in den USA Hochschulbildung ein Luxusgut sein könnte – sollten die Studiengebühren weiterhin nach oben schnellen. Terry Hartle vom American Council on Education glaubt jedoch, dass zumindest an privaten Universitäten die Gebühren unter dem wirtschaftlichen Druck bald schon sinken werden. Denn diese Institutionen müssen sich am Markt behaupten. Allerdings werden es sich wohl immer weniger dieser Hochschulen erlauben können, besonders begabten und gleichzeitig bedürftigen Studierenden die Campusgebühr ganz zu erlassen.