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Bücher des Jahres (6)

Die Geschichte der Wolken. 99 Meditationen

Michael Braun | 29.12.2003
    Suhrkamp, 120 S., EUR 19,90
    Michael Braun

    Es gehört zu seinen poetischen Lieblingsübungen, den Meisterdenker Karl Marx auf den Kopf zu stellen. "Die Philosophen haben die Welt nur verschieden verändert, es kommt aber darauf an, sie zu verschonen." Diese listige Umkehrung eines berühmten Marx-Diktums hat der Dichter Hans Magnus Enzensberger als Maxime für sein poetisches Alterswerk adoptiert. In der Kunst der Unterlassung, der Nicht-Intervention, der Welt-Verschonung und skeptischen Selbstbegrenzung hat er es inzwischen weit gebracht. Der linksliberalen Intelligenz eilte er als "Fliegender Robert" mit eskapistischen Botschaften schon zu einem Zeitpunkt davon, als diese noch von einer revolutionären Transformation der bürgerlichen Demokratie träumte.

    Spätestens 1982, mit seiner essayistischen "Verteidigung der Normalität", waren Enzensbergers Abrissarbeiten am linksradikalen Weltgeist abgeschlossen. Der unspektakulären "Normalität" und den mit ihr verbundenen "Wonnen der Gewöhnlichkeit" ist er seither treu geblieben. Mit dem Gedichtband "Zukunftsmusik" von 1991 setzte er dann zum ersten Mal die Einübung in ästhetische Schwebezustände auf die poetische Tagesordnung. Das Gedicht "Gedankenflucht (IV)", nachzulesen im Band "Kiosk" von 1995, bestimmt die Beobachterposition, auf der sich Enzensberger seither angesiedelt hat:

    Bei dem, was der Fall ist, bleibt es nicht. Ja, sagt sie, ich will zurück, ich will weiter, unabsehbar, bewege ich mich, bin bewegt, bis auf weiteres bleibe ich, in der Schwebe.

    Um diesen ästhetischen Schwebezustand nachhaltig zu stabilisieren, reaktiviert Enzensberger eine poetische Tugend, die fast in Vergessenheit geraten ist. Es ist die Grazie, jene Anmut und schöne Leichtigkeit, wie sie schon von den gleichnamigen altrömischen Göttinnen zum Lebensprogramm erhoben worden sind. Im Gedicht "Gnade", das ebenfalls aus dem Band "Kiosk" stammt, formulierte der Dichter sein Bekenntnis zur Grazie:

    Andererseits wäre ein wenig Grazie immerhin etwas. Das höchste der Gefühle. Ein wenig Grazie wäre besser als nichts, Ein wenig Grazie wäre mir schon genug.

    Sehr schöne Exempel dieser Grazie sind nun auch im jüngsten Gedichtband Enzensbergers zu besichtigen. Hier vertieft er seine Beschäftigung mit den Materialeigenschaften flüchtiger Stoffe, die ihn mittlerweile weit mehr interessieren als die sozialen Aggregatzustände jener Gesellschaft, die ihn einst zu kulturrevolutionären Reflexionen provoziert hatte. "Die Geschichte der Wolken" erscheint ihm eben lehrreicher als die "Kritik der politischen Ökonomie". Enzensbergers "moralische Gedichte" von 1999 gefielen sich darin, nach jenen Gegenständen und Materien zu suchen, die "leichter" sind "als Luft". Damit geriet er unvermeidlich auch in die Sphären der Transzendenz. Denn "leichter als Luft", so belehrte einen das Titelgedicht, sind nicht nur poetische und mathematische Phänomene, sondern auch rein metaphysische Objekte wie z.B. Heiligenscheine.

    Wenn Enzensberger nun auf seine "Moralischen Gedichte", die seinen Standort in einem altersweisen Stoizismus befestigten, "99 Meditationen" folgen lässt, dann darf man die Verfeinerung jener quietistischen Philosophie des Rückzugs erwarten, die bereits in den vorangegangenen Gedichtbänden konturiert worden war.

    Tatsächlich haben wir es diesmal mit subtilen lyrischen Grübeleien zu tun, in denen sich das Ich noch demonstrativer als je zuvor zu jener idyllisch gestimmten Schöpfungsfrömmigkeit bekennt, die zum Markenzeichen des späten Enzensberger geworden ist. "Meditationen" - das meint zunächst nicht nur die Konzentration auf letzte Sinnfragen, die Seelenkunde des Menschengeschlechts, sondern auch die genaue Beobachtung einzelner, unscheinbarer Gegenstände. In den Bänden "Zukunftsmusik" und "Kiosk" entzündete sich das Interesse des Skeptikers noch häufig an den jeweils neuesten Erkenntnismodellen der Mathematik, Physik und Chaostheorie, also an "Bifurkationen" und "Fraktalen", an künstlichen Intelligenzen und "neuronalen Netzen". In den "Meditationen" erscheint diese naturwissenschaftliche Neugier gezügelt. Es gibt nur noch wenig Verweise auf die Faszinationen mathematischer und physikalischer Denkspiele. Allein das Umschlagbild der "Meditationen" zeigt die schematische Darstellung einer sogenannten "Kreis-Struktur-Interferenz". Bei der biologischen oder medizinischen Interferenz geht es bekanntlich um die Überlagerung oder Überschneidung verschiedener Systeme. Im entsprechenden Gedicht in Enzensbergers "Meditationen" meint die "Interferenz" die Überschneidung und Gleichzeitigkeit des Schönen und des Entsetzlichen.

    Hoffnung wäre zuviel gesagt, aber wenn über den verwüsteten Dörfern ein doppelter Regenbogen erscheint, lassen sie, ein paar Minuten lang, ihre Messersinken und sehen zu, wie er langsam vor ihren blutunterlaufenen Augen hin schwindet.

    Die weitaus meisten "Meditationen" entpuppen sich als Elogen auf die Selbstbehauptung des Subjekts im Blick auf die verschwindende Welt. In sechs großen Kapiteln und lyrischen Lektionen wird das lyrische Alphabet der Vergänglichkeit, der Kontingenz und des allmählichen Verschwindens durchbuchstabiert, gleichzeitig aber als Antidot gegen allzu viel Melancholie die Faszination an unsensationellen Alltagsdingen gesetzt. Ein müde gewordener Held des Rückzugs bereitet sich auf seinen endgültigen Abschied von der Welt vor, und erfreut sich bis auf weiteres an den Wundern der Evolution. Hier kommen auch viele religiöse Motive ins Spiel, Auseinandersetzungen mit theologischen Kernfragen, die auch schon in den früheren Bänden aufblitzten.

    Die geschichtsphilosophischen Fernsichten des politischen Poeten hat der Skeptiker Enzensberger durch behutsame Erkundungen der Transzendenz ersetzt. In einer "Kleinen Theodizee" fragt er direkt nach dem verborgenen Gott, der sich nach seiner Entzauberung durch die agnostizistischen Philosophien zurück gezogen hat und nun der orientierungsbedürftigen Menschheit die kalte Schulter zeigt:

    Erst erfindet ihr Ihn, dann versucht ihr euch zu vertilgen, wechselseitig, in Seinem Namen, und dann taucht auch noch so ein armer Pfarrerssohn aus Sachsen auf und erklärt ihn für tot.

    Wen wundert´s dass sein Interesse an solchen Wichtigtuern sich in Grenzen hält? Jetzt seid ihr beleidigt, nur weil Gott gähnt und von euch absieht.

    Auf diesem religiösen Terrain wird es mitunter allzu behaglich, wenn der lyrische Evangelist der Demut und Selbstbegrenzung zu einer "Astronomischen Sonntagspredigt" ansetzt. Dann wird die Selbstbescheidung Pose, die Demut Koketterie, und das Gedicht zum friedlichen Kalenderspruch :

    Wenn von unserm Elend die Rede geht - Hunger Mord Totschlag etcetera - Einverstanden! Ein Irrenhaus! Doch erlaubt mir bitte, in aller Bescheidenheit zu bemerken, dass es alles in allem ein ziemlich günstiger Wandelstern ist, auf dem wir gelandet sind...

    Die Passionen des Dichters, so zeigt sich immer wieder, gehören nicht mehr den trügerischen Versprechungen der Revolution, sondern den gattungsgeschichtlichen Evidenzen der Evolution. Wenn er auch den großen geschichtsphilosophischen Theorien schon lange entsagt und den guten alten Marx auf den Kopf gestellt hat, sieht sich Enzensberger doch an manchen Stellen veranlasst, anlässlich der ideologischen Blendungen durch die neue Modewissenschaft Genetik die alten, nur scheinbar obsoleten Fragen der Philosophie zu stellen. Und er bekundet ausdrücklich seine Freude daran, "dass manche der Ewiggestrigen / unter den Jüngeren / noch ein paar Fragen haben."

    Seine intellektuellen Vergnügungen bezieht er aber in erster Linie von jenen "profanen Offenbarungen" im Alltag, die keiner Sinnstiftung mehr bedürfen. Denn die Abenteuer der Sinneswahrnehmung, die Faszinationen des Tastens, Riechens und Horchens sind, so die lyrische Conclusio, allen theoretischen Wahrheits-Deduktionen überlegen. Eine sich auf einem Geländer spreizende Elster, ein "betäubender Teergeruch" oder eben "diese Wolke da über dem Pantheon" haben für das Ich der "Meditationen" mehr lebensphilosophische Beweiskraft als jede Maxime Hegels oder Adornos. Die "profane Offenbarung" kann sich als Lob des Kühlschranks artikulieren, der sich im Gedicht in einen "schneeweißen Tabernakel" und einen "eisigen Garten Eden" verwandelt. Oder sie entfaltet sich als Hymnus auf die "Kompaktheit" der Dinge, die den Menschen evolutionär überleben. Anstatt einen pathetischen Gesang auf die ewigen Themen Tod und Vergänglichkeit anzustimmen, bescheidet sich der Meditationskünstler Enzensberger mit einem "erdfarbenen Liedchen" auf die Kartoffel.

    Noch ein Gedicht über den Tod? Gewiß, aber wie wäre es mit der Kartoffel? Begreiflicherweise kommt sie nicht vor bei Homer und Horaz, die Kartoffel. Doch was ist mit Rilke und Mallarmé ? War sie ihnen zu stumm, die Kartoffel? Reimt sich zuwenig auf sie, erdfarben wie sie ist, die Kartoffel? Mit dem Himmel hat sie wenig im Sinn. Geduldig wartet sie, die Kartoffel, bis wir sie ans Licht zerren und ins Feuer werfen. Der Kartoffel macht es nichts aus, aber vielleicht ist sie den Dichtern zu heiß, die Kartoffel? Ja, dann warten wir eben noch ein Weilchen, bis wir sie essen, die Kartoffel, ein Weilchen besingen und wieder vergessen.

    Wenn sich der Dichter doch noch einmal zu einer Meditation über die letzten Dinge hinreißen lässt, dann plündert er lieber die Arsenale der Astronomie und Kosmologie als die der Gesellschaftstheorie. Denn nur in der Kosmologie - und hie und da auch in der Theologie - tummeln sich jene "letzten Mohikaner der Metaphysik", an die man noch letzte Fragen delegieren kann.

    Das Gedicht "Astrolabium" ruft in diesem Zusammenhang Albrecht Dürers berühmte Darstellung der Melancholie in Erinnerung. Die in sich versunkene Figur Dürers sinniert vor dem Hintergrund astronomischer Instrumente und allegorischer Darstellungen der modernen Naturwissenschaft. In Enzensbergers "Astrolabium" tauchen jene alten astronomischen Instrumente zur Erforschung der Welträtsel wieder auf. Überhaupt sind es wieder einmal seltene, vergangene und versunkene Wörter, außer Gebrauch geratene Instrumente oder ausgestorbene Berufe, denen die Aufmerksamkeit des lyrischen Ich gilt. Sie werden emphatisch aufgerufen - oder sarkastisch zitiert, wenn es die Sterblichkeit und Hinfälligkeit des Subjekts vorzuführen gilt. Als Beispiel sei das Gedicht "Die Instrumente" genannt, das sich einer trocken-sarkastischen Tonlage bedient, aber mitten in diesen Sarkasmus auch biblische Bildlichkeit einschmuggelt.

    Augenschere, Marknagel, Blasensprenger - man hört es nicht gerne. Selbst die Chirurgen hüten sich, uns den Hohlmeißel vorzuführen, das wäre zu hart, den Uteruslöffel, das wäre nicht höflich, die Hirnspatel und den Leberhaken. Erst wenn es weh tut, in der Notaufnahme, vertrauen wir uns der Penisklemme, dem Blutschöpfer an. Ja dann! Gebenedeit, heißt es, jetzt auf einmal, seid ihr, Vulvaspreizer und Knochenraspel, unsere einzige Hoffnung, kurz vor der letzten Ölung.

    Die katholischen Rituale der Sterbebegleitung, wie hier das Mariengebet und die Letzte Ölung, werden in schroffen Kontrast zu den Instrumenten der modernen Medizin gesetzt. Das ist ein poetisches Verfahren, das in den "99 Meditationen" sehr häufig zum Einsatz kommt. Immer wieder prallen religiöse Motive mit den Fortschrittsprogrammen der modernen Lebenswelt zusammen - und es entsteht die genuin Enzensbergersche Ironie.

    Auf einem anderen Terrain, dem der Liebesdichtung, nimmt sich der Ironiker dagegen ganz zurück. Denn - siehe da - ganz unauffällig haben sich in die Gedichte des Ironikers auch zarte Liebesverse und große Wörter eingeschmuggelt, die man ansonsten nur Idyllikern gestattet: die Vokabeln "Wehmut" und "Glück". Der diskrete Gedankenlyriker verwandelt sich überraschend in den Sänger der kleinen, sinnlichen Ekstasen. Es sind die "Temperaturen" der Sinne, die alltäglichen Wunder des Schmeckens und Riechens, an die sich poetische Wunschbilder anlagern. In ein paar ganz einfachen Versen über die Nähe der Geliebten artikuliert sich schließlich ein Einverstandensein mit der Welt, das bei Enzensberger in dieser begütigenden Weise noch nie zu lesen war.

    Es ist nur ein Hauch der dich mehr berührt als die Berührung, und dass du nicht weißt warum ist vielleicht das Glück.

    Solche lebensbejahenden, idyllischen Verse, die mit großen Wörtern hantieren, markieren aber unfreiwillig auch ein poetisches Dilemma. Zwar verweigert sich der Autor programmatisch den "geflügelten" und "goldenen Wörtchen" jedweder Gesellschaftslehre. Dass er diesen Entschluss zur Sinnspruch-Askese nicht immer auf die eigenen Gedichte anwendet, macht die Schwäche so mancher "Meditation" aus. Der Bewusstseinspoet Enzensberger erteilt sich mitunter allzu leichtfertig die Lizenz zum Kalenderspruch und zur plakativen Pointe, als gelte es, die Botschaft der Gedichte auf riesenhaften Transparenten zu verkünden. "Immer tiefer,", so tönt es an einer Stelle, " in immer fernere Galaxien blickt die erblindete Wissenschaft." Und an anderer Stelle:

    Und daraus folgt, dass der Mensch das Mittelmaß aller Dinge ist.

    Nicht selten werden solche pauschal-kulturkritischen Resümees ausgestreut, die sich sehr zähflüssig über die Verse legen und dem Gedicht die geistige Beweglichkeit nehmen. Solche wohlfeilen kulturkritischen Lektionen werden allzu häufig bemüht, versetzt mit einigen Bemerkungen zur Verfallsgeschichte der "fixen Ideen". Die Summa der intellektuellen Selbstbescheidung findet sich schließlich im Gedicht "Erkenntnislücken":

    Wichtiges entgeht uns, verdunstet rasch. Worauf es ankommt, worauf nicht - kaum unterscheidbar. Unser Gehirn ist zu klein, um zu begreifen, wie klein es ist.

    Aus dem Dichter der kritischen Imperative, der - wie es in dem frühen Gedicht "anweisung an sisyphos" hieß - "den zorn in der welt um einen zentner vermehren" wollte, ist ein zurückhaltender Sänger der anthropologischen Konstanten geworden, ein Chronist des Unabänderlichen und all dessen, was der Fall ist. "Sich abfinden und auf Wasser sehn": Das war die stoische Parole des späten Benn, die sich der Enzensberger der "Meditationen" als Motto ausborgen könnte. Die Leidenschaft des späten Enzensberger gehört dem Anachronistischen und Überflüssigen, das quer liegt zur Funktionalität einer zweckrationalen Gesellschaft. Diesen von universeller Erkenntnisskepsis inspirierten Rückzug auf die Phänomene der Lebenswelt darf man wohl klassische Alterslyrik nennen. Sie überzeugt da, wo sich Enzensberger den Dingen selbst in eleganter Mimesis zuwendet und von sentenzschweren Versen absieht. Wenn er sich den Materien und Stoffen in genauen Beobachtungen nähert, wie im großen Titelgedicht über "die Geschichte der Wolken" oder in der Meditation über die "saturnischen Gifte" des Bleis, gelingt auch jene schöne Balance von Bild und Begriff, die das Wesen großer Bewusstseinspoesie ausmacht. Da präsentiert sich dann Enzensberger wieder als jener Dichter mit der "leichten, mozartisch schwerelosen Hand", den Alfred Andersch schon 1957 in dem Verfasser des Gedichtbands "verteidigung der wölfe" erkannt hatte. In der Betrachtung der Wolken, der gewaltlosen "Himmelskünstler" zeigt der Dichter, wie lächerlich der Hochmut der menschlichen Spezies ist. , und dass der Mensch beim Blick auf die "riesenhaften Nomaden" vor allem eins erfahren muss: seine evolutionäre Entbehrlichkeit.

    Die Geschichte der Wolken

    So wie sie auftauchen, über Nacht oder aus heiterem Himmel, kann man kaum behaupten, dass sie geboren werden. So wie sie unmerklich vergehen, haben sie keine Ahnung vom Sterben. Ihrer Vergänglichkeit kann sowieso keiner das Wasser reichen. Majestätisch einsam und weiß steigen sie auf vor seidigem Blau, oder drängeln sich aneinander wie frierende Tiere, kollektiv und dumpf, ballen sich tintig zu elektrischen Katastrophen, dröhnen, leuchten, ungerührt, hageln und schütten sich aus.

    Dann wieder prahlen sie mit eitlen Künsten, verfärben sich, äffen alles, was fest ist, nach. Ein Spiel ist ihre Geschichte, unblutig, älter als unsre. Historiker, Henker und Ärzte brauchen sie nicht, kommen aus ohne Häuptlinge, ohne Schlachten.

    Ihre hohen Wanderungen sind ruhig und unaufhaltsam. Es kümmert sie nichts. Wahrscheinlich glauben sie an die Auferstehung, gedankenlos glücklich wie ich, der ihnen auf dem Rücken liegend eine Weile lang zusieht.

    Gegen Streß, Kummer, Eifersucht, Depression empfiehlt sich die Betrachtung der Wolken. Mit ihren rotgoldenen Abendrändern übertreffen sie Patinir und Tiepolo. Die flüchtigsten aller Meisterwerke, schwerer zu zählen als jede Rentierherde, enden in keinem Museum. Wolkenarchäologie - eine Wissenschaft für die Engel. Ja, ohne die Wolken stürbe alles, was lebt. Erfinder sind sie: Kein Feuer ohne sie, kein elektrisches Licht. Ja, es empfiehlt sich, bei Müdigkeit, Wut und Verzweiflung, die Augen gen Himmel zu wenden.