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Bücherwurm
Jarik - Bester Vorleser Deutschlands

Für Jarik Foth aus Ellerau bei Hamburg war 2017 ein aufregendes Jahr. Der 13-jährige Schüler hat im Sommer den Vorlesewettbewerb des Deutschen Buchhandels gewonnen und sich damit gegen 5.700 Konkurrenten durchgesetzt. Beim Lesen hat er einen eindeutigen Favoriten.

Von Johannes Kulms | 23.12.2017
    Jarik Foth, der Sieger des Bundes-Vorlesewettbewerbes steht vor einer Wand
    Jarik Foth, der beste Vorleser Deutschlands, liest am liebsten Abenteuergeschichten (Deutschlandradio / Kate Maleike)
    Mehrere Pokale hat Jarik Foth schon geholt. Sie stehen versammelt auf einem kleinen Schrank in seinem Zimmer.
    "Ich hab‘ mal `ne Zeit lang – oder mache ich immer noch – Kampfsport, ganz viel, der heißt Taekwondo. Es war so `ne abgewandelte Form von Taekwondo, man nennt das irgendwie Freestyle-Formen. Und damals habe ich auch an Wettbewerben teilgenommen. Das war so zu der Zeit 2013, 2014. Und da wurde ich auch Hamburger Meister und deutscher Meister und so."
    Doch irgendwann wurden ihm die vielen langen Fahrten an den Wochenenden zu anstrengend. Nun trainiert der 13-Jährige "nur" noch ein bis zwei Mal die Woche.
    Wer ihn zu Hause besucht in Ellerau, einer Schleswig-Holsteinischen Gemeinde nördlich von Hamburg, spürt schnell: Jarik Foth ist sehr neugierig und wach. Aber auch ein ganz normaler Junge mit ganz normalen Hobbies.
    "Ich mag 'Jungsgeschichten'"
    Und Lesen gehört eben dazu. Das hat insbesondere mit seinem Patenonkel zu tun.
    "Der war immer sehr dafür, mir Bücher zu besorgen. Der versorgt mich heutzutage auch noch mit allen möglichen Zeitschriften und auch vielen Büchern. An sich mag ich am liebsten Jungsgeschichten. Also Abenteuerromane, was Jungs eben gerne so lesen."
    Das Lesen, genauer: das Vorlesen, hat in diesem Jahr auch einigen Trubel in sein "Jungsleben" gebracht. Im Sommer hat Jarik Foth in Berlin das Bundesfinale des 58. Vorlesewettbewerbs des Deutschen Buchhandels gewonnen.
    "Ich schlurfte nach vorne und starrte in die riesige Sporthalle. Ungefähr 2.400 Augen starrten zurück. Zuerst dachte ich, es gebe vielleicht technische Probleme, dass irgendwas mit dem Ton nicht stimmt. Denn als ich meinen Mund öffnete, konnte ich nichts hören."
    "Stumme Helden lügen nicht" heißt das Buch. Geschrieben hat es der britische Schriftsteller Simon Packham. Jarik Foth hatte das Werk in Berlin in seine Vorauswahl genommen. Als seinen großen Favoriten wie er sagt. Dann wurde es ihm zugelost.
    "Ich hab‘ eigentlich immer aus lustigen Büchern vorgelesen, weil ich fand, wenn man das Publikum zum Lachen bringen konnte, dann hat man schon irgendwie die Aufmerksamkeit. Und da hab‘ ich mal was ganz anderes probiert: Ich hab‘ tatsächlich `n trauriges Buch ausgewählt, was ich aber sehr, sehr schön geschrieben fand."
    Das Buch erzählt die Geschichte von zwei befreundeten Jungs im Teenager-Alter. Als einer von ihnen bei einem Autounfall ums Leben kommt, verstummt der andere.
    Jarik Foth überzeugte die Jury. Weil er gut betonte, ohne aber theatralisch zu wirken. Und sich auch nicht vor den Text drängte, wie es danach hieß. Wie macht man das? Der 13-Jährige erklärt es so.
    "Ich glaube ehrlich gesagt ist der Schlüssel dazu glaube ich wirklich, ja, fühlen, klingt so ein bisschen poetisch, aber das man eben versteht, was gerade passiert. Und ich glaube, dann muss man auch gar nicht so drüber nachdenken, ob da jetzt hinter dem Satz schreit er, flüstert er oder murmelt er steht, sondern da kann man sich schon so ein bisschen vorausdenken. Und an sich hab’ ich das so ein bisschen im Gefühl, wo ich Pausen lassen kann, wo ich murmeln sollte, wo ich wütend sein sollte, ja."
    Gefühlt hat er auch, dass etwas nach seinem Sieg in Berlin passierte.
    Mit dem Ruhm umgehen lernen
    Plötzlich konnte er ganz neue Dinge ausprobieren. Zum Beispiel die Mitarbeit an einem Kinder-Hörbuch. Oder Auftritte im Radio. Und natürlich waren da noch viele andere Einladungen und Anfragen von Verlagen, Schulen und Journalisten. Zu Beginn habe das "extrem viel Spaß gemacht", wie er sagt.
    "Aber irgendwann kam ich dann zu diesem Punkt, wo wirklich alle immer die gleichen Fragen gestellt haben, was ist dein Lieblingsbuch und so. Das hat mich dann auch irgendwann `n bisschen genervt."
    Rund 570.000 Schülerinnen und Schülern aus 7.000 Schulen haben an dem Vorlesewettbewerb teilgenommen. Das Finale gewinnen? Daran habe er ganz zu Anfang noch gar nicht gedacht als die erste Runde anstand an seiner Schule – dem Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium in Quickborn.
    "Meine Lehrerin, die hat zu unserer Klasse gesagt, dass eben dieser Vorlesewettbewerb stattfindet. Und diejenigen, die mitmachen wollten, die konnten sich dann freiwillig melden und suchten sich dann irgendwas raus."
    Er freut sich darüber, dass das Verhältnis zu seinen Mitschülerinnen und Mitschülern auch nach seinem Finalsieg in Berlin nicht verändert hat. Etwas Besonderes sei er ja nun nicht.
    "Dadurch, dass ich eben das Vorlesewettbewerbsfinale habe bin ich ja kein anderer Mensch geworden. Und an sich bin ich immer noch ganz der alte."
    Es könnte auch etwas mit Technik sein
    Fliegerei, Astrophysik und Fotografie – auf diesen Feldern könnte er sich vorstellen, später mal zu arbeiten.
    "Ich fotografiere auch sehr gerne, vielleicht später irgendwo als Kameramann arbeiten. Aber vielleicht ja auch vor der Kamera stehen. Durch das Vorlesen könnte ich ja vielleicht auch mal moderieren können oder so was."
    Natürlich käme auch das Radio infrage, fügt er noch grinsend hinzu.
    Und dann greift Jarik Foth zu einem Buch auf dem Küchentisch. Eine Weihnachtsgeschichte von Cornelia Funke gibt’s jetzt noch zum Abschluss.
    Es geht um zwei Geschwisterkinder, die einen seltsamen Adventskalender entdecken.
    "'Ich würde verrückt‘, flüsterte Julia. ‚He! Du solltst zum Essen kommen!‘. Julia zuckte zusammen. Olli stand in der Tür 'Guckst du dir immer noch das blöde Bild an?', fragt er. Neugierig kam er näher und schielte an Julia vorbei auf den Kalender. ‚Hä? Da hängt eine Jacke!‘, sagte er und seine dunklen Augen wurden rund wie Murmeln. 'Heute Morgen war da… da war keine Jacke!!' – 'Spinnst du?', sagte Julia. 'Natürlich war da eine! Komm jetzt, wir gehen runter!‘.
    Sie nahm ihren Bruder am Arm und zerrte ihn zur Tür. Der verdrehte seinen Kopf nach dem Kalender. 'Da war eine Jacke!', sagte er wütend und riss seinen Arm los. 'Na gut, du hast ja recht', sagte Julia. 'Ich habe sie dazu gemalt, damit das Bild nicht so leer aussieht. Komm jetzt!' – 'Eine Jacke? Wieso denn eine Jacke?'. 'Mir ist nichts anderes eingefallen‘, sagte Julia. 'Komm jetzt und mach‘ die Tür hinter dir zu!'"