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Bündnis gegen E-Mail-Müll

Die Novellierung des Teledienste-Gesetzes sieht Bußgelder für Spam-Versender vor. Das aber geht dem Bundesverband der Verbraucherzentralen noch nicht weit genug. Christian Fronczak, Sprecher des in Berlin, erläuterte dem Deutschlandfunk das Ziel der in der vergangenen Woche gegründeten Anti-Spam-Allianz.

Manfred Kloiber im Gespräch mit Christian Fronczak |
    Christian Fronczak: Wir erhoffen uns durch diese Allianz mehr Kenntnis über die Anschriften der Anbieter und der Spammer, die nicht nur weltweit für Ärger sorgen und lästiges Übel verbreiten, sondern auch erheblichen volkswirtschaftlichen Schaden verursachen. Dagegen müssen wir mit Kooperationen vorgehen. Denn unsere rechtlichen Möglichkeiten alleine sind zwar ausgereift - das neue Wettbewerbsrecht, das Spam verbietet - aber was bringt uns das alles, wenn wir nicht an die Anschriften der Versender heran kommen. Durch die Kooperation mit dem Verband der deutschen Internetwirtschaft eco erhoffen wir uns, dessen Knowhow nutzen zu können, um direkt an die Übeltäter zu gelangen. Neben eco beteiligt sich auch die Zentrale zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs an der Allianz. Das ist quasi unsere Schwesterorganisation auf Unternehmerseite: wir klagen die Rechte der Verbraucher ein, die Wettbewerbszentrale tritt für Unternehmerechte ein. In diesem Punkt kämpfen beide Organisationen auf der gleichen Seite.

    Manfred Kloiber: Ihnen geht es vor allem darum, die Adressen von Spamversendern heraus zu bekommen. Ist das Bündnis damit eher rechtlicher als technischer Natur?

    Christian Fronczak: Derzeit ist die Allianz tatsächlich hauptsächlich auf juristische Schritte ausgelegt. Wir haben in der Vergangenheit immer versucht, gegen Spammer vorzugehen, sind aber in den meisten Fällen daran gescheitert, dass wir nicht an die Übeltäter herangekommen sind, denn oft sitzen sie in nicht justiziablen Ländern. Nur fünf bis zehn Prozent der Spammer kommen aus Deutschland. Wir wollen national aktiv werden und hoffen, dass sich dieses Vorbild dann auf europäischer Ebene und auch international durchsetzen wird. Das ist ein grenzüberschreitendes Problem, das wir so bislang sicherlich noch nicht kannten. Da gibt es internationale Kooperationen zu unerwünschter Werbung und hier müssen wir an beiden Seiten gleichzeitig anpacken.

    Manfred Kloiber: Wenn Sie hier in Deutschland einen Spammer dingfest gemacht haben, was passiert dann weiter?

    Christian Fronczak: Bisher haben wir nur die Möglichkeit, dem Unternehmen den Zeigefinger zu zeigen und Unterlassung zu fordern. Bleibt das aus, stehen juristische Schritte offen, um einen Richter um Entscheidung zu bitten. Viel entscheidender ist aber, was die Bundesregierung zurzeit auf den Weg gebracht hat: nämliche eine Nachbesserung des Teledienste-Gesetzes, ein so genanntes Anti-Spam-Gesetz. Verstöße dagegen können als Ordnungswidrigkeit mit Bußgeldern von bis zu 50.000 Euro geahndet werden. Uns geht das aber nicht weit genug: eine Ordnungswidrigkeit reicht da nicht aus. Wenn kriminelle Energie dahinter steckt, brauchen wir einen Straftatbestand. Und im übrigen soll sich das Gesetz auf Spammer beziehen, die ihre Absenderadresse verschleiern. Das bedeutet, wenn groß "Werbung" auf der Mail steht, dann kommen solche Unternehmen ungeschoren davon. Und hier hätten wir gerne härtere ökonomische Sanktionen.

    Manfred Kloiber: Schwingt da etwas Resignation in ihren Worten mit?

    Christian Fronczak: In der Vergangenheit konnten wir nur resignieren. Im Moment ist das noch eine Sisyphusarbeit und wir hoffen, mit diesem neuen Bündnis einen Schritt eingeleitet zu haben, zumindest auf nationaler Ebene ein paar dieser Anbieter mit Bußgeldern belegen zu können. Wir wünschen uns, dass das auch auf andere Länder ausstrahlt.

    Manfred Kloiber: Sie haben angesprochen, dass Sie Kooperationen pflegen mit Partnerverbänden im Ausland. Sehen Sie da überhaupt eine Chance für Maßnahmen?

    Christian Fronczak: Es bestehen internationale Bündnisse und Bemühungen auf EU-Ebene und im Rahmen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD. Wir sind unter anderem in einer Arbeitgruppe des transatlantischen Konsumentendialoges, einem Zusammenschluss nordamerikanischer und europäischer Verbraucherorganisationen. Dann gibt es eine Arbeitsgruppe "Spam", die sich überlegt, wie man durch einen Zusammenschluss von Behörden und Kontrolleinrichtungen international aktiv werden kann. Das steckt aber alles erst noch in den Kinderschuhen. Nach Schätzungen werden international Schäden in Höhe von 12,5 Milliarden Euro verursacht durch das Herunterladen der unaufgefordert zugesandten Emails. Diese enormen Beträge wären an anderer Stelle der weltweiten Wirtschaft sicherlich wesentlich besser aufgehoben.