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Bürger wollen Wasser-Genossenschaft gründen

Die Privatisierung von Busunternehmen, Abfallbetrieben und kommunalen Energieversorgern schreitet weiter voran. Inzwischen hat die Privatisierungswelle auch auf die Wasserwerke übergegriffen. Wie diese Privatisierung aussehen soll, dafür gibt es verschiedene Modelle. Meistens sind es GmbHs mit Geschäftsführung und Aufsichtsrat. Aber es gibt auch noch andere Formen, wie der neue Betrieb, der eigentlich heute, 8.11., in Ellerhoop bei Pinneberg gegründet werden sollte. Doch für eine rechtliche Bindung durch einen Vertrag müssen zunächst alle Fragen geklärt sein. Und zu klären ist derzeit noch, wem nicht nur das Wasserwerk, sondern auch das Leitungsnetz gehört, und ob die Gemeinde es kostenlos an die neue Organisation übergeben kann oder nicht. Solche betriebswirtschaftlichen Fragen sind neu, für die künftigen, ehrenamtlich tätigen Wasserwerker und die ehrenamtlichen Politiker. Annette Eversberg.

von Annette Eversberg | 08.11.2001
    Durchbeißen lohnt sich. Denn die Gemeindemitglieder von Ellerhoop bei Pinneberg haben viel zu verlieren. Eine Wasserversorgung, die so günstig ist, wie nirgendwo sonst. 1,35 Mark kostet der Kubikmeter Wasser, während er in den Nachbargemeinden Tornesch oder Pinneberg bei 3,60 bzw. 2,90 liegt. Außer den 90 Haushalten, die dem Wasserwerk angeschlossen sind, gibt es noch eine ganze Reihe von privaten Brunnen. Auch das wollen die Gemeindemitglieder nicht ändern. Dafür sind ist sie sogar bereit, das Wasserwerk in eigener Regie zu übernehmen. Für die eigene Regie hielten sie nach der geeigneten Organisationsform Ausschau. Und die bot sich in Form der Genossenschaft an. Vor allem in der Landwirtschaft. Ein Mann - eine Stimme, das ist das Prinzip. Nach dem Muster der direkten Demokratie haben alle das gleiche Mitwirkungsrecht. Aber das ist für Dr. Andreas Eisen vom Norddeutschen Genossenschaftsverband, der die Ellerhooper berät, noch nicht alles:

    Ein weiterer Vorteil von der Genossenschaft ist, sie braucht keinen Profit machen. Es geht darum, dass die Mitglieder gefördert werden durch die Leistung der Genossenschaft. Deshalb haben die Mitglieder auch die Möglichkeit, auf den Preis zu schauen. In der Wassergenossenschaft Ellerhoop müssen sie auch den Wasserpreis, der vom Vorstand vorgeschlagen wird, bestätigen, d.h. sie bestimmen über den Wasserpreis selbst, müssen natürlich gucken, dass das auch betriebswirtschaftlich sinnvoll ist. Aber größere Preissprünge, wie sie etwa ein Investor realisieren müsste, weil er andere betriebswirtschaftliche Dispositionen hat, sind natürlich ausgeschlossen bei einer Genossenschaft.

    Zu den 60 Mitgliedern der Genossenschaft gehört auch die Gemeinde Ellerhoop, denn schließlich will sie weiterhin ihren Kindergarten und die Schule kostengünstig mit Wasser versorgen. Sie alle haben bereits weitergehende Pläne. Sie wollen nicht nur Wasser liefern, sondern auch das Wasserwerk komplett sanieren. Außerdem die Rohrleitungen, damit der Wasserdruck überall gleich ist. Andreas Eisen:

    Die Finanzierung der Sanierung des Wasserwerks ist insofern gesichert, weil die Genossen einen Geschäftsanteil einzuzahlen haben. Im Fall Ellerhoop sind das 500 Euro, also rund 1000 Mark, als Anteil. Das ist kein verlorener Anteil. Das ist ein Teil des Grundkapitals, das dem Genossen bei Austritt wieder zustehen würde. Da hätten sie bei 60 Mitgliedern, ein Geschäftsguthaben von 60.000. Die Sanierung kostet ungefähr das Doppelte. Der Rest würde dann über eine Finanzierung erfolgen.

    Der Vorteil der Genossenschaft: Ein Gewinn wird nicht ausgezahlt, sondern zur Deckung der Kosten und für die Durchführung von Investitionen eingesetzt. Für die ordnungsgemäße Kontrolle der Geschäfte sorgt der Genossenschaftsverband, der alle zwei Jahre pflichtgemäß die Genossenschaften überprüfen muss. Wichtig ist den künftigen Genossen in Ellerhoop - so Andreas Eisen- nicht nur die kaufmännische Seite, sondern auch die Frage der Wasserqualität. Denn dringend notwendig ist eine Vorrichtung, mit der verhindert wird, dass Eisen oder Mangan ins Trinkwasser gelangen.

    Das hat im Vorfeld der Gründung der Genossenschaft eine große Rolle gespielt. Die haben auch Wasserproben genommen geguckt, wie gut das Wasser ist, haben sich auch technisch beraten lassen. Teilweise sind auch Leute vom Fach in der Genossenschaft drin. Man muss sich denken, wenn hier 60 Mitglieder da sind, die sind in unterschiedlichen Berufen und können auch ihr Know-how mit einbringen, in die Genossenschaft. Das ist natürlich eine Frage, es gibt die gesetzlichen Bedingungen, es gibt die Rahmenbedingungen, die auch eine Genossenschaft erfüllen muss.

    Doch die technische Seite ist vorerst nicht das Problem, vielmehr geht es darum, wie die Gemeinde das Wasserwerk und das Leitungsnetz auf die neuen Wasserwerker überträgt, so dass alles rechtlich Hand und Fuß hat. Vor den Gemeindemitgliedern und dem Steuerzahler. Das ist eine regelrechte Feuertaufe, denn die Wassergenossenschaft Ellerhoop wird die erste ihrer Art im Bundesgebiet sein, bei der ein kommunaler Versorgungsbetrieb ganz in die Hand von Bürgern übergeht.