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Bürgerbeteiligung in der kommunalen Bauleitplanung

"Ecolup" – das steht für "Ecological Land Use Planing", für ökologische Bauleitplanung also. Zunehmend sollen Städte und Gemeinden bei der Ausweisung neuer Baugebiete ökologische Gesichtspunkte berücksichtigen. Aber welche genau? Und wie sehen die dazu notwendigen Instrumente aus? Antworten auf diese Fragen versprechen sich die Experten durch das Projekt "Ecolup" im Bodenseeraum, das von der EU finanziell unterstützt wird. Vor einem Jahr wurde "Ecolup" in den beiden österreichischen Gemeinden Dornbirn und Wolfurt sowie in den beiden deutschen Städten Überlingen und Konstanz gestartet. Nun tauschten die Fachleute in Dornbirn erste Erfahrungen aus.

von Thomas Wagner |
    Was ökologische Bauleitplanung konkret bedeutet, zeigt die Stadt Überlingen am Bodensee. Im neuen Stadtentwicklungsplan steht drin, wo in den kommenden Jahren Häuser und Fabriken gebaut werden dürfen – und wo eben nicht.

    In Überlingen versuchen wir die Bauleitplanung vor allem dahingehend auszurichten, dass wir mit wesentlich weniger Fläche auskommen als in der Vergangenheit. Und das versuchen wir dadurch zu erreichen, indem wir ganz massiv im Bestand nachverdichten. Wir überarbeiten alle Bebauungspläne im Stadtgebiet und suchen dort nach Nachverdichtungspotential, wobei wir schon darauf achten, dass wir die siedlungsökologischen Qualitäten erhalten, sprich Grünzüge innerhalb des Stadtgebietes und dergleichen.

    Das bedeutet für den Überlinger Stadtplaner Thomas Nöken Detektivarbeit: Denn statt große, neue Flächen zu Baugebieten zu erklären, suchen Nöken und seine Mitarbeiter mühsam in den vorhandenen Plänen nach Baulücken und Freiflächen zwischen bereits bestehenden Gebäuden. Das senkt den Verbrauch von Feldern und Wiesen vor der Stadt, die eben nicht zubetoniert werden müssen– ein Beispiel für ökologisch orientierte Bauleitplanung. Ein anderes Beispiel: Neubauten sollen dort entstehen, wo sie mit Öko-Energie versorgt werden können.

    Wir haben ein Holzhackschnitzelheizwerk dort vor einiger Zeit gebaut. Wir versuchen immer mehr Gebiete an diese Fernwärmeversorgung anzuschließen. Dann kommen natürlich auch so Themen wie modifizierte Entwässerung, also dass das Regenwasser zurückgehalten, versickert wird und nicht mehr in den Kanal eingeleitet wird, die ganze Grünordnungsthematik, Ausgleichsflächen, das sind so in Überlingen die Ansätze.

    Ansätze zur ökologischen Bauleitplanung, die auch die anderen an ECOLUP beteiligten Gemeinden verfolgen: Wolfurt in Vorarlberg sucht ebenfalls nach Baulücken, um die Wiesen und Felder im Umfeld zu schonen; die Nachbarstadt Dornbirn lässt für die Überbauung ehemaliger Industrieanlagen Ausgleichsflächen ausweisen; Konstanz stellt sein Konzept der Neugestaltung eines ehemaligen Industriegeländes am Seerheinufer vor. Das wurde mit zahlreichen Grünflächen durchzogen. Diese Beispiele für ökologische Bauleitplanung sollen zukünftig von möglichst vielen anderen Gemeinden übernommen werden, so die Zielsetzung der Bodensee-Stiftung als Projektträger. Doch damit nicht genug: Die vier Gemeinden entwickeln gemeinsam verbindliche Öko - Kriterien , die die Städteplaner und Kommunalpolitiker zukünftig bei der Fortschreibung von Bebauungsplänen beachten müssen. Projektleiterin Marion Hammerl von der Bodenseestiftung:

    Wenn sich eine Gemeinde verpflichtet, ein Umweltmanagementsystem einzuführen, dann verpflichtet sie sich eben auch, sich hinterher kontrollieren und messen zu lassen. Und darum geht es. Also da wird dieses Umweltziel, das in diesen Leitfäden vielleicht ein bisschen vage formuliert ist – also wir wollen nicht mehr wachsen oder wir wollen die Verkehrsbelastungen reduzieren und so weiter – da wird das also messbar gemacht: Um wie viel wollen wir den Flächenverbrauch reduzieren? Um wie viel wollen wir die Verkehrsbelastung reduzieren? Es wird dann eben damit verbindlich gemacht, und die Gemeinde muss sich hinterher auch daran messen lassen, ob sie dieses Ziel erreicht hat oder nicht.

    Ökologische Bauleitplanung – das bedeutet, wie die Tagung in Dornbirn zeigt, auch eine verstärkte Einbindung der Bürger in den Planungsprozess,...

    ...weil es in dieser neuen ökologischen Planung eigentlich auch Konfliktpotential gibt, beispielsweise, das jeder im Grünen wohnen will, möglichst weg vom Verkehr. Wenn wir von Nachverdichtung reden, heißt es aber 'zurückkehren ins Zentrum’, und das ist nicht jedermanns Wunsch, ...

    ...weiß Erwin Mohr, Bürgermeister der Vorarlberger Gemeinde Wolfurt - ein klassisches Beispiel dafür, wie der Wunsch vieler Bürger nach viel Grün in ihrem Wohn-Umfeld grüner und damit flächensparender Bauleitplanung widerspricht. Strategien frühzeitiger Bürgerbeteiligung sind daher wichtig. Wie diese Strategien aussehen, können die vier Projektgemeinden voneinander lernen.

    ECOLUP wurde von der Europäischen Union, die das Projekt mit rund 300.000 Euro unterstützt, bewusst grenzüberschreitend geplant. Der Bodenseeraum, an den Österreich, Schweiz und Deutschland aneinander grenzen, bot sich als Testregion geradezu an. Allerdings: Gerade die Schweiz ist unter den vier ECOLUP-Gemeinden nicht vertreten, bedauert Projektleiterin Marion Hammerl:

    Wir hätten die ja gerne dabei gehabt. Aber wir werden über ein EU-Projekt gefördert, und da darf die Schweiz leider kein Nutznießer sein.