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Bürgerkrieg im Jemen
Riads Signale an Teheran

Der Präsident ist geflohen, arabische Kampfjets Stellungen bombardieren schiitische Rebellen. Die Zuspitzung im Jemen ist brandgefährlich. Denn der Konflikt entwickelt sich zum Stellvertreterkrieg zwischen den beiden großen Mächten der Region: Saudi-Arabien und Iran.

Von Peter Steffe | 28.03.2015
    Zerstörungen in Sanaa am 26. März 2014 nach einem saudischen Angriff
    Zerstörungen in Sanaa am 26. März 2014 nach einem saudischen Angriff (dpa / picture-alliance / Yahya Arhab)
    An der Militäraktion mit dem Namen "Sturm der Entschlossenheit" beteiligten sich neben Saudi Arabien und anderen Golfstaaten auch Jordanien sowie der Sudan. Auch Ägypten wolle Kampfjets, einen Marineverband und wenn nötig sogar Truppen zur Verfügung stellen, hieß es aus Kairo. Kamal Aaamer, Chefredakteur von "Rosa al Youssef", einer der ältesten Zeitungen Ägyptens, erklärt, dass die arabischen Staaten jetzt endlich die Initiative ergreifen:
    "Wir haben zuerst zugeschaut und dann haben wir nach der Drohung reagiert. Nun ergreifen die Araber die Initiative und agieren, anstatt wie in der Vergangenheit zu reagieren. Diese sogenannte komplette Koordinierung und Abstimmung zwischen Ägypten und den Golfstaaten sendet nun klare Botschaften gegen die Rebellionen in allen arabischen Gebieten."
    Saleh verfolgt seine eigene Agenda
    Es ist aber auch ein Signal an den Iran, der im Verdacht steht, den seit Jahren schwelenden Konflikt zwischen den schiitischen Huthi-Milizen und der sunnitischen Zentralregierung im Jemen zu schüren. Mit Waffen und Geld eine Art Stellvertreterkrieg zwischen Sunniten und Schiiten weiter am Laufen zu halten und das an der Südspitze der arabischen Halbinsel. Eine Horrorvision vor allem für das Königreich Saudi Arabien, dem großen Gegenspieler des Iran in der Golfregion.
    Im tobenden Machtkampf zwischen den Huthi und der Regierung Mansour Hadi zieht offenbar der ehemalige Präsident des Jemen, Al Abdullah Saleh, im Hintergrund geschickt die Fäden. Der heute 73-Jährige musste 2012 während der Arabellion gezwungenermaßen sein Amt niederlegen. Seit einiger Zeit, so sagen politische Beobachter im Jemen, ist er wieder aktiv. Ohne Saleh, so die stellvertretende Chefredakteurin der ägyptischen Tageszeitung "Al Ahram", Amaa al Husseiny, wären die Huthi nicht so weit gekommen:
    "Ohne die Rolle von Ali Abdullah Saleh, ohne seine Unterstützung der Huthi und ohne seine Pläne hätten die Huthi solche Erfolge nicht erzielen können und die heutigen Veränderungen waren unmöglich gewesen. Er spielte leider bei den aktuellen Entwicklungen im Jemen eine sehr negative Rolle. Er handelt unter dem Motto: nach mir die Sintflut."
    Die Vereinten Nationen werfen Saleh vor, das Chaos im Jemen zu befeuern. Salehs Plan ist es offenbar, seinen Sohn Ahmed ins Präsidentenamt zu hieven, koste es was es wolle. Ahmed Abdullah Saleh befehligte während der Amtszeit seines Vaters die Republikanische Garde, ihm sind auch weite Teile der Armee treu ergeben, die jetzt gemeinsam mit den Huthi kämpfen. Getreue des Ex-Präsidenten sollen die mittellosen Rebellen aus dem Norden des Landes auch finanziell unterstützen. Auch Saleh selbst scheint noch über genügend Geldreserven zu verfügen, trotz der von den Vereinten Nationen eingefrorenen Konten, auf denen Milliarden US Dollar gebunkert sein sollen.
    "Das Ziel der Ansaruaalah-Gruppe und Al Abdullah Saleh zusammen ist mehr als klar. Saleh versucht, die Karten neu zu mischen. Er hat die Macht irreversibel verloren, allerdings sind die Huthi in seiner Falle gefallen und haben mit ihm eine Allianz im Rahmen einer konfessionellen Mobilisierung gebildet."
    Erklärt der in London lebende jemenitische Politologe Samir Shaibany vor kurzem in einer Talksendung im arabischen TV-Sender Al Arabia. Mit konfessioneller Mobilisierung meint Shabany die geschmiedete Allianz zwischen Ali Abdullah Saleh und den Huthis. Während seiner Amtszeit hatte der Schiit Saleh, seine schiitischen Glaubensbrüder vom Volksstamm der Huthi brutal bekämpft und unterdrückt. Jetzt steht man auf der gleichen Seite, allerdings mit unterschiedlichen Zielsetzungen. Saleh will in Form seines Sohnes zurück auf die politische Bühne. Die Huthi fordern schon seit Jahren mehr Mitsprache und mehr Rechte. Um das zu erreichen, schreckte die Stammesführen auch nicht davor zurück, einen Pack mit dem ärgsten Feind einzugehen: mit Ali Abdullah Saleh.
    Politische Lösung nur mit den Huthi möglich
    Ohne die Huthi, das zeichnet sich bereits ab, wird der von internationaler Seite geforderte Dialog zur Beilegung des Konflikts und eine politische Neuordnung im Jemen nicht gelingen. Nach Ansicht der stellvertretenden Chefredakteurin von "Al Ahram", Asmaa al Husseiny, überschätzen die Huthi allerdings trotz militärischer Erfolge ihren Einfluss im politischen Gefüge des ärmsten Landes der arabischen Welt:
    "Niemand kann heute mehr den Einfluss der Huthi leugnen. Sie sind nun ein wichtiger Faktor im Konflikt des Jemens. Sie haben allerdings ein Problem: Sie lassen sich von den momentanen militärischen Erfolgen und von dem Machtvakuum nach dem Zerfall des jemenitischen Regimes blenden, sie sind quasi alleiniger Akteur. Zudem zeigen sie nur Stärke wegen der großen Unterstützung aus dem Iran."
    Wie lange Teheran allerdings den Huthis noch finanziell, logistisch und militärisch den Rücken stärkt, lässt sich nicht abschätzen. Der Iran dürfte auch kein Interesse daran haben, selbst in den Konflikt mit hineingezogen zu werden. Das massive militärische Vorgehen im Jemen der von Saudi Arabien geführten Allianz ist jedenfalls ein klares Zeichen der arabischen Staaten an Teheran. Wir sind bereit.