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Büsingen und die zwei Währungen

Koczian: Wenn Ihnen ein Kraftfahrzeug mit dem deutschen Kennzeichen BÜS begegnet, können Sie ziemlich sicher sein, dass der Fahrer nach wie vor zwei Portemonnaies mit sich trägt, denn es steht für den Ort Büsingen, in dem mehrfach stolz die Aufschrift prangt 'Zum ewigen Ärgernis'. Gemeint ist, dass dieser Ort mitten in der Schweiz zum Ärger der Schaffhausener deutsch geblieben ist, weil sie in grauer Vorzeit den reichstreuen Vogt des Ortes kidnappten und in Geiselhaft hielten. Das hat natürlich Folgen. Der Ort hat nicht nur zwei Postleitzahlen und zwei Telefonsysteme, nämlich deutsch und eidgenössisch, sondern rechnet auch in zwei Währungen. Seit dem ersten Januar in Franken und Euro. Das mit dem Ärgernis nehmen die Schaffhausener übrigens locker und retteten Büsingen nach dem Krieg erst mal vor dem Verhungern. Am Telefon in Büsingen begrüße ich dessen Bürgermeister Gunnar Lang. Grüß Gott, Herr Lang.

    Lang: Grüß Gott, Herr Koczian.

    Koczian: Ich hoffe, ich habe in der Kürze die besondere Geschichte des Ortes korrekt dargestellt...

    Lang: Ja, das haben Sie sehr gut getan, ja.

    Koczian: Nun haben Sie den altväterlichen Franken in der Tasche mit einem naturalistischen Wilhelm Tell im Rauschebart und den flotten modernistischen Euro, wohl ohne jeden echten Silberkern. Wozu neigt das Büsinger Herz?

    Lang: Also ich denke, dass Büsingen schon dem Franken sehr verbunden bleibt, einfach aus ganz praktischen Gründen. Also die meisten Leute verdienen hier Franken und die Ware, die angeboten wird, die ist auch in Franken ausgezeichnet als Schweizer Ware. Und so wird in Büsingen der Schweizer Frankern sicher dominant bleiben.

    Koczian: Und wozu brauchen Sie den Euro?

    Lang: Den Euro brauchen wir vor allem, um Steuern, Abgaben und so amtliche Dinge dann zu bezahlen.

    Koczian: Ein durchaus überraschendes Interesse am Euro zeigte sich gleich am ersten Tag in der Schweiz. Konnten Sie ähnliches beobachten?

    Lang: Ja, also ich habe mit großem Interesse gelesen, dass man in der Nachbarstadt Schaffhausen, da konnte man im neuen Jahr von 0 Uhr bis ein Uhr in einer Bank sogar schon Euro bekommen. Also früher als in den Nachbarstädten hier in Deutschland.

    Koczian: Haben Sie eine Erklärung für das Interesse? Kursgewinn vielleicht, die Schweizer können ja gut rechnen, oder einfach Neugier?

    Lang: Ich denke, die Schweizer haben sich auch ein bisschen mitreißen lassen von den ganzen Feiern und von der ganzen Publikumsarbeit, die auf den neuen Euro jetzt eingestimmt hat.

    Koczian: Ist denn mittelfristig damit zu rechnen, dass der Euro in der Schweiz Zweitwährung wird - die Schweiz ist ja von Euroländern umschlossen.

    Lang: Also ich denke schon, dass der Euro eine ganz große Rolle spielen wird in der Schweiz. Das spürt man auch schon. Also die Kassen der Geschäfte sind auf Euro eingestellt und man hört eben, dass viele Verträge in Euro geschlossen werden. Also ich sage mal der Euro kommt in die Schweiz auf jeden Fall ein Stück weit durch die Hintertür.

    Koczian: Was allerdings feste Kurse voraussetzt...

    Lang: Ja, der Schweizer Franken ist ja sehr stark und das hat uns auch etwas Sorge gemacht aber ich vermute, dass es hier auch wieder zu einer gewissen Angleichung kommt im neuen Jahr.

    Koczian: Zurück zu Büsingen. Wie lebt man eigentlich mit Schweizer Lebenshaltungskosten und deutschen Steuern?

    Lang: Ja... eigentlich schlecht, weil beides ist eben sehr hoch, das ist unser Hauptproblem und belastet die Exklave Büsingen sehr.

    Koczian: In den Informationen am Mittag war das Gunnar Lang, Bürgermeister von Büsingen, wo man nach wie vor mit zwei Währungen bezahlt. Dankeschön.

    Lang: Danke auch und Wiederhören.