Freitag, 19. April 2024

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Buhen in der Oper
Melomanen außer Rand und Band

Lautstarke Buhs gehören ebenso zu einer ordentlichen Opernpremiere wie frenetischer Jubel. Und die Rufe und Pfiffe können durchaus als zivilisatorischer Fortschritt gewertet werden.

Von Uwe Friedrich | 14.11.2017
    Chormitglieder des Sächsischen Staatsopernchors in Berlioz' Les Troyens
    Die Oper erregt seit jeher die Gemüter - auf der Bühne und im Publikum (Monika Skolimowska / dpa-picture alliance)
    Meistens trifft es das Regieteam, seltener die Musiker. Während Sänger zutiefst verstört auf die Ablehnung ihrer Kunst reagieren, sehen Regisseure den Widerspruch des bürgerlichen Publikums häufig als Ritterschlag und sind eher beleidigt, wenn sie niemanden im Zuschauerraum provozieren konnten.
    Bedröppelte Stille oder Tomaten ins Gesicht?
    Außerdem zeigt ein Blick in die Geschichte: Künstler können bei Buhrufen und Pfiffen beinahe dankbar sein - wurden doch früher bei Missfallen auch verrottetes Gemüse und faule Eier auf die Bühne geworfen. Als Reaktion auf die irrationalen Exzesse im Theater verbot der österreichische Aufklärungskaiser Joseph II. am Wiener Burgtheater kurzerhand jede Publikumsreaktion, also auch den Applaus. Das kann nicht die Lösung sein, denn wer sich auf die Bühne stellt, um die Liebe des Publikums zu erringen, wird mitunter auch mit der schroffen Zurückweisung seiner Mühen leben müssen.