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Bummeln wird teuer

Im vergangenen Jahr belegte eine Studie des Wissenschaftsrates, dass es in Deutschland so viele Langzeitstudenten gibt, wie in keinem anderen westlichen Staat. Erst mit 26 wird hierzulande im Durchschnitt der Hochschulabschluss erreicht, in Großbritannien beispielsweise schon mit 23. Noch nicht einmal einem Drittel der Studierenden gelingt es, in der Regelstudienzeit das Studium zu beenden. Die Politik will dem ein Ende setzen: durch Studiengebühren.

    Juli 2001: Das Bundesverwaltungsgericht in Berlin bestätigt die Rechtmäßigkeit von Langzeitstudiengebühren in Baden Württemberg. Dort müssen Studenten schon seit 1997 1.000 Mark je Semester Strafgebühren zahlen, wenn sie die Regelstudienzeit von zehn Semestern um mehr als vier Semester überschreiten.

    Februar 2002: Im Kabinett wird entschieden, dass das Erst-Studium gebührenfrei bleiben soll. Allerdings: Bei 'deutlicher Überschreitung' der Regelstudienzeit soll es den Bundesländern erlaubt sein, von Langzeitstudenten Strafgebühren zu verlangen. Einerseits will Bundesbildungsministerin also der SPD-Linie treu bleiben, die sich im Wahlkampf gegen Studiengebühren ausgesprochen hatte. Andererseits sollen die Länder Freiräume erhalten, um die Zahl der Langzeitstudierenden zu verringern. Die unionsregierten Länder sind mit der Regelung nicht einverstanden. Sie wollen die Möglichkeit haben, allgemeine Studiengebühren verhängen zu können. Einige Länder folgen dem Beispiel Baden-Württembergs und wollen zumindest bei Langzeitstudenten Gebühren erheben: Niedersachsen wird ab dem kommenden Jahr gegen Bummelanten vorgehen, auch das Saarland und Hamburg bitten zur Kasse. Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen wollen einen anderen Weg gehen: Statt Strafgelder zu verhängen, möchte man hier sogenannte Bildungsgutscheine einführen.

    Mai 2002 Ende Mai soll das Gesetz, das Studiengebühren grundsätzlich verbietet, aber Ausnahmeregelungen bei Langzeitstudierenden zulässt, den Segen des Bundesrates erhalten. Die Zustimmung ist aber mehr als fraglich, denn die CDU-regierten Länder werden sich die Option offen halten wollen, auch in anderen Fällen Studiengebühren verlangen zu können. Inzwischen wird gemeldet, dass auch Nordrhein-Westfalen die Einführung von Studiengebühren in Betracht zieht. Damit würde ein weiteres starkes SPD-Land zum baden-württembergischen Modell überlaufen.