Samstag, 04. Mai 2024

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BUND-Schafe pflegen die Landschaft

Dort, wo der Staat nicht eingreifen kann oder will, ist der Bürger gefordert. Ein besonderer Ausdruck bürgerschaftlichen Engagements ist die Stiftung. Und je mehr Geld von Generation zu Generation weitergegeben wird, desto mehr wird auch gestiftet. Die Stiftung widmet ein bestimmtes Vermögen dauerhaft einem gemeinnützigen Zweck. Seit den siebziger Jahren hat auch im Umweltbereich die Zahl der Stiftungen stetig zugenommen, und somit wachsen ihre Bedeutung und auch ihre Ausgaben für den Naturschutz beständig.

Von Klaus Schell | 09.09.2002
    Wir haben hier auf dem Hof bei uns Bentheimer Landschafe; wir haben noch mal einen anderen Hof auf der anderen Moorseite, da sind Moorschnucken,

    erklärt Schäferin Simone Müller.

    Die Lämmer im Stall werden gerade gefüttert. Regen prasselt auf das Stalldach und draußen auf den einsamen Wiesen grasen Hunderte von Schafen. Die beiden Schäfereien auf 450 Hektar Fläche im Rehdener Geestmoor werden finanziert von der Dr.-Jürgen-Ulderup-Stifung im niedersächsischen Landkreis Diepholz. Jürgen Ulderup, Kfz-Ingenieur und erfolgreicher Unternehmer, war seiner Heimat eng verbunden:

    Dr. Ulderup hat damals mit Schrecken eigentlich gesehen, wie hier mit dem Moor umgegangen wird. Es wurde da nämlich ausgetorft, und dann hat man das mehr oder weniger liegen lassen.

    Stifungsvorstand Henning Stummeyer kannte Herrn Ulderup noch persönlich:

    Er hat immer davon geträumt, wenn er mal in den Ruhestand geht, dass er dann Bauer werden will.

    Doch bald nach der Stiftungsgründung verstarb Jürgen Ulderup, und nach seinem Willen finanziert die Stiftung nun auch noch den kompletten Studienbereich Maschinenbau einer Fachhochschule. Für die Schäfereien im Moor bleibt dabei aber immer noch genug Geld übrig:

    Wir wollen das Projekt, so wie wir es angefangen haben, durchführen, ich kann nicht sagen abschließen, denn die Renaturierung eines Moores dauert Jahrhunderte, wie ich mir habe sagen lassen.

    Die Ulderup-Stiftung ist noch an einer anderen Stiftung beteiligt: der "Stiftung Naturschutz im Landkreis Diepholz", deren größter Zustifter der Landkreis selbst ist. Sie entstand Mitte der 80er-Jahre, um die Konflikte zwischen Torfindustrie, Landwirten und Naturschützern zu entschärfen. Vorstand Jan Kanzelmeyer:

    Wir arbeiten auf rein freiwilliger Basis mit den Flächeneigentümern zusammen. Wir haben überhaupt keine Zwangsmöglichkeiten, wie zum Beispiel der behördliche Naturschutz sie hätte mit der Ausweisung von Naturschutzgebieten.

    So stellt ein Landwirt beispielsweise den Uferstreifen zur Verfügung, und die Stiftung bezahlt dann die Renaturierung des Baches. Gegenüber dem behördlichen Naturschutz sieht Kanzelmeyer einen besonderen Vorteil darin,...

    ...dass bei den Stiftungen durch deren Flexibilität und deren geringen Verwaltungsaufwand das Verhältnis der Finanzmittel, die direkt für den Naturschutz aufgewendet werden können in einem sehr guten Verhältnis zu den Mitteln stehen, die für den Verwaltungs- und Personalhaushalt verwendet werden können beziehungsweise müssen.

    Karl-Friedrich Weber vom BUND:

    Ja, hier vor dem Rieseberg stehen wir auf einer Ersatzmaßnahmenfläche, ein flachgründiger Kalkacker, der seit einigen Jahren durch unsere BUND-Schafherde extensiv gepflegt wird.

    Die Stiftung Naturlandschaft des BUND mit Sitz in Hannover hat ihre Arbeit Mitte dieses Jahres aufgenommen und versteht sich als Dienstleister. Gemeinsam mit Bauern, Förstern und Naturschutzbehörden werden Ackerflächen mit hohem Naturschutzpotential ermittelt und dann Verursachern, wie dem Straßenbau oder den Betreibern von Mobilfunkmasten, als Ersatzflächen für ihre Eingriffe in die Landschaft angeboten. Die Äcker werden dann in artenreiches Grünland verwandelt und von Landwirten genutzt, die Schafe züchten. Stiftungspräsident Karl-Friedrich Weber:

    Man muss direkt bemüht sein, den Betrieben, die hier noch in solchen Mischverhältnissen, wie schlechten Böden - sandigen Böden, Moorböden - denen muss man ein weiteres Standbein verschaffen, muss versuchen, diese Betriebe am Leben zu erhalten, weil sie eben Voraussetzung dafür sind, dass die Kulturlandschaft erhalten und gepflegt wird.

    Die Stiftung möchte aber auch möglichst viele private Zustifter gewinnen, indem sie sozusagen Naturschutz vor deren Haustür betreibt, beispielweise in einer stillgelegten Tonkuhle am Ortsrand. Das Angebot:

    Wenn ihr spendet oder zustiftet, dann kommt der Zweck hier zum tragen, hier vor Ort, hier in diesem Projekt, und ihr könnt euch das gerne ankucken, täglich, es ist möglich, das zu tun und den Fortschritt, die Entwicklung dieses Biotops zu beobachten.

    Bei der Anwerbung hapert es allerdings noch ein bisschen:

    Die Probleme liegen darin, dass alle die, die im Naturschutz arbeiten, oft sich einfach nicht trauen, Menschen anzusprechen und zu sagen: "Habt ihr mal ein bisschen Geld für unsere Naturschutzobjekte?"