Niedersachsen
Bund und Land wollen 80 Prozent der Meyer Werft übernehmen

Der Bund und das Land Niedersachsen wollen für 400 Millionen Euro rund 80 Prozent der Anteile an der angeschlagenen Meyer Werft übernehmen. Das kündigte Niedersachsens Wirtschaftsminister Lies im Landtag in Hannover an. Darüber hinaus wolle das Land gemeinsam mit dem Bund Bürgschaften gewähren, um eine Insolvenz des Unternehmens abzuwenden.

    Das Kreuzfahrtschiff "Silver Ray" in einer Halle der Meyer Werft.
    Die Meyer Werft in Papenburg ist auf den Bau von Kreuzfahrtschiffen spezialisiert. (picture alliance / dpa / Sina Schuldt)
    Laut Wirtschaftsministerium geht es dabei für Bund und Land um jeweils rund eine Milliarde Euro. Bereits in der vergangenen Woche hatten Bundeskanzler Scholz und die Landesregierung angekündigt, die in einer Finanzkrise steckende Werft retten zu wollen. Lies nannte nun die konkreten Zahlen.

    Mehr als 20.000 Arbeitsplätze in Deutschland bedroht

    Der Wirtschaftsminister begründete die geplante Rettung damit, dass die Krise der Werft direkt und indirekt mehr als 20.000 Arbeitsplätze in Deutschland bedrohe, etwa die Hälfte davon in Niedersachsen. "Der Staat kann dabei nicht Zuschauer sein", sagte der SPD-Politiker. Zudem müsse die maritime Industrie in Deutschland erhalten werden.
    Lies betonte, der Staat habe jedoch nicht das Ziel, dauerhaft Mehrheitsgesellschafter der Werft zu bleiben. "Wir können uns eine erfolgreiche Zukunft der Werft in privaten Händen sehr gut vorstellen." Dazu gehöre auch eine Rückkaufoption für die Familie Meyer.

    Meyer Werft muss Finanzierung klären

    Die vor allem für ihre Kreuzfahrtschiffe bekannte Meyer Werft muss zur Finanzierung von Schiffsneubauten bis Ende 2027 fast 2,8 Milliarden Euro aufbringen. Bis zum 15. September müssen die Einigungen dazu stehen. 
    An mangelnden Aufträgen liege diese Schieflage nicht, hieß es. Allerdings sind einige Verträge für die Schiffe noch vor der Corona-Pandemie abgeschlossen worden und sehen keine Anpassung an die gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise vor. Zudem werden in der Branche üblicherweise 80 Prozent des Baupreises erst bei Ablieferung des Schiffes gezahlt - den Bau muss die Werft also mit Krediten zwischenfinanzieren.
    Final beschlossen ist die Rettung noch nicht. Unter anderem müssen die Haushaltsausschüsse von Bundestag und Landtag dem Vorhaben noch zustimmen. Im Landtag sind sich alle Fraktionen einig, dass die Werft gerettet werden soll. Oppositionsführer Sebastian Lechner von der CDU hob allerdings hervor, dass der staatliche Einstieg nur vorübergehend erfolgen dürfe.

    Experte hat Zweifel an Wettbewerbsfähigkeit der Werft

    Kritik an der geplanten Rettung kam vom Wirtschaftsexperten Marcel Fratzscher. "Es gibt eigentlich keinen guten Grund, weshalb jetzt dieses Unternehmen für Deutschland essenziell ist. Das ist es nicht", sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) dem NDR. Der Staat könne nicht anfangen, alle Unternehmen zu retten, die in Schieflage kommen. Der Wirtschaftswissenschaftler äußerte auch Zweifel an der Wettbewerbsfähigkeit der Meyer Werft. Besorgniserregend sei, dass sich überhaupt kein privater Investor beteiligen wolle. "Das sollte eigentlich ein Alarmsignal an alle sein."

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    Diese Nachricht wurde am 28.08.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.