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BUND zu Atomausstieg

In vielen Ländern setzen die Energieversorger weiter auf Atomkraft. Wie es in Deutschland weitergeht mit dieser umstrittenen Energieform, das entscheidet sich wohl erst nach der Bundestagswahl. Der Bund für Umwelt- und Naturschutz will beim Ausstieg bleiben, heute hat er sich in Berlin dazu geäußert.

Von Philip Banse |
    Da sind natürlich seit Jahrzehnten debattierte Argumente wie etwa die ungeklärte Endlagerfrage und die nach Ansicht von Umweltschützern unkalkulierbaren Risiken der Atomkraft. In letzter Zeit wurde jedoch von der Atomwirtschaft ein anderer Aspekt in den Mittelpunkt gestellt: Die angebliche Renaissance der Atomkraft. So schreibt etwa das Deutsche Atomforum auf seiner Website: "International ist die Kernenergie im Aufwind. Beinahe alle großen Industrieländer, aber auch große Entwicklungs- und Schwellenländer setzen auf die Nutzung der nachhaltigen Kernenergie."

    In zahlreichen Ländern werde der Neubau von Atomkraftwerken diskutiert und teilweise auch umgesetzt, etwa in Frankreich und Finnland. Auch in Deutschland, so das Argument etwa der Unionsparteien, müsse Atomkraft zumindest übergangsweise Teil des Energie-Mixes sein. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland stellte heute eine Studie vor, die das Argument der Renaissance der Atomkraft widerlegen soll. Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND, zum zentralen Ergebnis der Untersuchung:

    "Es wird weltweit nicht nur gebaut, sondern es wird auch abgeschaltet. Und in der Gesamtbilanz haben wir eine nach unserer Sicht sehr erfreuliche Situation, nämlich, dass die Zahl der laufenden Atomkraftwerke nicht zunimmt, sondern abnimmt."

    Lutz Metz von der Forschungsstelle Umweltpolitik der Freien Universität Berlin rechnet vor, dass derzeit nur 20 neue Reaktoren gebaut werden, die auch in den letzten 20 Jahren geplant wurden:

    "Und ansonsten sieht die Statistik so aus, dass wir weltweit 436 Reaktoren haben, die eine installierte Leistung von 370.000 Megawatt haben. Das sind insgesamt acht Reaktoren weniger als 2002, dem Höhepunkt der AKW. Es ist also auch von der Anzahl der Reaktoren rückläufig. Von daher ist die These, es gebe eine Renaissance der Atomkraft eigentlich nicht haltbar."

    In vielen Industriestaaten kämen die Neubauten von AKW nicht über Ankündigen hinaus, so Metz. Beispiel Schweden: Das Land hatte zuletzt als Kronzeuge für eine AKW-Renaissance herhalten müssen. Schweden hatte vor Jahren als erster Staat den Atomausstieg beschlossen - vor einigen Monaten aber angekündigt, wieder neue Atomkraftwerke zu bauen.

    "Der eigentliche Hammer am schwedischen Energie- und Klimaprogramm ist: Man will bis 2020 das Öl, was auch da heute noch der größte Energieträger ist, auf Null fahren, und will den Anteil der Erneuerbaren Energien auf über 50 Prozent anheben. Die Atomoption hat die Regierung zwar angekündigt, hat sich mit der Opposition aber nicht einigen können, weil die nach wie vor auf dem Atomausstieg beharren."

    Metz äußerte große Zweifel, ob der schwedische Ausstieg aus dem Atom-Ausstieg je Gesetz werden wird. Auch seien AKW keine Klimaretter, sagte BUND-Chef Hubert Weiger. Die Atomindustrie rechnet vor, dass jedes Jahre weltweit 2,5 Milliarden Tonnen CO2 durch Atomkraftwerke vermieden werden. Das bestreitet der BUND grundsätzlich nicht, sagt aber, AKW würden den Ausbau der erneuerbaren Energien behindern. BUND-Chef Hubert Weiger:

    "Das bedeutet politisch, dass der Atom-Ausstieg richtig ist, dass er nicht verlangsamt, sondern beschleunigt werden müsste und dass es sich bei der Atomenergie nicht um eine Brückentechnologie handelt, die uns den Weg in eine solare Zukunft ermöglicht, sondern um eine Verhinderungstechnik, die die Erneuerbaren Energien behindert und blockiert."