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Bundesbank warnt vor falschen Erwartungen

Bis Ende des Jahres sollen die Regeln für eine gemeinsame europäische Bankenaufsicht ausgehandelt sein. Weil Entscheidungen letztlich zu Lasten der Steuerzahler gehen, fordert Bundesbank-Präsident Jens Weidmann ein stärkeres Mitspracherecht für große Mitgliedsländer wie Deutschland.

Von Brigitte Scholtes | 19.11.2012
    Eine Bankenunion ist eine vernünftige Möglichkeit, künftige Risiken besser zu begrenzen. Sie könne aber nicht vergangene Fehlentwicklungen auf nationaler Ebene beheben, warnte Bundesbankpräsident Jens Weidmann heute Morgen zur Eröffnung der Euro Finance Week:

    "Die Risiken in den Bilanzen sind in nationaler Verantwortung entstanden, und sie müssen auch durch den jeweiligen Mitgliedstaat bewältigt werden. Nur so bleiben Haftung und Kontrolle auch im Gleichgewicht. Die Altlasten über eine Bankenunion zu vergemeinschaften, widerspräche geradezu dem Sinn und Zweck der Bankenunion. Am Ende würde es sich um finanzielle Transfers handeln, und wenn solche finanziellen Transfers von der Politik für notwendig gehalten werden, dann sollten sie auch von der Politik als solche offengelegt werden und nicht unter dem Deckmantel der Bankenunion versteckt."

    Sie solle zwar zügig, aber nicht überstürzt eingeführt werden, meinte der Bundesbankpräsident. Denn auf die richtige Ausgestaltung komme es an: Nationale Eigenverantwortung sollte bestehen bleiben, wo diese Risiken tragbar seien. Wenn aber für bestimmte Risiken nur europäisch gehaftet werden könne, dann müsse dies auch entsprechende europäische Kontrollmöglichkeiten nach sich ziehen. Die Bankenunion müsse zudem in die Währungsunion eingepasst werden. Und dazu gehört für Weidmann, dass auch die vom Staat ausgehenden Risiken beachtet werden müssen:

    "Erstens sollte eine Art Obergrenze, eine Art Großkreditbeschränkung, für das Engagement einzelner Banken gegenüber staatlichen Schuldnern geben. Und zweitens sollten Banken Staatsanleihen oder Kredite an den Staat entsprechend deren Risiko auch mit Eigenkapital unterlegen."

    Eine gemeinsame Bankenunion mit gemeinsamer Bankenaufsicht durch die EZB begrüßt der Bundesbankpräsident. Aber noch seien viele Fragen zu klären: Welche Banken sollen beaufsichtigt werden, in welcher Form unterliegen sie parlamentarischer Kontrolle? Denn hier stelle sich die Frage der Vereinbarkeit von Aufsicht und Geldpolitik bei der EZB, meint der Bundesbankpräsident:

    "Von daher müssen diese beiden Bereiche auch strikt getrennt werden. Diese Trennung ist machbar, aber schwierig, schwierig aus organisatorischer Sicht und schwierig auch aus rechtlicher Sicht."

    In diesem Zusammenhang müsse man auch den Abstimmungsmodus in der EZB überdenken - eine Stimmengewichtung, etwa nach Kapitalanteilen wäre in Aufsichtsfragen konsequent, weil solche Entscheidungen fiskalische Kosten nach sich ziehen könnten. Das würde also bedeuten, dass die deutsche Stimme dann mehr Gewicht erhielte.

    Diese Ideen begrüßt Uwe Fröhlich, Präsident des Bundesverbands Volks- und Raiffeisenbanken, grundsätzlich:

    "Ich fand es sehr interessant, dass Herr Dr. Weidmann darauf hingewiesen hat, dass eine Bankenunion der erste wichtige Schritt ist, eine gründliche europäische Bankenaufsicht, und jetzt füge ich hinzu, für die systemrelevanten Banken Europas herbeizuführen und das unter dem Dach der Europäischen Zentralbank. Das kann eine vernünftige Lösung zur Stabilisierung der Finanzmärkte sein."

    Neben der Bankenunion ist auch die Regulierung ein großes Thema. Gerade die kleineren Banken fühlen sich von den vielen Regeln erdrückt, man komme kaum noch dazu, sich mit den vielfältigen anderen Herausforderungen auseinanderzusetzen.