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Bundesbankpräsident hat "seine Aufgabe ausgesprochen gut gemacht"

Hans Eichel (SPD) will sich an Spekulationen um das Wie und Warum des Rücktritts von Axel Weber vom Amt des Bundesbankpräsidenten nicht beteiligen - spricht sich aber klar für eine Karenzzeit aus, sollte Weber in die Privatwirtschaft wollen.

    Gerwald Herter: Ende April wird Axel Weber, der Chef der Bundesbank, zurücktreten. Das hat er am letzten Freitag angekündigt, nach einem Gespräch mit der Bundeskanzlerin und dem Finanzminister. Im Herbst wird der Präsident der Europäischen Zentralbank, der Franzose Jean-Claude Trichet, seinen Posten räumen. Angeblich stand nie fest, dass die Bundesregierung einen deutschen Präsidenten der Europäischen Zentralbank wollte, angeblich. Wer wie offenbar viele Fachleute gedacht hatte, dass Axel Weber zur EZB geht, hat sich jedenfalls getäuscht. Gerüchte, wonach er einen Job bei der Deutschen Bank in Aussicht hat, pflegt er zu dementieren. Gerüchte, Spekulationen, Mutmaßungen, und da ist dann auch noch die Sorge um die Stabilität des Euro. – Wir sind jetzt mit dem Mann verbunden, der Axel Weber zum Chef der Bundesbank gemacht hat: der frühere Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD). Herr Eichel, guten Morgen.

    Hans Eichel: Guten Morgen, Herr Herter.

    Herter: Herr Eichel, Axel Weber ist, zumindest war er Ihr Mann. Hat er alles richtig gemacht?

    Eichel: Er hat seinen Job als Präsident der Deutschen Bundesbank sehr gut gemacht. Darüber gibt es auch, wenn ich das richtig sehe, keinen Streit. Das heißt nicht, dass er da und dort nicht angeeckt wäre. Das muss ein Präsident der Bundesbank auch, der wie er in der Tradition der Bundesbank für die Geldwertstabilität steht. Also insofern ja, er hat seine Aufgabe ausgesprochen gut gemacht.

    Herter: Aber es gab da eine Informationspanne. Aus einer Besprechung mit seinen Kollegen ist bekannt geworden, dass er zurücktreten will. Zunächst waren das unbestätigte Gerüchte, die inzwischen sich aber als wahr herausgestellt haben?

    Eichel: Ja ich will nicht werten, was im Einzelnen jetzt in den letzten Tagen zwischen wem abgelaufen ist. Da müsste man dabei gewesen sein, um wirklich zu wissen, was war. Aber wenn es so gewesen wäre, dass aus der Besprechung mit seinen Kollegen etwas herausgedrungen wäre, dann könnte man das nicht verstehen.

    Herter: Jetzt sagt die Bundesregierung, es gäbe gar kein Problem. Sinngemäß sagt sie auch, man sei gar nicht darauf aus gewesen, einen Deutschen zum Zentralbankpräsidenten, Chef der EZB zu machen. Ist das wirklich die ganze Wahrheit, Herr Eichel?

    Eichel: Woher soll ich das wissen? Das weiß nur die Kanzlerin, das weiß nur wahrscheinlich der Finanzminister. Es ist so, dass die Bundesregierung jedenfalls mitgeholfen hat, eine Situation in der Europäischen Zentralbank zu schaffen, dass nunmehr ein Vertreter der härteren Geldpolitik, der Nordländer, Präsident der Europäischen Zentralbank werden kann, denn anders ist nicht zu erklären, dass der portugiesische Vertreter Constancio Vizepräsident geworden ist. Jedenfalls entspricht das den Regeln. Aber wie auch immer, man kann das von außen so nicht beurteilen, und an Gerüchtebildung beteilige ich mich nicht.

    Herter: Neben dem Portugiesen ist nun der Italiener Draghi im Gespräch als EZB-Präsident. Das wären zwei Südländer. Würde das passen?

    Eichel: Nach den bisherigen Regeln nein, aber man muss sagen, dass Mario Draghi ein ausgesprochen erfahrener und auch durchaus ein Zentralbanker ist, der für einen harten Euro steht. Also man muss das nicht unbedingt gegen ihn verwenden. Aber noch mal: Die bisherigen informellen Regeln sprechen nicht dafür.

    Herter: Interessant ist die Argumentation Webers. Er hat dem "Spiegel" ein Interview gegeben und erläutert, dass seine Einwände zum Beispiel gegen den Ankauf von Anleihen durch die EZB seine Chancen auf den Präsidentenposten zunichtegemacht haben, zumindest geschwächt haben. Die EZB soll unabhängig agieren. Passt denn das damit zusammen?

    Eichel: Ja! Natürlich hat er dadurch, nicht, dass er dagegen gestimmt hat, sondern dass er das öffentlich gemacht hat und da natürlich damit den Konflikt in der EZB verschärft hat, sich Gegner geschaffen. Das ist gar keine Frage. Ob das zu überwinden gewesen wäre, das kann nur die Kanzlerin und der Finanzminister beurteilen.

    Herter: Das hieße für andere Kandidaten, sich möglichst unauffällig zu verhalten?

    Eichel: Nein, das nicht. Man muss von jedem, der Nachfolger von Jean-Claude Trichet, der seine Arbeit hervorragend gemacht hat, werden will, verlangen, dass man genau weiß, wo er steht, was er will. Aber wenn man dann an der Spitze des Gremiums steht, so wie Jean-Claude Trichet, dann muss man ein solches Gremium wie den Zentralbankrat auch zusammenhalten und darauf hinwirken, dass nicht öffentlich Kontroversen ausgetragen werden, das sicher.

    Herter: Muss denn der EZB-Präsident zwingend vorher in einer Zentralbank tätig gewesen sein?

    Eichel: Das muss nicht zwingend sein, aber es spricht sehr viel dafür. Zumindest ein direkter Wechsel, sozusagen aus der Politik fliegend in die Europäische Zentralbank, an die Spitze gar, das empfiehlt sich nicht.

    Herter: Ihr Parteifreund, der frühere Außenminister Frank-Walter Steinmeier, derzeit Fraktionsvorsitzender der SPD im Bundestag, hat den früheren Finanzminister Peer Steinbrück für dieses Amt vorgeschlagen. Was hielten Sie von einem EZB-Präsidenten Steinbrück?

    Eichel: Peer Steinbrück hätte sicherlich die Fähigkeiten, gar keine Frage, aber auch da gilt: Ein fliegender Wechsel aus der Politik dorthin ist nicht opportun und Peer Steinbrück hat seinerseits ja klar gesagt, dass er das nicht tut.

    Herter: Geht es Steinmeier darum, einen möglichen Rivalen für die Kanzlerkandidatur aus dem Weg zu räumen, Herr Eichel?

    Eichel: Nein. Das halte ich alles für Spekulationen, die genauso abwegig sind wie manche andere rund um Axel Weber, und auch da beteilige ich mich nicht.

    Herter: Wie lange sollte Weber warten, wenn er nach seinem Rücktritt zu einer anderen Bank, zum Beispiel zur Deutschen Bank wechseln wollte?

    Eichel: Auch da sage ich, da es ein klares Dementi von Axel Weber gibt, dass ich mich an solchen Spekulationen gar nicht beteilige. Ich halte mich an die Aussagen der Betroffenen. Ich war zu lange auch in öffentlichen Ämtern und habe zu oft erlebt, dass um meine Person Spekulationen sich gerankt haben, die mit der Wahrheit nichts zu tun haben, sodass ich vorsichtig bin oder sage nein, an solchen Spekulationen beteilige ich mich nicht.

    Herter: Was halten Sie grundsätzlich von Schamfristen und Karenzzeiten?

    Eichel: Das ist dann notwendig, wenn man in einem Bereich tätig war, der mit dem zu tun hat, den man dann künftig anstrebt. Dann ist eine Karenzzeit sicherlich wünschenswert.

    Herter: Was machen Sie eigentlich so, Herr Eichel? Im Bundestag sind Sie ja nicht mehr.

    Eichel: Nein, im Bundestag bin ich nicht mehr. Ich bin Vorsitzender des Politischen Klubs der Evangelischen Akademie in Tutzing, ich bin bei der Friedrich-Ebert-Stiftung, ich bin jetzt auch von der Mercator-Stiftung eingesetzt worden, das sind wunderschöne Aufgaben, und ich bin noch in einem Expertennetzwerk, das sich mit Fragen beschäftigt, wo denn die Fonds ihr Geld anlegen, und berate dann immer so, dass ich sage, den Euro kriegt ihr nicht kaputt.

    Herter: Das wollen wir hoffen. – Das war der frühere Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) über den Bundesbankpräsidenten Weber und seine Zukunftspläne. Herr Eichel, vielen Dank und einen schönen Tag.

    Weber: Ja, bitte schön.