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Bundesjägertag stellt Forderungkatalog vor

Obwohl beide Gruppen von sich sagen, dass sie für den Naturschutz arbeiten, sind sie sich nicht grün, die Umweltverbände und die Jäger. So hatte der Naturschutzbund Deutschland vor dem Bundesjägertag in Neubrandenburg beklagt, dass das derzeit gültige Jagdgesetz den neuen ökologischen Erkenntnissen nicht gerecht werde. Der Bundesjägertag stellte nun im Gegenzug seinen Forderungskatalog vor.

Von Olaf Baale | 03.06.2005
    Wer Jochen Borchart, den Präsidenten des Deutschen Jagdschutzverbandes heute in Neubrandenburg, auf dem Bundesjägertag erleben konnte, gewann schon den Eindruck, dass ihm der sich abzeichnende Wechsel in der Bundespolitik durchaus gelegen kommt. Er gehe davon aus, sagte Jochen Borchart, dass es im September Neuwahlen geben werde. Und für diesen Fall erarbeiten die 400 Delegierten aus 16 Landesjagdverbänden einen Forderungskatalog.

    "Zunächst geht es einmal um die Forderung, dass auch bei der neuen jagdpolitischen Diskussion sichergestellt sein muss, dass ein Bundesjagdgesetz erhalten bleibt - auch im Rahmen der Föderalismusdebatte – dass dieses Bundesjagdgesetz den Rahmen für die Jagd in Deutschland regelt, und auf der anderen Seite den Ländern ausreichend Spielräume bietet aufgrund der regionalen Gegebenheiten. Und dass der Rechtskreis Jagd selbständig bleibt, und zwar neben den anderen Rechtskreisen Naturschutz, Umwelt. Wir halten das für besonders wichtig, dass dies getrennte Rechtskreise sind, weil sich dann die unterschiedlichen Probleme besser lösen lassen. "

    Eine Novellierung des Jagdgesetzes ist Teil der Koalitionsvereinbarung der rot-grünen Regierung. Man gehe davon aus, dass die Novelle jetzt nicht mehr kommen werde. Geplant war, die Jagd dem Tier- und Naturschutz unterzuordnen. Die zur Jagd freigegebenen Arten sollten stark eingeschränkt, und das Aufstellen von Fallen sollte den Jägern untersagt werden.

    Ganz besonders aber ärgerte die Verbandsfunktionäre, dass sie zwischen die Fronten der Föderalismusdebatte geraten waren.

    "Hier war lange offen, ob das Jagdrecht als Bundesrecht erhalten bleibt, oder ab das Jagdrecht in die ausschließliche Kompetenz der Länder verlagert wird. Dagegen haben wir uns intensiv zur Wehr gesetzt. "

    Wird die Jagd ausschließlich zur Ländersache und gibt nicht mehr ein Bundesjagdgesetz den großen Rahmen vor, so die Befürchtungen, könnte in Deutschland ein Flickenteppich unterschiedlichster Gesetzesbestimmungen entstehen.

    Neben dem Forderungskatalog, zu dem sich die Bundestagsparteien nun positionieren sollen, behandelt der Bundesjägertag einen weiteren Schwerpunkt – die Ausbreitung so genannter Neozoen, hier ursprünglich nicht heimischer Tierarten. Beispiele sind der aus Asien kommende Marderhund, der Mink, der amerikanische Nerz, und, ebenfalls aus Amerika, der Waschbär. Besonders der Marderhund breitet sich sehr schnell in Richtung Westen aus und hat in kurzer Zeit Vorpommern erobert. Noch vor wenigen Jahren kannten hiesige Jäger den Marderhund gar nicht, im letzten Jahr wurden bereits 11.000 Abschüsse registriert – Tendenz steigend.
    Volker Böhning, Präsident des Landesjägerverbandes Mecklenburg-Vorpommern.

    "Wenn man weiß, dass die Reproduktionsquote beim Maderhund über zehn Junge bedeutet, und die in aller Regel dann auch aufgezogen werden, weil sie eben sehr versteckt in unserer Vegetation sind und wir Schwierigkeiten haben, die Baue überhaupt zu finden, dann weiß man, was auf uns zukommt. Und deswegen müssen wir die Jäger hier sensibilisieren, dass sie diese Sache ernst nehmen und von Anfang an sich der Bejagung dieses Neubürgers widmen."

    Noch gibt es große Wissensdefizite. Deshalb soll die Ausbreitung und das Verhalten dieser hier ursprünglich nicht beheimateten Tiere genau erforscht werden. Diese Neubürger zeichnen sich nicht nur durch hohe Reproduktionsraten aus, sie sind auch nicht sonderlich wählerisch beim Nahrungsangebot, vor allem aber haben sie in Mitteleuropa keine natürlichen Feinde. Hier sind die Jäger gefordert.

    "Das Problem ist bloß, diese Neubürger dann auch bejagen zu können. Sie halten sich dann in den großen Maisfeldern auf und eine Bejagung ist sehr schwierig. Sie sind nachtaktiv in aller Regel. Und wir haben große Probleme, sie jagdlich praktisch kurz zu halten."

    Die Jäger fordern eine "Nationale Strategie gegen invasiv gebietsfremde Arten". Dafür sollen zunächst die von Marderhund, Waschbär und Mink ausgehenden Gefahren untersucht werden. Es wird angenommen, dass diese Neubürger heimische Tierarten, beispielsweise auf Wiesen, in Küstenschutzgebieten und in Höhlen brütende Vogelarten, verdrängen. Auch über die Übertragung von Seuchen, beispielsweise Tollwut und Räude, auf Haustiere, und über eine mögliche Gesundheitsgefährdung des Menschen, beispielsweise durch den Waschbärspulwurm, wollen die Jäger Aufschluss gewinnen.