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Bundesregierung startet Initiative
Menschenrechte durchsetzen oder Geschäfte machen?

Bei seinem Besuch in Katar stellte Bundeswirtschaftsminister Gabriel fest: "Es ist ein Land, das keinerlei Erfahrung mit Arbeitsrecht hat". Um die Arbeitsbedingungen weltweit zu verbessern, hat die Bundesregierung eine entsprechende Initiative gegründet. "Die Zeit ist reif", findet auch Bundesarbeitsministerin Nahles.

Von Johannes Kulms | 10.03.2015
    Arbeiter einer Schneiderwerkstatt in Indien, Andaman Islands
    Bundesregierung startet Initiative für faire Arbeitsbedingungen weltweit (Imago / blickwinkel)
    Weltweit die Arbeitsbedingungen verbessern, aber auch die Produktion umweltverträglicher machen: Das ist eines der Ziele, das die Bundesregierung beim G7-Gipfel im bayrischen Elmau auf die Agenda setzt.
    "Also, die Zeit ist wirklich reif, um gute Arbeit weltweit zu ihrem Recht zu verhelfen. Und das haben wir uns beide vorgenommen," sagt Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles mit Seitenblick auf Bundesentwicklungsminister Gerd Müller. Seltene Eintracht zwischen der SPD-Politikerin und dem CSU-Minister.
    Beide stellen zu Beginn einer zweitägigen Konferenz vor, wo die Bundesregierung ansetzen möchte, um die weltweiten Standards in der Arbeit besser durchzusetzen. Gerd Müller appelliert an die Verantwortung der Industrienationen:
    "Denn gemeinsam haben unsere Länder, auch Sie, die Konsumenten eine Marktmacht und damit Verantwortung, die Dinge zum Besseren zu wenden."
    Ziel: Konkrete Umsetzungsschritte vereinbaren
    Die Verantwortung liege sowohl bei den reichen Industriestaaten wie auch bei den Produktionsländern, betonen beide Minister. Ziel sei, dass die G7-Staaten bei ihrem Treffen in knapp drei Monaten konkrete Umsetzungsschritte vereinbarten und koordinierten.
    Zum Beispiel könnten sie den Herstellerländern beim Aufbau einer Betriebsfeuerwehr, aber auch bei der Förderung von Arbeitsinspektoren helfen. Auch Beschwerdemechanismen für Arbeitnehmer müssten gestärkt werden, genauso wie Bündnisse aus Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Gewerkschaften.
    Viel Hoffnung setzt Bundesarbeitsministerin Nahles auch auf einen globalen Präventionsfonds:
    "Ein solcher Vision Zero Fund, gespeist aus freiwilligen Beiträgen der Unternehmen aus G7-Staaten, wäre dem visionären Ziel verpflichtet, die Zahl der Opfer von Arbeitsunfällen so weit wie möglich weltweit zu reduzieren."
    Damit spielt die SPD-Politikerin insbesondere auf die schweren Unglücke in asiatischen Textilfabriken an, bei denen es in den letzten Jahren hunderte Tote gegeben hat. Wie viel Geld sie für einen solchen Fonds erwarte, will Nahles nicht sagen.
    Auch Kritik daran, dass die gemeinsam mit Minister Müller vorgestellten Vorschläge letztlich auf Freiwilligkeit beruhten, weist Nahles zurück. Die Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen müssten gleich bleiben und allein nationale Initiativen hätten am Ende keinen Erfolg, so Nahles.
    Ihr Kabinetts-Kollege von der CSU mahnt zur Geduld:
    "Sie sehen hier ein Beispiel, wo die Politik viel schneller und weiter ist wie die Wirtschaft. Meistens ist es ja umgekehrt. Geben Sie uns vier plus vier Jahre, ich glaube, dann können wir sehr viel bewegen. Aber ich glaube, jetzt muss es erst mal Klick machen."
    Zweifel an Durchbruch auf G7-Gipfel
    Doch ohne verbindliche Regeln wird es schwer sein, weltweit die Arbeitsbedingungen zu verbessern, meint Johanna Kusch, Referentin für Unternehmensverantwortung bei Germanwatch:
    "Ich finde diese ministerielle Zusammenarbeit gut, der nehme ich auch viel ab. Das jetzt auf dem G7-Gipfel wirklich ein Durchbruch zu erwarten ist, glaube ich nein. Weil die Vorschläge, die sie einbringen, nicht weitreichend genug sind. Auch auf dem G7-Gipfel wird diskutiert werden, es werden Kompromisse gemacht werden und das heißt, es wird davon eher noch zurückgegangen werden, als dass die Vorschläge weitreichender werden."
    Ähnlich sieht es auch das CorA-Netzwerk für Unternehmungsverantwortung. Der G7-Gipfel müsse dazu genutzt werden, verbindliche Unternehmensregulierungen einzuführen, so das Bündnis.