
Die Vertreter von CDU/CSU hatten die Gespräche gestern für gescheitert erklärt. Zur Begründung führten sie an, die Pläne der Regierung zur Begrenzung der Migration gingen nicht weit genug.
Die Bundesregierung hatte ein Konzept vorgestellt, wie mehr Menschen direkt an der Grenze zurückgewiesen werden können, die kein Bleiberecht in Deutschland haben. Geplant ist, schon in Grenznähe zu prüfen, ob Asylbewerber ein Recht auf ein Verfahren in Deutschland haben oder ob sie in ein anderes Land des Schengen-Raums zurückgeschickt werden. Bis zur Klärung sollen sie in festen Zentren untergebracht werden. Dafür sei eine enge Kooperation mit den Bundesländern notwendig, sagte der Sprecher des Bundesinnenministeriums weiter.
Alabali-Radovan: "Union nicht an konstruktiven Lösungen interessiert"
Die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, Alabali-Radovan, kritisierte das Scheitern der Asylgespräche. Die SPD-Politikerin sagte im Deutschlandfunk, der Abbruch der Beratungen habe gezeigt, dass die Union nicht bereit dazu sei, an konstruktiven Lösungen mitzuarbeiten.
Wenn CDU-Chef Merz darauf poche, EU-Recht auszuhebeln, sei dies kein seriöser Vorschlag. Stattdessen befeuere er damit einen Überbietungswettbewerb an populistischen Scheinlösungen, der auch die Nachbarländer Deutschlands irritiere, erklärte Alabali-Radovan.
Die Vorschläge der Ampel-Regierung hingegen basierten auf europäischem Recht und auf dem Grundgesetz. SPD, FDP und Grüne hätten inzwischen erkannt, dass die Bevölkerung sich mehr Klarheit beim Thema Migration wünsche. Man sei sich aber einig darin, dass dies nach den Grundprinzipien von Ordnung und Humanität erfolgen solle.
Merz: "Regierung ist handlungsunfähig"
Merz warf der Ampelkoalition eine Kapitulation vor der Herausforderung der Migration vor und erklärte, er vermisse Führung durch den Kanzler. Dieser hätte spätestens jetzt von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch machen müssen. Die von der Union geforderte Zurückweisung an den deutschen Grenzen hätten einfach ohne neues Gesetz angeordnet werden können. "Dazu hätte der Bundeskanzler eine entsprechende Anweisung geben können. Er tut es nicht. Die Regierung ist führungslos." CSU-Landesgruppenchef Dobrindt erklärte, man stehe weiterhin für eine schnell wirksame Vereinbarung bereit, nicht für Placebo-Maßnahmen ohne echte Wirkung.
Scholz kritisiert Verhalten der Union
Bundeskanzler Scholz äußerte sich überzeugt, dass für CDU-Chef Merz das Rausgehen aus der Runde schon vorher festgestanden habe. "Das ist blamabel für diejenigen, die das zu verantworten haben", so Scholz. "Führung sieht anders aus. Charakter, Ehrlichkeit und Festigkeit sind für dieses Land gefragt und nicht solche kleinen Taschenspielertricks." Scholz ergänzte, Führung bedeute Führung bei den eigenen Leuten und dass man nicht davonlaufe. Und Führung bedeute, dass man Kompromisse machen könne. Aber das müsse man dann auch wollen.
Kritik an Union auch von Grünen und FDP
Grünen-Parlamentsgeschäftsführerin Mihalic warf CDU und CSU eine Politik der Show-Effekte vor. Die Union habe bis zum heutigen Tag keinen Vorschlag eingebracht, der auf dem Boden des EU-Rechts stehe. Auch FDP-Generalsekretär Djir-Sarai kritisierte die Beendigung der Gespräche durch die Union. Der FDP-Vorsitzende Lindner schlug inzwischen ein Spitzentreffen vor. Merz solle mit Scholz, Wirtschaftsminister Habeck von den Grünen und ihm selbst Verhandlungen führen.
Diese Nachricht wurde am 11.09.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.