
Grünen-Chef Nouripour sagte im ARD-Morgenmagazin, auch für die Grünen seien die Beschlüsse tragbar. Er fordert die Union auf, sich jetzt an der Umsetzung der Beschlüsse zu beteiligen, statt neue Forderungen aufzustellen. Auch die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Dröge, sagte bei X (früher Twitter), sie hoffe weiter auf eine parteienübergreifende Zusammenarbeit in der Migrationspolitik. Die Beschlüsse könnten ein Ausgangspunkt dafür sein, dass die demokratischen Parteien wieder sachorientierter über das Thema sprechen.
Aus den Reihen der Grünen kommt aber auch Kritik. Der Bundestagsabgeordnete Taher Saleh ärgert sich vor allem über die geplante Einführung von Bezahlkarten. Diese seien "populistisches Beiwerk", sagte er der Tageszeitung "taz". Prekär lebende Geflüchtete würden damit noch stärker in die Armutsfalle gedrängt. Katharina Stolla, eine der beiden Vorsitzenden der Grünen Jugend, sagte ebenfalls der taz, die Verschärfungen seien unnötig und unmenschlich.
"Integration kommt viel zu kurz"
FDP-Fraktionschef Dürr sagte, Bund und Länder hätten aus seiner Sicht eine neue "Realpolitik in der Migration" eingeleitet. Er verwies auf die beschlossene Kürzung von Sozialleistungen, die beabsichtigte Einführung von Bezahlkarten und die angedachte Möglichkeit, Asylverfahren auch außerhalb Europas vorzunehmen. Das seien wichtige Schritte, aber es würden weitere folgen. Dürr sagte weiter, der Bundestag werde beispielsweise ein Rückführungspaket beschließen.
Auch die SPD-Abgeordnete und migrationspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, Nasr sagte im Deutschlandfunk, sie freue sich, dass man einen Beschluss gefasst habe. Es sei im Großen und Ganzen ein pragmatischer Kompromiss. Was ihr dabei allerdings viel zu kurz komme, sei das Thema Integration.
Merz kündigt "Deutschland-Pakt" auf
Kritik kommt dagegen vor allem aus der Union. CDU-Parteichef Merz erklärte die Gespräche mit Bundeskanzler Scholz über einen Deutschland-Pakt zur Migration für beendet. Die Union werde zwar Gesetzesvorhaben wie Leistungskürzungen für Asylbewerber im Bundestag zustimmen, aber man werde kein Gespräch mit dem Kanzler mehr suchen, wenn es nicht um konkrete neue Gesetzesvorhaben gehe. NRW-Ministerpräsident Wüst (CDU) warf der Bundesregierung vor, viel zu langsam zu reagieren. Seit Monaten sei klar, dass die Kommunen vor erheblichen Problemen bei der Flüchtlingsversorgung stünden.
Pro Asyl "entsetzt"
Die Nichtregierungsorganisation Pro Asyl zeigte sich "entsetzt" über die Bund-Länder-Beschlüsse, weil sie Leistungen einschränkten, eine Bezahlkarte statt Bargeld einführten, Grenzkontrollen verlängerten sowie eine Prüfung der Auslagerung von Asylverfahren an außereuropäische Staaten vorsähen. Verdi-Chef Werneke hält die Kommunen nicht ausreichend auf den Flüchtlingszuzug vorbereitet. Die vorgesehenen 7.500 Euro Unterstützung je Flüchtling seien nicht ausriechend, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Bund und Länder hatten in der Nacht auf Dienstag unter anderem die Einführung einer bundesweiten Bezahlkarte für Geflüchtete vereinbart sowie eine Beschleunigung von Asylverfahren. Zudem gab es eine Einigung über die künftige Kostenverteilung in der Asylpolitik. Aus Sicht der Union und der AfD sind die Beschlüsse nicht weitreichend genug. Die Linke kritisiert unter anderem, dass die Integration zu kurz komme.
Diese Nachricht wurde am 08.11.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.