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Bundestag
Streit um Brennelementesteuer

Die Brennelementesteuer, die Atomkonzerne zahlen müssen, soll im Januar 2017 abgeschafft werden. So steht es im Gesetz. Grüne und Linke fordern nun eine Verlängerung bis 2022 - unter anderem, weil für Sanierungen und Endlagerung ständig weiter Kosten anfallen. Im Bundestag soll heute darüber entschieden werden - die Chancen für den Vorschlag der Opposition sind allerdings sehr gering.

Von Axel Schröder | 10.11.2016
    Aussenansicht des Atomkraftwerks Ohu bei Landshut bei Nacht, Deutschland, Bayern.
    Grüne und Linke wollen die Brennelementesteuer verlängern - CDU und SPD sind dagegen (imago/blickwinkel)
    Manch einer rieb sich die Augen als Frank Steffel von der CDU im Sommer 2010 vor dem Bundestag erklärte, warum ausgerechnet die damals noch durch und durch atomfreundliche Partei den deutschen Atomkonzernen 1,1 Milliarden Euro pro Jahr wegnehmen wollte. Gerade erst waren die Laufzeiten für deren Reaktoren verlängert worden. RWE, E.ON, Vattenfall und ENBW erwarteten langfristig gesicherte Zusatzgewinne zwischen 100 und 200 Milliarden Euro, als Frank Steffel seine Rede im Bundestag hielt.
    "Meine Damen und Herren! Wir halten es für richtig, diese Brennelementsteuer einzuführen, denn die Kernenergie ist eben nicht vom CO2-Emissionshandel betroffen und somit gegenüber anderen Energieträgern bevorzugt. Wir halten das auch für richtig, weil gerade die Kosten für Endlagerung und für den Rückbau der Kernkraftwerke im Wesentlichen vom Steuerzahler in Deutschland getragen werden."
    Sechs Jahre später steht die Sanierung von Asse II aber immer noch ganz im Anfang, erklärt Jochen Stay von der Anti-Atom-Organisation "ausgestrahlt". Und nach wie vor fallen bei Kernkraftwerken keine Kosten für Emissionszertifikate an.
    "Jetzt soll diese Steuer abgeschafft werden, im Prinzip die Subventionierung von Atomstrom wieder eingeführt werden. Und das kann es ja eigentlich nicht sein!"
    Grüne und Linke fordern Verlängerung der Brennelementesteuer bis 2022
    Aber in Artikel 12 des Kernbrennstoffsteuergesetz, argumentiert ein Sprecher aus dem Bundesfinanzministerium, sei nun mal das Verfallsdatum desselben festgelegt: der 01.01.2017. Dass nun Grüne und Linke im Bundestag mit ihren Gesetzesinitiativen die Brennelementsteuer noch bis 2022, bis zum endgültigen Ausstieg weiterlaufen lassen wollen, davon hält man im Bundesfinanzministerium gar nichts. Immerhin müsse Rechtssicherheit herrschen. Und die finanzielle Lage der Konzerne sei mit der vor sechs Jahren nicht vergleichbar. Derselben Meinung ist auch Ralf Güldner, der Präsident des Deutschen Atomforums.
    "Die Wirtschaftlichkeit der Kernkraftwerke angesichts der derzeitigen Strompreise unter Einbeziehung der Brennelementsteuer, die steht schon auf der Kippe. Insofern ist das für uns natürlich ein wichtiger Schritt, um die letzten Jahre, die wir für den Betrieb unserer Kraftwerke noch haben, unter wirtschaftlich halbwegs auskömmlichen Bedingungen betreiben zu können."
    Atomkraftgegner kritisieren Fonds für die Endlagerung
    Trotzdem will der AKW-Gegner Jochen Stay von "ausgestrahlt" die Konzerne nicht aus der Verantwortung entlassen. Schon bald, erklärt er, werden die AKW-Betreiber wie vereinbart knapp 23 Milliarden Euro in einen öffentlich-rechtlichen Fonds für die Endlagerung einzahlen. Und sich so aus der Verantwortung für die Endlagerung ihres Mülls stehlen, findet Jochen Stay.
    "Es ist doch nur gerecht, wenn man sagt, dass die, die sich jetzt quasi aus dem Verursacherprinzip herausstehlen, dass die doch zumindest so lange sie weiter Atommüll produzieren, dann auch zumindest über diese Steuer einen Teil der Folgekosten auch selber tragen."
    Tatsächlich ist heute schon klar, dass die Endlagerung des hoch radioaktiven Mülls nicht 23 Milliarden Euro, sondern eher das Doppelte bis Dreifache kosten wird. Der AKW-Gegner Jochen Stay ärgert sich vor allem auch über den jüngsten, hochlukrativen Steuertrick der AKW-Betreiber: In diesem Jahr fiel der turnusmäßige Einbau neuer Brennelemente in die Reaktoren weitgehend aus. Das wird nun im Januar nächsten Jahres erledigt.
    "Das heißt, die AKW-Betreiber haben in diesem Jahr auch durch diesen Steuertrick, durch diese Verschiebung des Brennelementwechsels nochmal 750 Millionen Euro zusätzlich gespart."
    CDU ist strikt gegen eine Verlängerung
    Ob diese Summe so stimmt, könne er nicht sagen, erklärt Ralf Güldner vom Deutschen Atomforum.
    "Aber wir haben in den Revisionen dieses Jahres etwas weniger Brennstoff eingeladen als man das vielleicht sonst getan hätte. Ist nicht verboten!"
    Aber eine Sauerei sei das trotzdem, findet Jochen Stay. Er fordert deshalb, die Steuer noch ein Jahr lang weiter einzutreiben. Sehr bescheiden im Gegensatz zu Linken und Grünen, die heute in ihrem Gesetzentwurf eine sechsjährige Laufzeit fordern wollen. Durchkommen werden sie damit nicht. Die CDU ist strikt gegen eine Verlängerung. Und aus der SPD-Fraktion heißt es: Viele Genossen würden zwar gerne dafür stimmen, man werde sich aber, wenn auch zähneknirschend, der Koalitionsdisziplin, dem großen Koalitionspartner beugen.