Mittwoch, 01. Mai 2024

Archiv

Bundesverfassungsgericht
Staatsanleihenkäufe durch EZB sind rechtens

Die Europäische Zentralbank darf im Ernstfall mit deutscher Beteiligung Euro-Krisenstaaten durch Staatsanleihenkäufe stützen. Das Bundesverfassungsgericht wies mehrere Klagen gegen das sogenannte OMT-Programm ab. Die EZB habe ihre Kompetenzen nicht überschritten.

21.06.2016
    Ein Eurozeichen wird am 12.03.2016 beim Lichtspektakel "Luminale" in Frankfurt am Main auf die Fassade der Europäischen Zentralbank projiziert.
    Die EZB-Zentrale in Frankfurt am Main beim Lichtspektakel "Luminale" (picture alliance / dpa / Boris Roessler)
    Das Bundesverfassungsgericht hat Klagen gegen das Anleihenkaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB) zurückgewiesen. Das sogenannte OMT-Programm ("Outright Monetary Transactions") verstoße wegen begrenzender Auflagen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) nicht gegen das Verbot der monetären Haushaltsführung in Eurokrisenstaaten, entschieden die Karlsruher Richter.
    Beteiligung an Auflagen geknüpft
    Die Bundesbank darf sich deshalb künftig an dem Kauf maroder Staatsanleihen beteiligen, Bundesregierung und Bundestag müssen aber beobachten, ob das Programm nicht die vom EuGH bestimmten Grenzen verlässt. Damit schlossen sich die Karlsruher Richter in den wesentlichen Punkten einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) von 2015 an.
    Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle betonte während der Urteilsverkündung, das OMT-Programm bewege sich nicht außerhalb der der EZB zugewiesenen Kompetenzen. Die Entscheidung des Gerichts sei im intensiven Dialog zwischen Bundesverfassungsgericht, Europäischer Gerichtshof und der Öffentlichkeit entstanden.
    Der Senat habe zwar weiterhin Bedenken, sehe sich aber an die Luxemburger Rechtsprechung gebunden, sagte Voßkuhle in Karlsruhe. Voraussetzung für eine Beteiligung der Bundesbank ist demnach zum Beispiel, dass die EZB etwaige Staatsanleihenkäufe nicht vorab ankündigt. Bundesregierung und Bundestag müssen das überwachen und wenn notwendig einschreiten.
    Entschieden wurde über den OMT-Beschluss der Notenbank aus dem September 2012, der bis heute nie angewandt wurde. Allein die Ankündigung, wenn nötig unbegrenzt Staatsanleihen von Ländern in Finanznot zu kaufen, beruhigte damals auf dem Höhepunkt der Euro-Schuldenkrise die Finanzmärkte. Denn der Kauf von Staatsanleihen hält ein Land länger zahlungsfähig.
    "Outright Monetary Transactions"

    Das OMT-Programm ist ein Kriseninstrument, das zur Bekämpfung der Eurokrise geschaffen wurde und die Gemeinschaftswährung stabilisieren soll. Das Programm wurde im Jahr 2012 angekündigt, um die drastisch hohen Zinsen für Anleihen von Krisenstaaten abzusenken und damit den Euro insgesamt zu stützen. Gegebenenfalls sollten unbegrenzt Anleihen von notleidenden Eurostaaten gekauft werden können. Da der EZB eine direkte Staatsfinanzierung verboten ist, sieht das OMT-Programm vor, marode Staatsanleihen auf den Sekundärmärkten zu kaufen.
    Die EU-Kommission begrüßte das Urteil. Die EZB handele innerhalb ihres Mandats, kommentierte die Kommission in Brüssel. Die EU-Behörde stehe hinter der Notenbank, dieses Mandat zu erfüllen, respektiere aber dabei deren Unabhängigkeit.
    Karlsruhe äußerte bereits 2014 Zweifel
    Umstritten war, ob die EZB eigenmächtig solche Risiken für den Steuerzahler eingehen und direkt in nationale Haushalte eingreifen durfte. Die Verfassungsrichter hatten Anfang 2014 schwerwiegende Bedenken geäußert, vorab aber den EuGH entscheiden lassen.
    Kläger wie der ehemalige CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler, einige Professoren sowie mehr als zehntausend Bürger sahen die Gefahr, dass mit dem Programm Haushalte überschuldeter Staaten per Notenpresse finanziert werden könnten und Deutschland dafür mithaften müsste.
    Auch Bert van Roosebeke vom Centrum für Europäische Politik sieht das Agieren der EZB weiter kritisch. "Es ist nicht die Aufgabe der EZB, die Eurozone zu retten", sagte er im DLF. Die EZB könne die Krise nicht lösen. Das müssten die Politiker machen.
    (fwa/jasi)