Die sogenannte Grundmandatsklausel soll jedoch weiter gelten. Diese garantiert, dass Parteien trotz Scheiterns an der bundesweiten Fünf-Prozent-Hürde in den Bundestag kommen, wenn sie mindestens drei Direktmandate gewinnen. Diese Regelung ist vor allem für Parteien wie die CSU und die Linke mitunter entscheidend.
Die Vorsitzende Richterin König erklärte, die Fünf-Prozent-Hürde ohne jegliche Ausnahme hätte für eine Ungleichbehandlung von Wahlstimmen gesorgt. Die Sperrklausel an sich bleibe jedoch gerechtfertigt. Dass die Überhangsmandate wegfallen, sei kein Verstoß gegen die Chancengleichheit, betonte König. Es werde kein über die Zweitstimmen zustehender Sitz gekürzt, sondern nur die Zahl der Abgeordneten verringert.
Von Parteien unabhängige Kandidaten können auch nach der Reform der Ampel-Koalition weiter im Fall eines Gewinns des Direktmandats in den Bundestag einziehen. Diese Regelung beanstandete Karlsruhe ebenfalls nicht. Sie sei gerechtfertigt, da sie das Wahlvorschlagsrecht aller Wahlberechtigten unabhängig von politischen Parteien als "Kernstück des Bürgerrechts auf aktive Teilnahme an der Wahl" sichere.
Bereits am späten Montagabend kursierte das Urteil online. Das Dokument war zeitweise auf der Internetseite des obersten deutschen Gerichts abrufbar, mehrere Medien berichteten darüber. Wie es zu der Veröffentlichung kam, blieb zunächst offen.
Die Wahlrechtsreform war im März vergangenen Jahres mit den Stimmen der Regierungskoalition beschlossen worden. Sie soll den Bundestag von derzeit 733 auf 630 Abgeordnete verkleinern. Durch Überhang- und Ausgleichsmandate war der Bundestag bei den vergangenen Wahlen immer weiter gewachsen.
Karlsruher Urteil zum Wahlrecht - Union spricht von "Klatsche" für Regierung – Koalition ist zufrieden
Diese Nachricht wurde am 30.07.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.